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Online-Nachricht - Freitag, 07.06.2013

Presserecht | Einsicht in die vollständigen Handelsregisterakten (OLG)

Einem Angehörigen eines Presseorgans ist für eine - verdeckte - Recherche die Einsichtnahme in die vollständigen Handelsregisterakten einer Firma zu gestatten (Sonder- und Hauptband). Zum Schutz der Recherche kann es geboten sein, der betroffenen Firma das Akteneinsichtsgesuch nicht mitzuteilen ( 27 - W 41/12; rechtskräftig).

Hintergrund: Öffentlich zugänglich sind neben den Angaben des Handelsregisters selbst die zum Register eingereichten Schriftstücke, das sind die im Sonderband zu führenden Handelsregisteranmeldungen einer Firma mit den hierzu eingereichten Anlagen sowie Belege und Unterlagen einer Eintragung. Demgegenüber sind Schriftstücke, die aufgrund einer eigenen Tätigkeit des Registergerichts entstanden sind, im nicht öffentlich zugänglichen Hauptband abzulegen.
Sachverhalt: Der Antragsteller ist Journalist. Er beabsichtigte für eine - verdeckte - Recherche zum Umgang mit öffentlichen Fördergeldern für ein Weltkulturerbeprojekt die vollständigen Handelsregisterakten einer in Essen ansässigen Firma einzusehen. Dies hatte das Amtsgericht unter Hinweis auf das unzweifelhaft bestehende Einsichtsrecht in die öffentlich zugänglichen Teile der Registerakte abgelehnt.
Hierzu führte das Gericht weiter aus:

  • Ausgehend von der Rechtsprechung des BVerfG zur Pressefreiheit hat der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme.

  • Das berechtigte Interesse besteht, weil das Einsichtsgesuch auf die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen über irgendwie geartete Verflechtungen zwischen Firmen gerichtet ist, die von der Gewährung öffentlicher Fördergelder für das Weltkulturerbeprojekt profitiert hätten.

  • Es ist der publizistischen Vorbereitungstätigkeit zuzuordnen, die vom Schutzbereich der Pressearbeit erfasst wird.

  • Die beantragte Akteneinsicht ist für die beabsichtigte Recherche generell geeignet. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Informationen zu dem Gegenstand der Recherche mittelbar auch dem nicht öffentlichen Hauptband der Handelsregisterakten entnommen werden könnten.

  •  Eine Beurteilung der von der Presse insoweit beabsichtigten Prüfung hat das Registergericht nicht vorzunehmen.

  • Ach das bei der Prüfung zu berücksichtigende allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Firma und ihrer Organe rechtfertigt keine Versagung der Akteneinsicht.

  • Bereits der öffentliche Teil der Handelsregisterakten eröffnet eine weite Einsichtsmöglichkeit zu Lasten der Eingetragenen. Über diese offenen Angaben hinaus sind im nicht öffentlichen Hauptband wenige persönlich sensible Angaben zu erwarten.

  • Der Schutz der beabsichtigten Recherche verbietet es im vorliegenden Fall, die betroffene Firma oder ihre Organe zum Akteneinsichtsgesuch anzuhören.

Quelle: OLG Hamm, Pressenmitteilung v.


 

Fundstelle(n):
TAAAF-09792