BSG Beschluss v. - B 6 KA 15/15 B

Instanzenzug: S 72 KA 25/08

Gründe:

I

1Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen Überschreitung der Richtgrößenvolumen. Die Klägerin, die als Ärztin für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, verordnete im Jahr 2001 Arznei- und Verbandmittel im Wert von insgesamt 466 656,14 Euro. Der Prüfungsausschuss setzte ihr gegenüber einen Regress in Höhe von 23 324,55 Euro fest und berücksichtigte dabei Abzüge ua aufgrund von Praxisbesonderheiten. Der beklagte Beschwerdeausschuss reduzierte den Regressbetrag auf 6876,58 Euro und berücksichtigte dabei neben weiteren Praxisbesonderheiten fehlerhaft einbezogene Hilfsmittelverordnungen und unklare Datensätze. Neben dem bereits vom Prüfungsausschuss berücksichtigten Tilidin erfolgten Abzüge für die Verordnungen von Valoron bzw von retardierten Opioiden für Schmerzpatienten sowie für 50 % der verordneten Statine bei der Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus. Das SG hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben und ausgeführt, dass der Beklagte seine Entscheidung, die verordneten Statine zu 50 %, jedoch nicht zu einem höheren Anteil als Praxisbesonderheit anzuerkennen und darüber hinaus weitere Arzneimittel, die zur Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus erforderlich seien, unberücksichtigt zu lassen, nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise begründet habe. Der Bescheid sei ferner deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte nicht deutlich gemacht habe, welche von der Klägerin geltend gemachten Praxisbesonderheiten nicht anerkannt worden seien. Seine Entscheidung, die von der Klägerin zur Behandlung von Schmerzen verordneten retardierten Opioide, nicht jedoch andere Arzneimittel zur Schmerzbehandlung als Praxisbesonderheit anzuerkennen, habe der Beklagte nicht begründet, sondern nur darauf hingewiesen, dass weitere Abzüge nicht ersichtlich seien; die Verordnung dieser Präparate stelle keinen Sonderfall in der Arztgruppe der Klägerin dar. Aus welchen Erkenntnisquellen der Beklagte diese Schlüsse ziehe, sei nicht ersichtlich. Das LSG hat die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dieser über den Regress unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden hat.

2Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, zu deren Begründung er Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie Verfahrensmängel (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) geltend macht.

II

3Die Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Soweit der Beklagte Verfahrensmängel geltend macht, ist die Beschwerde unbegründet (1.) und hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsprechungsabweichungen bereits unzulässig (2.).

41. Der Beklagte macht Verfahrensmängel in Gestalt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) durch eine Überraschungsentscheidung geltend.

5Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung mehrerer vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 18; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 8b mwN). Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt danach nicht vor, wenn die Problematik bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des streitigen Verfahrens war (vgl zB BVerfG [Kammer] BVerfGK 8, 376; vgl - Juris RdNr 5 mwN) oder selbst in das Verfahren eingeführt wurde.

6a) Der Beklagte macht zur Begründung der Gehörsverletzung geltend, dass das Urteil des LSG auf der unrichtigen Annahme beruhe, dass nur retardierte Opioide als Praxisbesonderheit anerkannt worden seien. Tatsächlich seien die nicht retardierten Opioide Valoron und Tilidin ebenfalls als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Retardierte Opioide wiesen im Gegensatz zu nicht retardierten Opioiden meistens ein "retard" oder "long" im Handelsnamen auf. Davon, dass das LSG seiner Entscheidung diese unrichtige Auffassung zugrunde legt, sei er überrascht worden.

7Allerdings hat bereits das SG beanstandet, dass der Beklagte seine Entscheidung, die von der Klägerin zur Behandlung von Schmerzpatienten verordneten "retardierten Opioide", nicht jedoch andere Arzneimittel zur Schmerzbehandlung als Praxisbesonderheit anzuerkennen, nicht in der erforderlichen Weise begründet habe. Der Beklagte hätte damit im Berufungsverfahren ausreichend Gelegenheit gehabt, darauf hinzuweisen, dass die Bezeichnung der bereits berücksichtigten Schmerzmittel als "retardierte Opioide" seines Erachtens unter pharmakologischen Gesichtspunkten nicht in vollem Umfang zutrifft. Bereits aus diesem Grund beruht die Entscheidung des LSG nicht auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.

