BGH Beschluss v. - II ZB 5/15

Instanzenzug:

Gründe

1I. Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft, an dem der Kläger als Kommanditist beteiligt ist. Mit seiner Klage hat er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft über seine sämtlichen Mitgesellschafter durch Übersendung einer Liste mit ladungsfähiger Anschrift und Beteiligungshöhe begehrt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung der Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig verworfen. Zuvor hatte es die Beklagte unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO wegen Nichterreichens der Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

2II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft; sie ist aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).

31. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemisst sich der gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzende Beschwerdewert für das Rechtsmittel der zur Auskunftserteilung verurteilten Person nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten (st. Rspr., siehe nur , WM 2011, 1335 Rn. 3 mwN).

4Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht von dem nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstands maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat (st. Rspr., siehe nur , WM 2011, 1335 Rn. 4 mwN). Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen.

52. Gemessen hieran ist die Bewertung der Beschwer durch das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerhaft. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht alle maßgeblichen Tatsachen verfahrensfehlerfrei berücksichtigt. Es ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Beklagte verurteilt worden ist, Auskunft über Namen, Anschriften und Beteiligungshöhe der Mitgesellschafter des Klägers in dem Umfang zu erteilen hat, wie die Angaben aus den bei ihr vorhandenen Unterlagen ersichtlich sind, und sie nicht etwa, wie die Beklagte meint, verpflichtet ist, vor Auskunftserteilung die Richtigkeit der bei ihr vorhandenen Anschriften der Gesellschafter durch Anfragen beim Einwohneranmeldeamt zu klären, weil sie nur so Auskunft über die "ladungsfähigen" Anschriften erteilen könne.

6a) Die Rechtsbeschwerde irrt, wenn sie meint, der Begriff "ladungsfähige Anschrift" sei in der Rechtssprache fest umrissen und gehe nach dem Leitbild des § 180 ZPO davon aus, dass es sich um die Anschrift handele, unter der eine Person tatsächlich angetroffen wird. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, dass für das Verständnis der Bestimmungen in den jeweiligen Prozessordnungen ausschließlich prozessuale Erwägungen maßgeblich sind, die außerhalb der Prozessordnung für die Auslegung eines entsprechenden Begriffs - wie hier der ladungsfähigen Anschrift - keine Rolle spielen (vgl. nur , WM 2002, 1352 Rn. 22).

7b) Die Rechtsbeschwerde nimmt bei ihrer eigenen, für zutreffend gehaltenen Auslegung der Urteilsformel weiter nicht in den Blick, dass die Beklagte ausweislich der bei der Auslegung zu berücksichtigenden Urteilsbegründung zur Auskunftserteilung anstelle einer Einsichtnahme des Klägers in die Geschäftsunterlagen der Beklagten verurteilt worden ist. Das Auskunftsrecht des Gesellschafters geht aber nicht weiter als dessen Einsichtsrecht. Grundsätzlich hat ein Gesellschafter, worauf auch das Amtsgericht abgestellt hat, lediglich einen Anspruch auf Einsicht in die bei der Gesellschaft vorhandenen Geschäftsunterlagen (vgl. § 716 Abs. 1 BGB, § 118 Abs. 1 HGB). Entsprechendes ist hier in § 8 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten geregelt. An die Stelle dieses Einsichtsrechts des Gesellschafters in die bei der Gesellschaft vorhandenen Unterlagen tritt das Auskunftsrecht, wenn die erforderlichen Informationen in einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert sind. In diesem Fall kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die bei der Gesellschaft vorhandenen Informationen verlangen (, ZIP 2010, 27 Rn. 8 f.; Urteil vom - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 19 mwN).

8c) Dagegen, dass die Übersendung einer Liste mit den bei ihr vorhandenen Angaben für die Beklagte keinen Aufwand erfordert, der über dem vom Berufungsgericht angenommenen Wert von höchstens 500 € liegt, bringt die Rechtsbeschwerde keine Einwände vor.

Fundstelle(n):
DStR 2015 S. 13 Nr. 34
VAAAE-98424