BAG Urteil v. - 9 AZR 910/08

Leitsatz

Orientierungssatz:

Orientierungssätze:

1. Die fehlende Teilbarkeit eines Vollzeitarbeitsplatzes kann einen dem Verringerungswunsch des Arbeitnehmers entgegenstehenden betrieblichen Grund nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG begründen. Das setzt voraus, dass sich das zugrunde liegende Organisationskonzept des Arbeitgebers nicht allein auf seine unternehmerische Vorstellung vom richtigen Arbeitszeitumfang beschränkt.

2. Verlangt die unternehmerische Aufgabenstellung einen einheitlichen künstlerischen Marktauftritt von Verlagsprodukten und kann dieser nach dem Organisationskonzept des Arbeitgebers nur durch einen Vollzeitarbeitnehmer verwirklicht werden, steht das einer Teilung des Arbeitsplatzes entgegen. Das setzt voraus, dass das betriebliche Organisationskonzept auch tatsächlich durchgeführt und durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt wird.

3. Ist der Arbeitsplatz wegen einer zweijährigen Abwesenheit des Arbeitnehmers (hier Elternzeit) geteilt worden, hat der Arbeitgeber darzulegen, aufgrund welcher Tatsachen sein Organisationskonzept während dieser Zeit beeinträchtigt wurde.

Gesetze: GG Art. 5 Abs. 3; TzBfG § 8; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 894 S. 1; GewO § 106

Instanzenzug:

Tatbestand:

1Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit.

2Die Klägerin ist seit 2000 als "Art Directorin" bei der Beklagten, einem Verlag, beschäftigt. Vor Beginn ihrer zweijährigen Elternzeit, die am endete, war die Klägerin in Vollzeit mit 37,5 Stunden in der Woche tätig.

3Die Klägerin ist als "Art Directorin" zuständig für den kreativen Bereich des öffentlichen Auftritts der Verlagsgruppe in Werbung, Marketing, Buchgestaltung, Presseveröffentlichungen und "Corporate Design". Die Verlagsgruppe umfasst den R Buchverlag für Belletristik und Sachbuch, den Verlag r Taschenbuch, den Bereich Belletristik und Sachbuch, die B Verlag GmbH, die R Kinder- und Jugendbücher sowie die Verlage W und K.

4Die Klägerin hat im Wesentlichen kreative Werbeideen, Konzepte und Strategien für alle R-Marken zu entwickeln. Sie ist weiterhin verantwortlich für die grafischen Reinzeichnungen und Lithografieabstimmungen sowie für die Einhaltung des Budgets der freien Mitarbeiter. Weiterhin hat sie die Aufgabe, sich um das aktuelle Tagesgeschäft in diesem Bereich zu kümmern. Sie ist im Bereich "Umschlagabteilung" zuständig für die Gestaltung der Buchcover. Sie ist Ansprechpartnerin für alle kreativen Fragen, präsentiert die erarbeiteten Konzepte und organisiert und betreut die "Fotoshootings" und die jeweiligen Illustrationen. Sie bucht für die Verwirklichung der von ihr entwickelten Ideen die erforderlichen freien Mitarbeiter und betreut sie. Im Bereich der Werbung gestaltet sie sämtliche Werbekonzepte für jeden Verlag separat. Jeder hat sein eigenes Erscheinungsbild und unterschiedliche Gestaltungsrichtlinien. Die Klägerin entwickelt für die einzelnen Verlage Ideen für eigene Kampagnen und sorgt gemeinsam mit den freien Mitarbeitern für deren Umsetzung. Sie betreut die einzelnen Entwicklungen der Entwürfe und präsentiert sie den zuständigen Stellen. Sie berichtet an ihre unmittelbare Vorgesetzte, die Abteilungsleiterin Re.

5Während der Elternzeit verteilte die Beklagte die Aufgaben der Klägerin auf verschiedene Mitarbeiter und setzte in großem Umfang freie Mitarbeiter ein. Die Abteilungsleiterin Re übernahm koordinierende und kontrollierende Aufgaben.

6Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Arbeitszeit könne ohne betriebliche Beeinträchtigung auf 20 Stunden in der Woche verringert werden. Ihre Tätigkeit sei teilbar. Dies zeige bereits die Handhabung während ihrer Elternzeit. Zudem hätten die verschiedenen Verlage der Verlagsgruppe keinen einheitlichen Außenauftritt. Es sei daher ohne Weiteres möglich, die kreative Verantwortung insoweit auf mehrere Mitarbeiter zu verteilen. Die Entscheidung über die einzelnen Maßnahmen hätte ohnehin die Abteilungsleiterin Re. Es gebe generelle Vorgaben innerhalb der Verlage. Ob diese von einem oder von mehreren Mitarbeitern eingehalten würden, sei unerheblich.

7Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Wochenstunden auf 20 Wochenarbeitsstunden zuzustimmen.

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die kreative Verantwortung für den einheitlichen optischen Auftritt des Verlags in allen Bereichen könne nicht auf mehrere Personen verteilt werden. Die Arbeitstätigkeit der Klägerin sei nicht teilbar. Dafür spreche auch nicht die Handhabung während der Elternzeit. Diese habe man notgedrungen überbrücken müssen. Die kreative Gestaltung und Überwachung der realen Umsetzungen in allen Verlagsprogrammen zur Gewährleistung eines einheitlichen Marktauftritts müsse durch eine kreativ-verantwortliche "Art Directorin" erfolgen. Sämtliche Verlagsteile folgten einem einheitlichen R-Markenkonzept, das durch die Marke R zusammengehalten werde und sich in Logos und Gestaltungsrichtlinien einheitlich widerspiegele. Nur so ließe sich auf dem wettbewerbsintensiven Markt eine gemeinsame Marketingstrategie sichtbar durchsetzen. Eine Verteilung der kreativen Verantwortlichkeit auf mehrere Mitarbeiter würde eine dauerhafte Verlagerung der Kreativ-Verantwortung auf die Abteilungsleitung notwendig machen. Das sei weder der Abteilungsleitung noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der übrigen Abteilungen dauerhaft zuzumuten.

9Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

10Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob der Verringerungsanspruch begründet ist.

11I. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig.

12Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin musste kein Datum angeben, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden sollte. Mit Rechtskraft des obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Satz 1 ZPO als erteilt (vgl. nur Senat - 9 AZR 893/07 - Rn. 20, AP TzBfG § 8 Nr. 27 = EzA TzBfG § 8 Nr. 23).

13II. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage begründet ist.

141. Dem auf Vertragsänderung gerichteten Antrag steht nicht entgegen, dass die Klägerin allein das Ziel verfolgt, ihre Arbeitszeit zu verringern. Sie bot in ihrem Schreiben vom ausschließlich die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden an, ohne eine bestimmte Verteilung zu wünschen. Soweit sie erklärte, sie sei mit der Einteilung der Stunden "nach Absprache flexibel", sollte dies nicht das Direktionsrecht der Beklagten in der Weise beschränken, dass es zur Verteilung der verringerten Arbeitszeit einer Absprache bedürfe. Dies macht sie mit ihrer Klage nicht geltend. Die Klägerin wollte erkennbar nur darauf hinweisen, dass sie hinsichtlich der Verteilung flexibel sei, bei der Ausübung des Direktionsrechts aber ihre berechtigten Interessen berücksichtigt werden sollten.

15Eine solche Beschränkung ist zulässig. Der Klageantrag muss keine Angaben zur Verteilung der verringerten Arbeitszeit enthalten. Fehlen diese, so überlässt der Arbeitnehmer die Verteilung der Arbeitszeit dem Arbeitgeber, der sie in Ausübung seines Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO nach billigem Ermessen festlegen soll (Senat - 9 AZR 522/03 - zu A I 2 der Gründe, BAGE 110, 232).

162. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zu der Vertragsänderung nach § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG waren im Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin vom erfüllt.

17a) Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten besteht seit dem Jahr 2000 und damit länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).

