BSG Beschluss v. - B 5 R 236/15 B

Instanzenzug: S 12 R 1678/09

Gründe:

1Mit Urteil vom hat das Thüringer LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen verneint.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf einen Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7Die Klägerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG), weil das LSG ihrem Antrag auf Verlegung des Termins vom zu Unrecht nicht stattgegeben und in Abwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten die mündliche Verhandlung durchgeführt und in der Sache entschieden habe. Im Einzelnen trägt sie hierzu vor: Ihr Prozessbevollmächtigter sei zeitgleich am um 10:00 Uhr sowohl vom LSG als auch vom SG Potsdam zu einem Verhandlungstermin geladen worden. Ihr Prozessbevollmächtigter habe anfangs versucht, für den Termin beim SG Potsdam unter Hinweis auf den zur gleichen Zeit stattfindenden Termin vor dem Thüringer LSG eine Verlegung zu erreichen. Dem sei jedoch nicht stattgegeben worden. Mit Schreiben vom habe ihr Prozessbevollmächtigter sodann beim LSG unter Hinweis auf die Ladung des SG Potsdam zum selben Tag und zur selben Stunde eine Terminsverlegung beantragt. Ausweislich dieses Schreibens habe ihr Prozessbevollmächtigter ferner zur Begründung des Verlegungsantrags darauf hingewiesen, dass ein rechtzeitiges Erscheinen beim LSG angesichts des derzeitigen Streiks der GdL fraglich sei, sein Auto sich in der Reparaturwerkstatt befinde und für Fernbusse keine Fahrkarten mehr erhältlich seien; die Wahrnehmung des Termins beim SG Potsdam erscheine daher vernünftiger. Der Verlegungsantrag sei am abgelehnt worden. Mit Schreiben vom habe ihr Prozessbevollmächtigter dem LSG nochmals die Problematik verdeutlicht. Mit Schreiben vom habe dieses den Antrag erneut abgelehnt. Auch eine telefonische persönliche Rücksprache mit dem Vorsitzenden Richter des 12. Senats habe keine Änderung seiner Rechtsauffassung bewirkt.

8Mit diesem Vortrag ist eine Gehörsverletzung nicht schlüssig aufgezeigt.

9Der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht einen Antrag auf Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ablehnt, obwohl erhebliche Gründe iS von § 227 Abs 1 ZPO für eine Aufhebung oder Verlegung des Termins geltend und glaubhaft gemacht worden sind (vgl nur - Juris RdNr 7 mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rspr). Einen Verstoß gegen Art 103 Abs 1 GG kann allerdings nicht geltend machen, wer selbst versäumt hat, sich vor Gericht durch die zumutbare Ausschöpfung der vom Prozessrecht eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten Gehör zu verschaffen ( - Juris RdNr 28). Die Darlegung des Verfahrensmangels einer Gehörsverletzung aufgrund zu Unrecht verweigerter Terminsverlegung erfordert insoweit Ausführungen dazu, dass der Beteiligte alle ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um eine Verschiebung des Termins zu erreichen ( - Juris RdNr 7), bzw alles nach Lage der Dinge zumutbar Erforderliche getan hat, um sich durch Wahrnehmung des Verhandlungstermins rechtliches Gehör zu verschaffen ( - Juris RdNr 48). Hierzu enthält der Vortrag der Klägerin keine ausreichenden Ausführungen.

10Zu den erheblichen Gründen iS von § 227 Abs 1 ZPO gehört, wenn der Beteiligte selbst oder sein Bevollmächtigter gleichzeitig einen anderen früher anberaumten Termin wahrnehmen muss (BFH Beschlüsse vom - III B 102/12 - Juris RdNr 4 und vom - XI B 129/11 - Juris RdNr 7). Bei Vorliegen besonderer Umstände kann auch erst später angesetzten Verhandlungen Vorrang zukommen ( - Juris RdNr 8 mwN).

11Aus den von der Klägerin mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Termin vor dem SG Potsdam mit Schreiben vom und damit später anberaumt worden ist, als der mit Schreiben vom bestimmte Verhandlungstermin vor dem LSG. Dass ihr Prozessbevollmächtigter dem LSG besondere Gründe aufgezeigt habe, die den Termin vor dem SG gleichwohl als vorrangig erscheinen ließen, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Insbesondere gibt die Klägerin nicht an, dass ihr Prozessbevollmächtigter im Rahmen des bei dem LSG gestellten Verlegungsantrags auf die Ablehnung des zuvor bei dem SG Potsdam gestellten Verlegungsantrags hingewiesen habe.

12Ebenso wenig ergeben sich besondere Gründe aus dem Umstand, dass die GdL nach dem Vortrag der Klägerin am (und den folgenden Tagen) gestreikt habe, sich das Auto ihres Prozessbevollmächtigten in der Werkstatt befunden habe und die Fahrkarten für Fernbusse ausverkauft gewesen seien. Warum es ihrem Prozessbevollmächtigten nicht möglich und zumutbar gewesen sein sollte, mit einem Mietwagen zum Terminsort des LSG zu reisen, legt die Klägerin nicht dar. Zwar erwähnt sie, dass ihr Prozessbevollmächtigter in der Regel Strecken wie die von Berlin nach Erfurt mit der Deutschen Bahn zurücklege. Hieraus ergibt sich indes nicht, dass ihm die Bewältigung der genannten Strecke mit einem Kraftfahrzeug etwa aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar oder nicht möglich gewesen sei.

13Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

14Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Fundstelle(n):
EAAAF-08170