8Darüber hinaus wird im Tatbestand des Urteils des LSG ausgeführt, dass der Beklagte zusätzlich zu den bereits im Bescheid des Prüfungsausschusses anerkannten Praxisbesonderheiten die Verordnungen von "Valoron bzw retardierten Opioiden für Schmerzpatienten" berücksichtigt habe. Daher kann ausgeschlossen werden, dass das LSG die bereits erfolgte Berücksichtigung von Valoron als Praxisbesonderheit unberücksichtigt gelassen haben könnte.

9Soweit der Beklagte geltend macht, dass das LSG Valoron nicht als "retardiertes" Opioid hätte einordnen dürfen, wird dies im Übrigen nicht näher begründet. In der Auflistung der als Praxisbesonderheiten berücksichtigten Verordnungen (Anlage 3 des angefochtenen Bescheides) ist jedenfalls "Valoron N retard 100/8 mg Tabl." sowie "Valoron N retard 50/4 mg Tabl." und damit offenbar Valoron in retardierter Form enthalten. Bezogen auf die von der Klägerin ebenfalls in Abzug gebrachten Tilidin-Tropfen trifft es zu, dass der in Anlage 3 des angefochtenen Bescheides angegebene Handelsname nicht auf ein Opioid in retardierter Form hinweist. Die Bezeichnung der von dem Beklagten bereits als Praxisbesonderheit berücksichtigten Arzneimittel mit "ratardierte Opioide" in den Entscheidungsgründen des Urteils des LSG mag insofern nicht ganz zutreffend sein. Für die Entscheidung des LSG hatte dieser Umstand aber erkennbar keine Bedeutung. Das LSG nimmt in seiner Entscheidung (S 12 f des Urteils) auf das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren Bezug, die nicht nur die Durchführung von Schmerztherapien mit Betäubungsmitteln, sondern vielmehr generell die Behandlung von Karzinom- und Schmerzpatienten als Praxisbesonderheit geltend gemacht hatte, und vermisst eine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen in der Begründung des angefochtenen Bescheides. Der Umstand, dass der Beklagte neben retardierten Opioiden auch die Verordnung eines nicht retardierten Opioids berücksichtigt haben mag, kann daran nichts ändern. Die Entscheidung des LSG beruht deshalb jedenfalls nicht auf der nach Auffassung des Beklagten unrichtigen Bezeichnung der bereits als Praxisbesonderheit berücksichtigten Verordnungen.

10b) Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Aufhebung des angefochtenen Bescheides mit der Begründung, dass der Beklagte ohne nähere Begründung pauschal 50 % des Verordnungsvolumens für Statine als Praxisbesonderheit berücksichtigt habe, ebenfalls nicht geeignet, das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung zu begründen. Dem steht insbesondere der Umstand entgegen, dass bereits das SG diesen Begründungsmangel benannt und den angefochtenen Bescheid deshalb als rechtswidrig angesehen hat. Soweit der Beklagte dagegen einwendet, dass er das Vorliegen einer Praxisbesonderheit gerade bezogen auf die Klägerin individuell begründet habe, so kommt es darauf nicht an, weil das LSG nicht die Gründe für die (die Klägerin begünstigende) Anerkennung einer Praxisbesonderheit für unzureichend gehalten hat, sondern eine Begründung für den Umfang der aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit in Abzug zu bringenden Verordnungskosten vermisst.