18b) Die Klägerin wahrte mit ihrem Schreiben vom die dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Dem steht nicht entgegen, dass sie in ihrem Schreiben keinen gewünschten Beginn der Vertragsänderung angab. Der Lauf der Fristen des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und des § 8 Abs. 5 TzBfG beginnt in einem solchen Fall mit Zugang des Schreibens beim Arbeitgeber. Da die Beklagte das ihr nach dem zugegangene Angebot der Klägerin auf Vertragsänderung mit Schreiben vom ablehnte, ist ihre Zustimmung nicht kraft Fiktion ersetzt worden (§ 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG).

193. Ob der gewünschten Teilzeitbeschäftigung betriebliche Gründe entgegenstehen, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des diesem zustehenden Beurteilungsspielraums nicht entscheiden.

20a) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, falls betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Diese Gründe müssen hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann deshalb die Ablehnung allerdings nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der "richtigen" Arbeitszeitverteilung begründen (für die st. Rspr. Senat - 9 AZR 1112/06 - Rn. 29, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; - 9 AZR 30/06 - Rn. 18, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14).

21b) Nach der Rechtsprechung des Senats erfolgt die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen. Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das zutrifft - um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden (st. Rspr., vgl. Senat - 9 AZR 1112/06 - Rn. 29, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; - 9 AZR 30/06 - Rn. 19, AP TzBfG § 8 Nr. 16 = EzA TzBfG § 8 Nr. 14). Maßgeblich für das Vorliegen der betrieblichen Gründe ist der Zeitpunkt der Ablehnung des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber (Senat - 9 AZR 409/04 - zu IV 4 a der Gründe, BAGE 115, 136).

22Der Begriff der entgegenstehenden betrieblichen Gründe ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Revisionsgericht kann überprüfen, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt worden ist, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt worden sind, nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder das Ergebnis widersprüchlich ist (st. Rspr., vgl. Senat - 9 AZR 1112/06 - Rn. 28, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18; - 9 AZR 16/03 - zu A II 1 a der Gründe, BAGE 109, 81).

23c) Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung, die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes sei ein entgegenstehender betrieblicher Grund, hält der eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

24aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Teilzeitbegehren der Klägerin stehe die Unteilbarkeit ihres Arbeitsplatzes entgegen. Die Beklagte könne sich auf den betrieblichen Grund berufen, eine Aufteilung der Tätigkeit der "Art Directorin" auf mehrere Personen gefährde zwangsläufig den einheitlichen Marktauftritt. Das grundsätzlich verfassungsrechtlich geschützte Organisationskonzept der Beklagten bestehe darin, durch die Betrauung nur einer Person mit allen kreativen Fragen für sämtliche Produkte und Verlagsgruppen eine einheitliche Linie zu gewährleisten. Dies bedinge die Beschäftigung in Vollzeit. Die von der Klägerin gewünschte Teilzeittätigkeit würde dieses Konzept wesentlich beeinträchtigen. Der Arbeitsplatz sei nicht teilbar. Werde eine kreative Tätigkeit auf mehrere Köpfe verteilt, werde dauerhaft der einheitliche Marktauftritt gefährdet.

25bb) Diese Begründung hält selbst dem eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab nicht stand.

26Das Landesarbeitsgericht hat zunächst zutreffend das Organisationskonzept der Beklagten mit nur einer in Vollzeit tätigen "Art Directorin" bejaht. Das Konzept beschränkt sich nicht in der unternehmerischen Vorstellung vom richtigen Arbeitszeitumfang (vgl. hierzu Senat - 9 AZR 16/03 - zu A II 2 a der Gründe, BAGE 109, 81). Die Beklagte hat vielmehr die Entscheidung getroffen, zur Wahrung der Einheitlichkeit des Marktauftritts die kreative Tätigkeit der "Art Directorin" durch nur eine für alle Verlage zuständige Vollzeitmitarbeiterin ausführen zu lassen.

