BSG Beschluss v. - B 9 SB 41/15 B

Instanzenzug: S 6 VG 3115/06

Gründe:

I

1Das einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 OEG verneint, weil die anspruchsbegründenden Tatsachen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Sinne dieser Vorschrift nicht nachgewiesen seien. Dieses Urteil ist der die Klägerin vor dem LSG vertretenden Prozessbevollmächtigten am zugestellt worden. Die Beschwerde der Klägerin vom gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG, für die sie auch Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der sie vertretenden Rechtsanwältin beantragt, ist am beim BSG eingegangen. Auf den entsprechenden Antrag der Prozessbevollmächtigen der Klägerin vom hat der Senatsvorsitzende die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde antragsgemäß bis zum (Montag) einschließlich verlängert. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom ist ausweislich des Telefax am um 0.00 Uhr im Umfang von lediglich drei Seiten (ohne Unterschrift) beim BSG eingegangen. Die vollständig unterschriebene Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (acht Seiten) ist hingegen erst am um 0.05 Uhr beim BSG eingegangen. Hierauf ist die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Verfügung des Berichterstatters vom und der Erinnerung vom hingewiesen und um Stellungnahme gebeten worden nebst der Angabe von Gründen für eine Wiedereinsetzung. Hierauf ist keine Erwiderung erfolgt.

II

2Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der einmal um einen Monat verlängerten gesetzlichen Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Berufungsurteils begründet worden (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG). Der Klägerin ist auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren.

3Zwar ist eine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich möglich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 10 und 11). Nach § 67 Abs 1 SGG setzt eine Wiedereinsetzung aber voraus, dass jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, und er die Wiedereinsetzung beantragt. Nach § 67 Abs 2 S 2 SGG sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen.

4Vorliegend hat die Klägerin weder einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt noch eine zur Glaubhaftmachung erforderliche Versicherung an Eidesstatt vorgelegt. Auch im Rahmen einer Prüfung von Amts wegen ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin ohne Verschulden daran gehindert gewesen sein sollte, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 2 SGG) einzuhalten.

5Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang auszuschließen; hierzu gehört insbesondere eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen (vgl - Juris RdNr 4 mwN). Wird ein solcher Schriftsatz per Telefax übermittelt, so verlangt eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete sorgfältige Ausgangskontrolle, dass eine Frist erst dann gelöscht werden darf, wenn für den Absender feststeht, dass die beabsichtigte Übermittlung wirklich erfolgt ist. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn der Übermittler sich von seinem Telefaxgerät ein Sendeprotokoll hat ausdrucken lassen, das die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (vgl BSG, aaO). Entsprechende Sendeprotokolle des Telefax der Prozessbevollmächtigten der Klägerin liegen nicht vor, auf eine Anfrage zur Glaubhaftmachung und Antragstellung auf Wiedereinsetzung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht reagiert. Vor diesem Hintergrund kann auch von Amts wegen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, da nach den vorliegenden Umständen zumindest die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumnis von der Prozessbevollmächtigten verschuldet war (vgl hierzu: - RdNr 7 mwN, NJW 2014, 2047). Grundsätzlich hat ein Nutzer einer Telefaxübertragung bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24 Uhr zu rechnen ist. Die hieraus herrührenden besonderen Risiken dürfen insbesondere im Falle von Störungen des Empfangsgerätes im Gericht nicht auf dessen Nutzer abgewälzt werden (vgl BGH, aaO, RdNr 8 mwN). Im Einzelfall kann auch von der Erstellung eines Sendeprotokolls abgesehen werden, wenn zB der gesamte Übermittlungsvorgang von einer zuverlässigen Bürokraft oder dem Prozessbevollmächtigten selbst überwacht wird (vgl BSG, aaO, RdNr 5 mwN). Hierzu liegen jedoch keinerlei Erkenntnisse vor. Eine rechtzeitige Begründung per Telefax erfordert es, dass die Aufzeichnung von dem automatisch arbeitenden Empfangsgerät im Gericht bis 24 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist abgeschlossen ist. Dabei kommt es darauf an, dass die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen und gespeichert worden sind, nicht hingegen darauf, ob der Ausdruck noch vollständig vor Fristablauf erfolgte. Der Eingangszeitpunkt bestimmt sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts (vgl - Juris RdNr 4 mwN). Entsprechend diesen Vorgaben war die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin verfristet.

6Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne die Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.

7Da die Rechtsverfolgung (Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde) keine Aussicht auf Erfolg hat, ist der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung der sie vertretenden Rechtsanwältin S aus B abzulehnen (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 114 Abs 1, § 121 ZPO).

8Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Fundstelle(n):
CAAAF-07501