BSG Beschluss v. - B 4 AS 199/15 B

Instanzenzug: S 6 AS 1234/10

Gründe:

I

1Im Streit steht eine Berücksichtigung eines Geldzuflusses aus einem Handy-Vertrag als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte der dreiköpfigen Bedarfsgemeinschaft diese Leistungen im Zeitraum vom 1. bis . Aus von den Klägern vorgelegten Kontoauszügen im Rahmen eines Weiterbewilligungsantrags ergab sich, dass ein Geldbetrag in Höhe von 1200 Euro von der Firma "Handytraum24.de Limited" dem Konto im Februar 2010 gutgeschrieben worden war. Daraufhin bewilligte der Beklagte für den Zeitraum von Mai bis Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, unter Berücksichtigung ua von monatlichem Einkommen der Klägerin zu 1 von 200 Euro, als auf 6 Monate verteilte oben benannte einmalige Einnahme. Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch. Der Beklagte hörte die Klägerin zu 1 ferner zu einer möglichen Überzahlung der Leistungen in den Monaten März und April 2010 sowie der Berücksichtigung der 1200 Euro als einmalige Einnahme an. Im Mai 2010 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate März und April 2010 auf und begehrte Erstattung von 340 Euro von ihr, später mit Blick auf die gesamte Bedarfsgemeinschaft, geändert in einen Betrag von 133,80 Euro. Im Widerspruch hiergegen führte die Klägerin zu 1 aus, dass die als Darlehen ausbezahlten 1200 Euro für vier abgeschlossene Mobilfunkverträge ausgekehrt worden seien. Die Rückzahlung des Geldes erfolge über die Überweisung monatlicher Grundgebühren für die jeweiligen Handyverträge. Es gelangte ua eine Bescheinigung der Firma Handytraum24.de zu den Akten, in der bestätigt wird, dass es sich bei der Auszahlung der Handyverträge für die Klägerin zu 1 um eine Vorab-Zahlung der Handy-Subvention handele. Der Betrag in Höhe von 1200 Euro müsse vollumfänglich über einen Zeitraum von 24 Monaten in Form der Grundgebühr zurückgezahlt werden. In beiden Widerspruchsverfahren waren die Kläger erfolglos.

2Das SG hat die beiden hiergegen erhobenen Klagen verbunden und durch Urteil vom die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide aufgehoben und den Beklagten unter Änderung des Bewilligungsbescheides verurteilt, den Klägern im Zeitraum vom 1.5. bis Leistungen ohne Berücksichtigung der 1200 Euro zu gewähren. Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG insoweit geändert, als es die Klagen der Kläger zu 2 und 3 als unzulässig abgewiesen hat, weil sie nicht Adressaten der angefochtenen Bescheide gewesen seien. Im Übrigen hat es die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, bei den 1200 Euro handele es sich nicht um berücksichtigungsfähiges Einkommen. Das von der Klägerin zu 1 getätigte Geschäft sei eine Kombination aus einem Abzahlungsgeschäft betreffend die Option auf den Erwerb verbilligter Mobilfunkgeräte bei Abschluss von Mobilfunkverträgen (Vertrag mit dem Mobilfunkunternehmen) in Verbindung mit einer Ersetzung der Handy-Kaufoption(en) gegen die Auszahlung von Bargeld (Vertrag mit "Handytraum24.de Limited"). Spalte man die beiden verbundenen Rechtsgeschäfte gedanklich zeitlich auf und stelle sich vor, die Klägerin zu 1 habe zunächst vier verbilligte Mobilfunkgeräte bei dem Mobilfunkunternehmen auf (Gebühren-)Raten erworben und diese Geräte sodann bei dem Handyvermittler in Geld umgesetzt, so stellte sich die Lage nicht anders dar, als wenn die Klägerin zu 1 andere Gegenstände aus ihrem Vermögen verkauft hätte. Der damit verbundene Barerlös würde keinen als Einnahme zu berücksichtigenden tatsächlichen Zufluss darstellen. Der Verkauf der Handys würde lediglich zu einer sogenannten Vermögensumschichtung führen. Werde ein Vermögensgegenstand in Geld oder geldwerte Einnahme umgesetzt oder "zu Geld gemacht", sei dies nach der Wertung der § 11 Abs 1 und § 12 SGB II nicht als Einkommen anzusehen. Substitute seien weiter dem Vermögen zuzurechnen. Nur dann, wenn mit der Umsetzung des Vermögensgegenstandes ein Mehrerlös gegenüber dem Marktwert erzielt werde, könne darin Einkommen gesehen werden. Letzteres sei allerdings zu verneinen, weil die Klägerin zu 1 - ohne einen der vier Mobilfunkverträge für die Telefonie genutzt zu haben - jedenfalls deutlich höhere Gebühren an das Mobilfunkunternehmen gezahlt habe als sie als Auszahlung anstelle der Handy-Kaufoption von "Handytraum24.de Limited" erhalten hätte. Wirtschaftlich betrachtet habe kein Vermögenszuwachs bei der Klägerin zu 1 stattgefunden. Sie habe auf das verbundene Rechtsgeschäft aus Mobilfunkvertrag mit Handykaufoption auf Abzahlungsbasis und Ersetzung dieser Option durch eine Barauszahlung der Firma "Handytraum24.de Limited" in zwei Jahren auf ein erhaltenes Kapital von 1200 Euro Zahlungen in Höhe von 1630,96 Euro geleistet (Urteil vom ).

3Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Beklagte Beschwerde zum BSG eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

II

4Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

5Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6Der Beklagte hat zwar die Rechtsfrage formuliert: "Ob der Zufluss einer Einnahme in Geld entgegen § 11 Abs 1 S 1 SGB II in der Fassung vom auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende anrechnungsfrei bleibt, wenn die der Hingabe des Geldbetrags zugrundeliegenden vertraglichen Beziehungen ausschließlich bei einer wirtschaftlich-wertenden Betrachtungsweise allein aus der Sicht des Leistungsempfängers dazu führen, dass der Geldbetrag nicht zur dauerhaften Verwendung des Hilfebedürftigen verbleibt?". Ihm gelingt jedoch die Darlegung der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit dessen nicht.

7Es mangelt an Darlegungen des Beklagten, dass die aufgeworfene Frage nicht mit der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu, was unter dem Begriff des Einkommens iS des § 11 Abs 1 SGB II zu verstehen ist, beantwortet werden kann. So zitiert er selbst die Entscheidung des 14. Senats des , BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30) mit den Worten, dass eine von einem Dritten lediglich zur vorübergehenden Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werde. Nur der "wertmäßige" Zuwachs stelle Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II dar. Als Einkommen seien nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen, die eine Veränderung des Vermögensgegenstandes dessen bewirkten, der solche Einkünfte habe. Dieser Zuwachs müsse dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann entfalle seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft. Alsdann kritisiert er die Wertung des LSG auf der zuvor zitierten Grundlage, dass vorliegend ein Vermögenszuwachs eben nicht stattgefunden habe und führt diese Wertung darauf zurück, dass das LSG auf die subjektive Sichtweise der Klägerin zu 1 abgestellt habe. Damit wendet er sich jedoch gegen die Entscheidung des LSG im konkreten Einzelfall und belegt die aus seiner Sicht unzutreffende Heranziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch das LSG. Dass sich die aufgezeigte Fallkonstellation jedoch nicht unter Berücksichtigung der von ihm selbst zitierten Rechtsprechung des BSG beantworten lasse, bringt er nicht dar.

8Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

9Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Fundstelle(n):
FAAAF-06207