27cc) Die von der Klägerin gewünschte Verringerung der Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich steht diesem Konzept entgegen. Denn die Aufgabe müsste künftig auf mehrere Personen verteilt werden, weil der Arbeitsbedarf 20 Stunden pro Woche übersteigt. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist mit der Anerkennung des so aufgestellten Organisationskonzepts jedoch noch nicht ausreichend geklärt, ob dieses Organisationskonzept auch tatsächlich in der Weise durchgeführt wird, dass der Arbeitsplatz der Klägerin unteilbar ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass die für den Arbeitsplatz der Klägerin zusammengefassten Aufgaben während ihrer zweijährigen Elternzeit bis zum auf andere Mitarbeiter verteilt wurden. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, aus einer nur vorübergehenden Teilung könne nicht geschlossen werden, die Tätigkeit könne auch dauerhaft auf mehrere Mitarbeiter aufgeteilt werden. Es hat dabei verkannt, dass eine störungsfreie zwei Jahre dauernde Teilung des Arbeitsplatzes ein Indiz für die in der Praxis mögliche Teilbarkeit sein kann. Da die Teilbarkeit eines Vollzeitarbeitsplatzes entgegenstehende betriebliche Gründe ausschließen kann (Senat - 9 AZR 1112/06 - Rn. 33, AP TzBfG § 8 Nr. 21 = EzA TzBfG § 8 Nr. 18), hätte die Beklagte vortragen müssen, inwieweit ihr unternehmerisches Konzept während der Elternzeit tatsächlich beeinträchtigt worden ist oder welche konkrete Störungen bei dauerhafter Fortführung der in der Elternzeit geübten Verteilungspraxis zu erwarten sind. Allein die Absicht, nicht teilen zu wollen, stellt kein unternehmerisches Konzept dar (vgl. Senat - 9 AZR 1112/06 - Rn. 29, aaO.). Das Landesarbeitsgericht wird insoweit noch aufzuklären haben, welche Störungen während der Elternzeit aufgetreten sind, ob diese auch bei einer gewünschten Verringerung der Arbeitszeit unvermeidbar auftreten und zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Konzepts einer Einheitlichkeit des Marktauftritts führen.

284. Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich auch nicht, dass der Teilzeitwunsch der Klägerin in das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) der Beklagten eingreift. Grundsätzlich können auch künstlerische Belange dem Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers entgegenstehen. Die Aufzählung in § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG ist nicht abschließend, sondern beispielhaft (Senat - 9 AZR 522/03 - zu A II 4 c der Gründe, BAGE 110, 232).

29a) Das Grundrecht der Kunstfreiheit schützt die Herstellung des Kunstwerks und damit auch den vorgelagerten schöpferischen Prozess. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthält nach Wortlaut und Sinn eine objektive, das Verhältnis des Bereichs Kunst zum Staat regelnde wertentscheidende Norm. Zugleich gewährleistet diese Bestimmung jedem, der in diesem Bereich tätig ist, ein individuelles Freiheitsrecht ( - zu C III der Gründe, BVerfGE 30, 173). Grundrechtsträger ist jeder, der künstlerisch tätig ist oder tätig werden will. Da ein Werk der erzählenden Kunst ohne die Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung durch den Verleger keine Wirkung in der Öffentlichkeit entfalten könnte, der Verleger daher eine unentbehrliche Mittlerfunktion zwischen Künstler und Publikum ausübt, erstreckt sich die Freiheitsgarantie auch auf seine Tätigkeit. Die Beklagte als Verlegerin kann sich deshalb auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen (vgl. auch - zu C II 3 der Gründe, aaO.).

30b) Da Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG die künstlerischen Vorstellungen schützt und damit auch subjektive Gesichtspunkte maßgebend sein können, sind an die Darlegung der Beeinträchtigung der Kunstfreiheit keine überzogenen Anforderungen zu stellen (vgl. - zu II 5 b der Gründe, BAGE 46, 163). Die Gründe müssen jedoch nachvollziehbar sein. Es ist nicht festgestellt, dass bei einer dauerhaften Teilung die künstlerischen Vorstellungen der Beklagten nicht verwirklicht werden könnten. Die Handhabung während der Elternzeit spricht dagegen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BB 2010 S. 435 Nr. 8
BB 2010 S. 644 Nr. 11
DB 2010 S. 340 Nr. 6
DStR 2010 S. 11 Nr. 9
NJW 2010 S. 799 Nr. 11
RAAAF-04969