11Soweit sich der Beklagte in der Nichtzulassungsbeschwerde zur Begründung seiner Auffassung, nach der die Berücksichtigung von 50 % der Verordnungskosten für Statine nicht zu beanstanden sei, auf seinen "Grundsatzbeschluss" vom beruft, so macht er die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG und keinen Grund für die Zulassung der Revision iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG geltend. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dem angefochtenen Bescheid und dem Vorbringen des Beklagten im Klage- sowie im Berufungsverfahren auch nach Auffassung des Senats keine ausreichende Begründung dafür zu entnehmen ist, dass die genannten Verordnungen der Klägerin aus dem Jahr 2001 gerade mit einem Anteil von 50 % als Praxisbesonderheit anzuerkennen sein sollen. Bereits im Verfahren vor dem SG (Schriftsatz vom S 9) hat der Beklagte ausgeführt, dass ein Vergleich mit dem Verordnungsverhalten der Fachgruppe mangels Existenz empirischen Zahlenmaterials in Niedersachsen nicht stattfinde, sondern dass eine Schätzung durchgeführt werde. Eine solche Schätzung durch ein sachverständiges Gremium sei gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbar. Dem entsprechend trägt der Beklagte in der Nichtzulassungsbeschwerde vor, dass es ihm nicht möglich sei, die im Urteil des LSG gestellten Anforderungen zu erfüllen, weil er nicht klären könne, wie hoch der Anteil diabetologischer Behandlungen in der Vergleichsgruppe der Allgemeinmediziner sei und dass der Prüfung lediglich die Verordnungsdaten der im Prüfzeitraum verordneten Arzneimittel und nicht die Honorarabrechnungen der zu prüfenden Ärzte zugrunde lägen.

12Allerdings können Praxisbesonderheiten nur auf der Grundlage eines Vergleichs mit einer Vergleichsgruppe definiert werden. Wenn die Prüfgremien - wie vorliegend - im Rahmen einer Richtgrößenprüfung Praxisbesonderheiten anerkennen, dann haben sie auch zu entscheiden, welche Arzneimittelverordnungen durch diese Besonderheit bedingt sind. Der den Prüfgremien dabei zukommende Beurteilungsspielraum (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 56; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 44 RdNr 14; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14) und die Möglichkeit der Schätzung (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 33; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11 RdNr 35) befreit diese nicht von der Verpflichtung, der Entscheidung einen richtig und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde zu legen und diesen sachgerecht zu würdigen. Die Einhaltung dieser Vorgaben unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Dabei kommt der Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zu. Die Begründungspflicht nach § 35 Abs 1 SGB X dient als Korrektiv zu den weitgehenden Spielräumen und der nur eingeschränkt möglichen inhaltlichen Kontrolle der Prüfbescheide durch die Gerichte (BSGE 69, 138, 142, 145 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25, 28 ff; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58) und damit dem Interesse des effektiven Rechtsschutzes (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21). Die Gerichte haben daher auch zu prüfen, ob die Verwaltung ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (stRspr des BSG, vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 56; BSGE 72, 214, 216 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 7; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 17).

13c) Auch der Umstand, dass das LSG angenommen hat, die von der Klägerin auf dem Ausdruck der Verordnungsdaten genannten Zahlen würden die nach Auffassung der Klägerin gültigen Arzneimittelpreise bezeichnen, ist nicht geeignet, das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung zu begründen. Die Klägerin hat dem Beklagten im Verwaltungsverfahren einen Ausdruck der Verordnungsdaten vorgelegt, auf diesem Ausdruck einen Teil der Arzneimittelnamen mit den dazu gehörigen Preisen (zB "262,96 ZITHROMAX") markiert und dahinter in Klammern einen Betrag (hier zB: "50,08") notiert. Mit Schriftsatz vom hat die Klägerin zur Erläuterung durch ihren Bevollmächtigten ausgeführt: "In rosa hat meine Mandantin die Medikamente markiert, bei denen ein fehlerhafter Preis ausgewiesen ist." Die Frage möglicher Abweichungen der dem Regress zugrunde gelegten elektronisch übermittelten Arzneimittelpreise von den tatsächlichen Preisen ist auch im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren intensiv erörtert worden (vgl zB den Schriftsatz der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung vom und vom , mit dem grobe Fehler in den von den Krankenkasse gelieferten Datensätzen auch bezogen auf die zugrunde gelegten Arzneimittelpreise geltend gemacht werden sowie die Erwiderung des Beklagten mit Schriftsätzen vom und vom ). In seinem Schriftsatz vom (S 4) hat sich der Beklagte ausdrücklich mit dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom und der als Anlage beigefügten Auflistung der als unrichtig gekennzeichneten Arzneimittelpreise befasst und Unrichtigkeiten ua auf Fehler beim Export der der Klägerin zur Verfügung gestellten Datei zurückgeführt. Vor diesem Hintergrund ist auch das SG in seiner Entscheidung auf die "Kennzeichnung falscher Preise" durch die Klägerin eingegangen. Das SG hat die Angaben der Klägerin allerdings nicht als "hinreichend substantiiert und konkretisiert" angesehen, um den Beklagten zu weiteren Ermittlungen in Gestalt der Beiziehung der Originalverordnungsblätter bzw Printimages zu veranlassen. Allein der Umstand, dass das LSG in dieser - im gerichtlichen Verfahren intensiv diskutierten Frage - zu einer anderen Auffassung gelangt als das SG, ist unter Berücksichtigung der og genannt Maßstäbe nicht geeignet, eine Verletzung des rechtliche Gehörs in Form einer Überraschungsentscheidung zu begründen. Auch dass das LSG die von der Klägerin hinter den als falsch gekennzeichneten Preisen genannten Beträge als die aus Sicht der Klägerin richtigen Preise interpretiert hat, ist keineswegs überraschend, sondern naheliegend. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben der Klägerin in anderer Weise hätten interpretiert werden können, sind auch dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen.

