BSG Beschluss v. - B 13 R 201/15 B

Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Antrag auf Anhörung eines Sachverständigen - Fragerecht

Gesetze: § 103 SGG, § 109 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 411 ZPO

Instanzenzug: SG Wiesbaden Az: S 4 R 146/10 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 5 R 13/13 Urteil

Gründe

1Das Hessische LSG hat im Urteil vom einen Anspruch des im 1967 geborenen Klägers auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab Januar 2009 verneint, weil dieser nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen noch in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten zu verrichten.

2Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ausschließlich einen Verfahrensmangel geltend.

3Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat einen Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

4Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX, RdNr 202 ff). Zu beachten ist, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG).

5Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Er rügt, das LSG habe die Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) missachtet, weil es seinen Beweisanträgen aus dem Schriftsatz vom , die er in der mündlichen Verhandlung am ausdrücklich aufrechterhalten habe, und den dort hilfsweise neu gestellten Beweisanträgen nicht nachgegangen sei. Zur Darlegung des Verfahrensmangels einer Verletzung des § 103 SGG muss die Beschwerdebegründung folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s Senatsbeschluss vom - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5).

6Der Kläger hat zwar Beweisanträge benannt, die er auch noch in der mündlichen Verhandlung am gestellt habe. Ob und ggf in welcher Fassung er sie zu Protokoll aufrechterhalten hat oder ob diese im Urteil des LSG wiedergegeben sind, zeigt er jedoch nicht auf (zu diesem Erfordernis s B 9a VJ 5/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN; - Juris RdNr 11 ff). Überdies fehlt jeglicher Vortrag dazu, welches Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb die Entscheidung des LSG hierauf beruhen könne. Insbesondere teilt der Kläger nicht mit, ob das Berufungsgericht nach seinem - insoweit maßgeblichen - Rechtsstandpunkt überhaupt die Benennung konkreter Verweisungstätigkeiten, auf deren Zumutbarkeit seine Beweisanträge zielten, für rechtlich geboten erachtet hat (vgl LSG-Urteil Umdruck S 12 oben).

7Soweit der Kläger mit seiner Verfahrensrüge zugleich beanstandet, das Berufungsgericht habe ihm das Recht auf Befragung des Sachverständigen K. versagt, macht er in der Sache auch eine Verletzung des jedem Beteiligten gemäß § 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO zustehenden Rechts geltend, einem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Eine Verletzung dieses Fragerechts kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden, selbst wenn der betreffende Sachverständige - wie hier - ein Gutachten nach § 109 SGG erstellt hat (Senatsbeschlüsse vom - B 13 RJ 58/05 B - Juris RdNr 11 f, und vom - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 9 mwN; anders für Zusatz- und ergänzende Fragen, die in untrennbarem Zusammenhang zur Beweiserhebung nach § 109 SGG selbst stehen: - SozR 4-1500 § 160a Nr 9 RdNr 14). Da das Fragerecht an den Sachverständigen der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs dient, muss eine entsprechende Rüge aufzeigen, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung des Sachverständigen zu erreichen. Hierzu muss er darstellen, dass er einen hierauf gerichteten Antrag rechtzeitig gestellt, dabei schriftlich objektiv sachdienliche Fragen angekündigt und das Begehren bis zum Schluss aufrechterhalten hat ( B 5a/5 R 60/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7; Senatsbeschluss vom - B 13 R 13/15 B - Juris RdNr 9).

8Die Beschwerdebegründung genügt diesen Erfordernissen ebenfalls nicht. Ihr kann weder entnommen werden, dass der Kläger Einwendungen gegen das Gutachten des Herrn K. im Schriftsatz vom rechtzeitig nach dessen Kenntnis vorgebracht hat, noch zeigt sie auf, welche Fragen an den Sachverständigen zur weiteren Aufklärung hätten gerichtet werden sollen. Im Übrigen lässt der Vortrag des Klägers auch insoweit nicht erkennen, inwiefern die Entscheidung des LSG bei Zugrundelegung von dessen materieller Rechtsansicht auf der unterlassenen Befragung des neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen zu einzelnen Verweisungsberufen beruhen kann.

9Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

10Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

11Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2015:150915BB13R20115B0

Fundstelle(n):
SAAAF-05060