Waffendelikt: Mitführen einer Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole
Gesetze: § 1 Abs 4 Anl 1 Abschn 1 UAbschn 1 Nr 1.2.1 WaffG, § 10 Abs 4 S 4 WaffG, § 52 Abs 1 Nr 1 WaffG, § 52 Abs 1 Nr 2 Buchst b WaffG, § 52 Abs 3 Nr 2 Buchst a WaffG
Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 8 KLs 190 Js 19701/14
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall II. 2 der Urteilsgründe), Geldwäsche in Tateinheit mit Hehlerei sowie vorsätzlicher Körperverletzung (Fall II. 3 der Urteilsgründe), Computerbetrugs (Fall II. 6 der Urteilsgründe), Diebstahls in drei Fällen (Fälle II. 1, II. 4 und II. 7 der Urteilsgründe) und „unerlaubten Führens einer Schreckschusspistole“ (Fall II. 8 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt zu einer Beschränkung der Strafverfolgung und zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Senat nimmt mit Zustimmung des Generalbundesanwalts im Fall II. 3 der Urteilsgründe den Vorwurf einer tatmehrheitlich begangenen vorsätzlichen Körperverletzung nach § 154a Abs. 2 StPO aus verfahrensökonomischen Gründen von der Verfolgung aus. Dies führt zum Wegfall der für diese Tat verhängten Einzelstrafe.
3Entgegen der Auffassung der Revision war die von der Strafkammer festgestellte Körperverletzung zum Nachteil des Geschädigten Sc. von der unverändert zugelassenen Anklage (dort Fall 4) mit umfasst. Denn im Anklagesatz wird neben den Ereignissen in der J. straße in B. (gewaltsames Abpressen von Mobiltelefon und Bargeld) auch geschildert, dass der Angeklagte und sein Mittäter anschließend mit dem Geschädigten zu dessen Wohnhaus gingen, um weitere Gegenstände zu entwenden. Dort wurde der Geschädigte dann - nach den Feststellungen des Landgerichts - von dem Angeklagten S. mit der Faust geschlagen, weil sich kein Diebesgut finden ließ. Zwischen den in der Anklage mitgeteilten Ereignissen und dem Faustschlag besteht damit ein innerer Zusammenhang, der trotz materiell-rechtlicher Tatmehrheit die Annahme einer prozessualen Tat im Sinne eines bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Lebensvorganges rechtfertigt (vgl. dazu , NStZ 2014, 102, 103 Rn. 15; Beschluss vom - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 154; Beschluss vom - 4 StR 89/70, BGHSt 23, 270, 273). Für eine Teileinstellung des Verfahrens nach § 354 Abs. 1 StPO war daher kein Raum.
4Die auf den Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung entfallenen Kosten des Strafverfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen waren der Staatskasse aufzuerlegen. Zwar ist bei einer Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a StPO wegen des vorläufigen Charakters dieser Entscheidung eine Kostenentscheidung grundsätzlich nicht möglich. Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - gleichzeitig mit der Beschränkung der Strafverfolgung auf einzelne Teile der Tat durch Verwerfung der Revision das Urteil über die von der Beschränkung nicht betroffenen Teile der Tat rechtskräftig wird (, BGHR StPO § 154a Kostenentscheidung 1).
52. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Hehlerei im Fall II. 3 der Urteilsgründe hat zu entfallen, weil die von dem Angeklagten entgegengenommenen 25 Euro eine geringwertige Sache im Sinne des § 259 Abs. 2, § 248a StGB waren (vgl. , BGHR StGB § 248a Geringwertig 1) und die erforderlichen Verfolgungsvoraussetzungen nicht gegeben sind. Der Geschädigte hat keinen Strafantrag gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung weder ausdrücklich noch konkludent bejaht (vgl. dazu , Rn. 4 zitiert nach juris). Die Anklage umfasste nur den Vorwurf der räuberischen Erpressung und einer tateinheitlich verwirklichten gefährlichen Körperverletzung. Auf den in der Hauptverhandlung erteilten Hinweis des Gerichts, dass für den Angeklagten S. insoweit auch eine Verurteilung wegen Hehlerei in Tateinheit mit Geldwäsche sowie (tatmehrheitlich) wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Betracht komme, hat die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse ausdrücklich nur in Bezug auf die vorsätzliche Körperverletzung bejaht.
6Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer im Fall einer Verurteilung nur wegen Geldwäsche eine niedrigere Einzelstrafe verhängt hätte. Der Strafrahmen wurde § 261 StGB entnommen und die tateinheitliche Verwirklichung des § 259 StGB nicht straferschwerend berücksichtigt.
73. Das ohne jede waffenrechtliche Erlaubnis erfolgte Mitführen einer Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole im Fall II. 8 der Urteilsgründe hat die Strafkammer zu Unrecht als Verstoß gegen § 52 Abs. 1 WaffG gewertet. Tatsächlich liegt ein Fall des § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG vor (vgl. Heinrich in: MüKo-StGB 2. Aufl., § 52 WaffG Rn. 55). Denn bei der von dem Angeklagten mitgeführten Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole handelt es sich nicht um eine der in § 52 Abs. 1 Nr. 1 (frühere Kriegswaffen) oder Nr. 2b (halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition) WaffG genannten Waffen, sondern um einen den Schusswaffen gleichstehenden tragbaren Gegenstand gemäß Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.2.1 zu § 1 Abs. 4 WaffG (vgl. Abschnitt 2, Ausführungen zu Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 1.2.1 WaffVwV), der nach § 2 Abs. 2 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 und Unterabschnitt 3 Nr. 2.1 nur mit einem sog. Kleinen Waffenschein geführt werden darf.
8Der Senat kann jedoch ausschließen, dass das Landgericht für diese Tat eine noch mildere Einzelstrafe als Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verhängt hätte, wenn es bei der Strafzumessung nicht von dem nach den §§ 21, 49 StGB gemilderten Strafrahmen des § 52 Abs. 1 WaffG, sondern von dem - gleichermaßen gemilderten - Strafrahmen des § 52 Abs. 3 StGB ausgegangen wäre.
94. Die Verfahrensbeschränkung und der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Hehlerei im Fall II. 3 der Urteilsgründe ziehen die sich aus der Beschlussformel ergebende Änderung des Schuldspruchs nach sich. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Obgleich durch die Verfahrenseinstellung, die für die vorsätzliche Körperverletzung im Fall II. 3 verhängte Einzelstrafe von drei Monaten Freiheitsstrafe entfallen ist, kann die Gesamtstrafe bestehen bleiben. Der Senat vermag mit Rücksicht auf die verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren Freiheitsstrafe, zweimal sechs Monaten Freiheitsstrafe, fünf Monaten Freiheitsstrafe, vier Monaten Freiheitsstrafe und drei Monaten Freiheitsstrafe sowie einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen auszuschließen, dass die Strafkammer auf eine noch mildere Gesamtstrafe erkannt hätte.
Sost-Scheible Roggenbuck Mutzbauer
Bender Quentin
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SAAAF-00070