Instanzenzug: S 7 AS 3198/13
Gründe:
1Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
2Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Beide geltend gemachten Zulassungsgründe hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt oder bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
3Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16).
4Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Fragen:
"1. Ist eine Forderung aus einem (Unterhalts) Titel, die vor der Bewilligung von SGB II Leistungen fällig war, aber erst während des Bezugs von ALG II nach der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen in Raten abgezahlt wird, Vermögen im Sinne des § 12 SGB II oder Einkommen nach § 11 SGB II.
2. Gelten Zahlungseingänge auf seinem debitorisch geführten Girokonto eines ALG II Empfängers als zugeflossen? Setzt das Zuflussprinzip voraus, dass der Bedürftige über die Gutschriften verfügen werden kann?"
5Die Beschwerdebegründung zur ersten Frage zeigt nicht auf, ob und inwieweit trotz der umfangreichen, weit über die in der Beschwerdebegründung zitierten drei Entscheidungen hinausgehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen zur Beantwortung dieser Frage Rechtsgrundsätze allererst herauszuarbeiten sind oder in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung bereits herausgearbeiteter Rechtsgrundsätze erforderlich erscheint. Mit dem Grundsatz, dass Einkommen alles das ist, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (stRspr seit - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23; - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 18), und dessen Anwendung im vorliegenden Fall setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. Dass und warum sich nicht bereits hieraus eine Antwort auf die Frage zu ergeben vermag, ob der tatsächliche Erhalt von Zahlungen aus rückständigen, titulierten Unterhaltsforderungen während des Bezugs von Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Einkommen oder Vermögen einzuordnen ist, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
6Zur zweiten Frage lässt die Beschwerdebegründung jede Auseinandersetzung mit bereits vorliegender Rechtsprechung des BSG zum Verhältnis von Einkommenszufluss und Berücksichtigung von Verbindlichkeiten und hierbei insbesondere der Rückführung eines Kontosolls vermissen. Nach dieser Rechtsprechung sind Zahlungen auf Verbindlichkeiten - mit Ausnahme der Aufwendungen zur Erfüllung von titulierten Unterhaltsverpflichtungen (§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 7 SGB II) - nicht vom zugeflossenen Einkommen abzusetzen (vgl B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25; - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 19; - vorgesehen für SozR 4-4200 § 11b Nr 4 RdNr 27), und ist es rechtlich unerheblich, ob und in welchem Umfang sich aufgrund der Gutschrift auf einem Girokonto ein positiver Kontostand auf diesem Konto ergibt (vgl - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 25; - juris RdNr 28; - juris RdNr 13; zum in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert einer Befreiung von Schulden bzw Verringerung von Verbindlichkeiten vgl - SozR 4-4200 § 22 Nr 60 RdNr 21). Weitergehender Klärungsbedarf lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
7Auch ein Verfahrensmangel ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, auf dem iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gerügt wird, weil das LSG davon ausgegangen sei, der Klägerin seien Zahlungseingänge auf ihrem Konto vor Erlass des Bewilligungsbescheides bekannt gewesen, ohne der Klägerin hierzu Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ist die Beschwerdebegründung unschlüssig. Denn der in ihr wiedergegebenen Passage aus dem Urteil des LSG lässt sich nicht entnehmen, das LSG habe seine Entscheidung auf ein Wissen der Klägerin von den Zahlungseingängen vor Bescheiderlass gestützt. Hinzu kommt, dass es keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz gibt, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1). Art 103 Abs 1 Grundgesetz gebietet vielmehr lediglich dann einen Hinweis, wenn das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (vgl BVerfGE 84, 188, 190). Mit diesen Grundlagen der Verfahrensrüge einer Gehörsverletzung setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.
8Soweit sie in ihrem abschließenden Teil auf die Annahme grober Fahrlässigkeit der Klägerin durch das LSG eingeht, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, welcher Revisionszulassungsgrund hiermit geltend gemacht sein soll. Auf die hier formulierte Kritik am LSG ist darauf hinzuweisen, dass eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig ist.
9Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
10Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstelle(n):
RAAAF-00121