Urkundenfälschung: Konkurrenzen bei Herstellen von gefälschten Kraftfahrzeugkennzeichen und deren mehrmaligem Gebrauch
Gesetze: § 52 StGB, § 267 Abs 1 Alt 1 StGB, § 267 Abs 1 Alt 3 StGB
Instanzenzug: LG Ellwangen Az: 1 Ks 21 Js 15101/14
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „versuchter besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit schwerer Brandstiftung, wegen schwerer Brandstiftung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, hiervon in einem Fall versucht, und wegen zwei tatmehrheitlicher Fälle des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung und mit vorsätzlichem Fahren ohne Versicherungsschutz, hiervon in einem Fall zusätzlich in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle II.1. und 2. der Urteilsgründe (Tatmehrheit) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte am mit seinem Pkw öffentliche Straßen in H. , obwohl er wusste, dass er nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war und für das Fahrzeug kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Der Angeklagte hatte zuvor an dem zwangsentstempelten Fahrzeug andere Zulassungsstempel angebracht, die den echten Stempeln täuschend ähnlich sahen, „um bei etwaigen polizeilichen Kontrollen einen Versicherungsschutz vorzutäuschen" (UA 17). Die Manipulation fiel den kontrollierenden Polizeibeamten an diesem Tag bei einer Kontrolle nicht auf.
4Zwei Tage später, am , befuhr der Angeklagte erneut öffentliche Straßen in H. , obwohl er auch zu diesem Zeitpunkt - wie er wusste - nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte und auch kein Haftpflichtversicherungsschutz bestand. Am Fahrzeug waren dieselben Kennzeichen mit den falschen, nicht von der Zulassungsstelle ausgegebenen Zulassungsstempeln angebracht. Auch wusste er, dass er aufgrund erheblicher Alkoholisierung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm 35 Minuten nach Fahrtende entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,23 %o.
5b) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.1. der Urteilsgründe der Urkundenfälschung in der Variante des Herstellens einer unechten (zusammengesetzten) Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 1. Alt. StGB schuldig ist, weil er an den mit seinem Kraftfahrzeug verbundenen entstempelten amtlichen Kennzeichen das Falsifikat einer Stempelplakette, die auch den angeblichen Aussteller erkennen ließ (UA 32), angebracht hatte (vgl. OLG Stuttgart, NStZ-RR 2001, 370). Auch trifft es zu, dass der Angeklagte den Tatbestand des Gebrauchmachens von einer unechten Urkunde gemäß § 267 Abs. 1, 3. Alt. StGB verwirklicht hat, indem er in den Fällen II.1. und 2. das mit den manipulierten Kennzeichen versehene Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr nutzte und dadurch den anderen Verkehrsteilnehmern sowie mit der Verkehrsüberwachung befassten Polizeibeamten die unmittelbare Kenntnisnahme der am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen ermöglichte (vgl. , NStZ 2014, 272). Die Strafkammer hat jedoch nicht ausreichend bedacht, dass nur eine Urkundenfälschung vorliegt, wenn eine gefälschte Urkunde mehrfach gebraucht wird und dieser mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3, und vom - 4 StR 164/15). Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die falschen Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht, um „bei etwaigen polizeilichen Kontrollen" einen Versicherungsschutz vorzutäuschen. Damit hatte er schon beim Anbringen der Kennzeichen den ein einheitliches Urkundsdelikt im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung konstituierenden konkreten Gesamtvorsatz. Das hat zur Folge, dass der mit beiden Fahrten ver- wirklichte Gebrauch einer unechten Urkunde und deren vorangegangene Herstellung als tatbestandliche Handlungseinheit eine Tat der Urkundenfälschung bildeten und damit auch die weiteren während der beiden Fahrten begangenen Delikte hierzu in Tateinheit stehen (vgl. ).
62. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert und klarstellend neu gefasst (§ 354 Abs. 1 StPO analog); § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
73. Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für den Fall II.1. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten zur Folge; für das in diesem und im Fall II.2. der Urteilsgründe verwirklichte einheitliche Urkundsdelikt hat es bei der im Fall II. 2. verhängten Freiheitsstrafe von acht Monaten sein Bewenden.
8Im Blick auf die Einsatzstrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe sowie die weiteren Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten sowie zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe schließt der Senat aus, dass das Landgericht eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, wenn es die Konkurrenzen in den Fällen II.1. und 2. zutreffend beurteilt hätte.
94. Angesichts des nur geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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Fundstelle(n):
JAAAE-99212