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Online-Nachricht - Donnerstag, 20.06.2013

Vertragsrecht | Versicherer muss mit Bevollmächtigtem korrespondieren (BGH)

Den Versicherer trifft eine vertragliche Nebenpflicht, auf Verlangen seines Versicherungsnehmers mit einem von diesem umfassend bevollmächtigten Vertreter Schriftwechsel im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses zu führen. Dies gilt nur dann nicht, wenn dies dem Versicherer aus besonderen Umständen im Einzelfall unzumutbar ist ().

Hintergrund: Ein Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Zu den Leistungspflichten treten dann weitere vertragliche Nebenpflichten (Verhaltenspflichten) hinzu, die dem Schutz des Integritätsinteresses der anderen Partei dienen.
Sachverhalt: Der Kläger verlangt von seinem beklagten Haftpflichtversicherer, dass dieser mit einem vom Kläger bevollmächtigten Versicherungsmakler korrespondiert und ihm Auskünfte erteilt. Zwischen den Parteien bestand seit 1985 ein Haftpflichtversicherungsvertrag. Die Beklagte lehnt eine Zusammenarbeit mit Versicherungsmaklern ab und vertreibt ihre Produkte durch Ausschließlichkeitsvertreter. Der Kläger schloss im Jahr 2010 mit einem Versicherungsmakler einen Vertrag, in dem er diesen bevollmächtigte, ihn gegenüber dem jeweiligen Versicherer zu vertreten. Der Versicherungsmakler kündigte unter Vorlage der Vollmacht die Versicherung. Der Beklagte bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung, wies aber darauf hin, dass er hinsichtlich des Vertragsverhältnisses ausschließlich mit dem Kläger als seinem Kunden Korrespondenz führe. Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Schriftwechsel mit dem Makler zu führen und diesem auf Verlangen Auskunft zu geben.
Hierzu führte das Gericht u.a. aus:

  • Der Versicherer ist im Rahmen der ihn treffenden Nebenpflichten grds. gehalten, mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter zu korrespondieren und diesem auf Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit dem nicht berechtigte Interessen des Versicherers entgegenstehen.

  • Die Entscheidung seines Vertragspartners, die im Zusammenhang mit der Versicherung stehenden Tätigkeiten an einen Vertreter zu delegieren, muss der Versicherer grds. respektieren.

  • Aus diesem sich als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Anspruch folgt zugleich die Verpflichtung des Versicherers, die Bevollmächtigung des Dritten zu beachten und dem Wunsch des Versicherungsnehmers entsprechend mit dem Vertreter im Rahmen bestehender Versicherungsverträge zu korrespondieren.

Anmerkung: Als Beispiele für berechtigte entgegenstehende Interessen des Versicherers nennt der BGH wichtige Gründe in der Person des konkreten Maklers, z.B. wenn es sich bei diesem um einen ehemals bei diesem Versicherer beschäftigten Ausschließlichkeitsvertreter handelt oder wenn dies für den Versicherer mit einem unzumutbaren Mehraufwand verbunden ist; das ist der Fall, wenn der Versicherungsnehmer seinem Vertreter keine umfassende, sondern lediglich eine begrenzte Vollmacht erteilt hat.
Quelle: NWB Datenbank
Autor: Ingo Ehlers, Rechtsanwalt, Freiburg
 

Fundstelle(n):
HAAAF-09851