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Online-Nachricht - Donnerstag, 04.04.2013

Einkommensteuer | Bürgschaftsinanspruchnahme als nachträgliche Anschaffungskosten (FG)

Eine Bürgschaftsverpflichtung ist als eigenkapitalersetzend anzusehen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem die Gesellschaft kreditunwürdig ist. Kreditunwürdigkeit ist gegeben, wenn die Gesellschaft selbst nicht über ausreichende Sicherheiten verfügt, um sich am Kapitalmarkt zu finanzieren (; Revision anhängig).

Hintergrund: Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) oder verdeckte Einlagen zu werten sind, sondern auch Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters. Aufwendungen, die dem Gesellschafter aus dem Wertverlust einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme aus einer zugunsten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft entstehen, sind allerdings nur dann als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen, wenn das Darlehen oder die Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter hatte (s. NWB TAAAA-88909, unter II).
Sachverhalt: Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die Bürgschaftsinanspruchnahme eines GmbH-Gesellschafters zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung führt. Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer Bauträger-GmbH und musste im Jahr 1999 gegenüber der finanzierenden Bank eine unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung der Verbindlichkeiten der GmbH übernehmen. Nachdem er aus der Bürgschaft in Höhe von rund 700.000 € in Anspruch genommen und die Gesellschaft im Jahr 2008 im Handelsregister gelöscht worden war, begehrte er, den Auflösungsverlust um diesen Betrag zu erhöhen. Das beklagte Finanzamt verweigerte den Abzug.
Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Eine Bürgschaftsverpflichtung ist u.a. als eigenkapitalersetzend anzusehen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befand (sog. Krisenbürgschaft) oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt war (sog. krisenbestimmte Bürgschaft).

  • Eine Krise besteht – über die hier nicht einschlägigen Fälle der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit hinaus – i.d.R. dann, wenn die Gesellschaft kreditunwürdig ist. Dies ist der Fall, wenn sie nicht in der Lage ist, aus eigener Kraft, insbesondere unter Nutzung eigener Vermögenswerte als Kreditsicherheit, einen Kredit zu marktüblichen Konditionen zu erhalten.

  • Im Streitfall steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der GmbH, als der Kläger die Bürgschaft einging, ausreichende Sicherheiten fehlten und sie deshalb kreditunwürdig und in der Krise befindlich war.

  • Für die Frage, ob eine Bürgschaft eigenkapitalersetzend ist, kommt es nicht darauf an, dass es sich bei einem Teil der durch die Bürgschaft abgesicherten Kredite um Kontokorrentkredite handelte. Der Senat sieht keinen Grund dafür, warum Bürgschaftsversprechen für Kontokorrentkredite in der Gründungsphase einer Gesellschaft grundsätzlich keinen eigenkapitalersetzenden Charakter haben sollten.

Anmerkung: Das Finanzgericht Düsseldorf hatte im Streitfall den erforderlichen eigenkapitalersetzenden Charakter der Bürgschaft bejaht. Es handele sich um eine sog. Krisenbürgschaft. Zwar reiche es nicht aus, wenn die Gesellschaft einen Bankkredit zu marktüblichen Konditionen routinemäßig nur unter der Bedingung erhalte, dass sich der Gesellschafter hierfür persönlich verbürge. Kreditunwürdigkeit sei aber gegeben, wenn - wie im Streitfall - die Gesellschaft selbst nicht über ausreichende Sicherheiten verfüge, um sich am Kapitalmarkt zu finanzieren. Dabei sei eine objektive Betrachtungsweise geboten.
Quelle: FG Düsseldorf online
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision zum BFH zugelassen. Der Senat vermochte nicht auszuschließen, dass er von der Rechtsprechung des BGH abgewichen ist. Dieser hatte es in seinem Urteil vom (Az. II ZR 28/87; NJW 1988, 824) nicht als ausreichend für die Qualifizierung einer Bürgschaft als eigenkapitalersetzend angesehen, dass (allein) die Hausbank einen Kredit nicht ohne zusätzliche Verbürgung durch den Gesellschafter vergeben hat, sondern gefordert, dass auch feststehen (und festgestellt werden) müsse, dass die Gesellschaft den Kredit von anderen Banken nicht auch ohne Verbürgung durch den Kläger hätte aufnehmen können. Die Revision wird beim BFH unter dem Aktenzeichen NWB RAAAE-32862 geführt. Den Text der Entscheidung des Finanzgerichts finden Sie auf den Internetseiten des FG Düsseldorf. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze. 
 

Fundstelle(n):
BAAAF-09331