Instanzenzug:
Tatbestand
1Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
2Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Februar 2006 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN im Februar 2006 mit dem Versicherungsschein, der eine Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielt, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).
3D. VN zahlte von Februar 2006 bis Juli 2010 Prämien in Höhe von insgesamt 1.764,73 €. Mit Schreiben vom 28. Juni 2010 erklärte d. VN "den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. den Widerspruch nach § 8 VVG, bzw. den Widerruf nach § 355 BGB höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung".
4Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen, insgesamt 2.272,68 €.
5Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei. Der Versicherer sei wegen fehlerhafter Aufklärung über das Widerspruchsrecht und nach den Grundsätzen der "Kick-Back"-Rechtsprechung zum Schadensersatz verpflichtet.
6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
7Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
8I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die erforderliche Widerspruchsbelehrung sei ordnungsgemäß erteilt worden. Sie sei drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich ordnungsgemäß. In der Belehrung werde darauf hingewiesen, dass nach Überlassung aller Vertragsunterlagen die Widerspruchsfrist beginne. Oberhalb der Belehrung sei im Versicherungsschein aufgeführt, welche Anlagen dem Versicherungsschein beigefügt seien. Damit wisse d. VN, welche Unterlagen vorliegen müssten und wann die Widerspruchsfrist zu laufen beginne. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
9Ein Schadensersatzanspruch wegen angeblicher Falschberatung, unzureichender Aufklärung und nicht ausreichender Hinweise auf Rückvergütungen komme ebenfalls nicht in Betracht. Die "Kick -Back"Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei nicht übertragbar auf den Abschluss fondsgebundener Lebensversicherungen. Die Klage sei insoweit bereits nicht schlüssig, da es an substantiiertem Sachvortrag und einem Bezug zum konkreten Fall fehle.
10II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
111. D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
12a) Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine drucktechnisch deutlich gestaltete Widerspruchsbelehrung. Entgegen der Ansicht der Revision sind die fristauslösenden Unterlagen in der Belehrung auf Seite 3 des Versicherungsscheins hinreichend klar bezeichnet worden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann d. VN aus der oberhalb der Belehrung befindlichen Auflistung der dem Versicherungsschein beigefügten Unterlagen entnehmen, dass der Beginn der Widerspruchsfrist vom Erhalt dieser Unterlagen abhing. Zudem enthält die Belehrung den Hinweis, dass der Vertrag auf der Grundlage dieses Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der für den Vertrag maßgeblichen Verbraucherinformation als abgeschlossen gelte, wenn d. VN nicht widerspreche. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
13b) Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; , VersR 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßst äben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er bei Vertragsschluss im Februar 2006 u ngenutzt verstreichen. D. VN zahlte von Februar bis Oktober 2006 und von Mai 2007 bis Juni 2010, somit fast vier Jahre die Versicherungsprämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits im Februar 2006 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
142. Auch einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die "Kick-Back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht auf den Ab schluss fondsgebundener Lebensversicherungen übertragbar ist, und hat im Übrigen schlüssigen Vortrag zu den Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht des Versicherers vermisst.
Fundstelle(n):
VAAAE-99234