14Der Beklagte macht ferner geltend, das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei einzelnen Verordnungen der Klägerin die elektronisch erfassten Verordnungskosten nicht mit den tatsächlichen entstandenen Verordnungskosten in Übereinstimmung zu bringen seien. Insoweit macht er die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend und trägt keinen Revisionsgrund iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG vor. Soweit der Beklagte rügt, dass das LSG seinem Vortrag zur Richtigkeit der elektronisch erfassten Verordnungskosten nicht gefolgt sei, liegt darin ebenfalls keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Art 103 Abs 1 GG verpflichtet das zur Entscheidung berufene Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist allerdings grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, sich in den Gründen der Entscheidung mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen (BVerfGE 86, 133, 145 f; - NZS 2010, 497). Die Gewährung rechtlichen Gehörs bedeutet nicht, dass das Gericht der Entscheidung allein den von einem Beteiligten vorgetragenen Sachverhalt zugrunde legen oder sich seiner rechtlichen Bewertung anschließen müsste (vgl - Juris RdNr 6; - Juris RdNr 9, jeweils mwN).

152. Soweit der Beklagte eine Rechtsprechungsabweichung geltend macht, ist die Beschwerde unzulässig.

16Für die Zulassung einer Revision wegen einer Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass Rechtssätze aus dem Urteil des LSG und aus einer höchstrichterlichen Entscheidung miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 44). Für die Darlegung einer Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG reicht nicht aus, aus dem LSG-Urteil inhaltliche Schlussfolgerungen abzuleiten, die einem höchstrichterlich aufgestellten Rechtssatz widersprechen. Das Urteil des LSG einerseits und die höchstrichterliche Entscheidung andererseits müssen vielmehr jeweils abstrakte Rechtssätze enthalten, die einander widersprechen. Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden. Diesen Anforderungen entspricht die Begründung der Beschwerde nicht.

17Der Beklagte zeigt weder einen vom LSG aufgestellten abstrakten Rechtssatz, noch einen vom Senat aufgestellten Rechtssatz auf, der dem widerspricht. Vielmehr macht er zur Begründung der Divergenz geltend, dass das LSG von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, indem es angenommen habe, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren konkrete Angaben zu den aus ihrer Sicht zutreffenden Preisen der Arzneimittel gemacht und damit substantiierte Einwendungen erhoben habe, denen der Beklagte im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht hätte nachgehen müssen. Tatsächlich habe die Klägerin in keiner Stellungnahme vorgetragen, was die handschriftlich eingefügten Zahlen bedeuten. Mit der behaupteten Zugrundelegung eines unrichtigen Sachverhalts durch das LSG kann der Beklagte jedoch bereits deshalb keine Divergenz begründen, weil dieser Revisionsgrund Fragen der Rechtsanwendung und nicht der Sachverhaltsermittlung zum Gegenstand hat.

183. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Beklagte die Kosten des von ihm erfolglos eingelegten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

19Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Die Bemessung erfolgt in Höhe des streitigen Regressbetrags.

Fundstelle(n):
KAAAF-09127