BSG Beschluss v. - B 5 R 128/15 B

Instanzenzug: S 10 R 5615/10

Gründe:

1Mit Urteil vom hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer höheren Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Zugrundelegung der Zeit vom bis als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung verneint.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist grundsätzlich (Ausnahme: absolute Revisionsgründe, § 547 ZPO iVm § 202 S 1 SGG) die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl - Juris RdNr 5). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

71. Die Klägerin rügt, der Berufungssenat sei wegen Verstößen gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 S 2 GG) fehlerhaft besetzt gewesen (absoluter Revisionsgrund iS von § 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 S 1 SGG), weil das LSG ihre Befangenheitsanträge gegen die Ri´in LSG H. und weitere Senatsmitglieder mit Beschlüssen vom und zu Unrecht abgelehnt habe. An diese unanfechtbaren Entscheidungen (§ 177 SGG), die dem Endurteil des LSG vorausgegangen sind, wäre das Revisionsgericht jedoch selbst dann gebunden (§ 557 Abs 2 ZPO iVm § 202 S 1 SGG), wenn eines der Ablehnungsgesuche unter fehlerhafter Anwendung einfachen Rechts abgelehnt worden sein sollte (vgl hierzu BVerfGE 31, 145, 164; BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 RdNr 5 mwN). Diese Bindungswirkung an die unanfechtbare Vorentscheidung entfiele nur, wenn der Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters ausnahmsweise fortwirken und dem angefochtenen Endurteil selbst noch anhaften würde. Deshalb kann die Nichtzulassungsbeschwerde lediglich mit Aussicht auf Erfolg darauf gestützt werden, dass eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gänzlich fehlt (vgl B 9a SB 18/06 B - NJOZ 2007, 3666, 3668), die Behandlung des Ablehnungsantrags auf willkürlichen bzw manipulativen Erwägungen beruht (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 mwN) oder Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt worden sind (vgl BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 sowie Beschlüsse vom - B 10 LW 7/13 B - Juris RdNr 10 und vom - B 1 KR 51/09 B - Juris RdNr 6 sowie BFH Beschlüsse vom - VIII B 211/08 - BFH/NV 2010, 663 f und vom - VIII B 26/10 - BFH/NV 2012, 591).

8Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht schlüssig dargetan. Zwar trägt die Klägerin unter Bezugnahme auf den (2 B 77.07 - Juris RdNr 6) vor, es sei ein Fall der "Willkürlichkeit eines Richterspruches" gegeben, "der unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist". Dabei lässt sie jedoch unberücksichtigt, dass die Frage, ob die Entscheidung eines Gerichts über ein Ablehnungsgesuch auf Willkür beruht, nur angesichts der jeweiligen Umstände des Einzelfalles beurteilt werden kann (BVerfG [Kammer] Beschluss vom - 1 BvR 2853/11 - Juris RdNr 26). Deshalb hätte die Beschwerdebegründung im Einzelnen aufzeigen müssen, welche Ablehnungsgründe gegen jeden einzelnen Richter geltend und glaubhaft gemacht worden sind (§ 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 2 ZPO), wie sich die abgelehnten Richter zu den Befangenheitsgründen dienstlich geäußert haben (§ 60 Abs 1 SGG iVm § 44 Abs 3 ZPO) und mit welcher Begründung die Ablehnungsgesuche als unzulässig verworfen bzw als unbegründet zurückgewiesen worden sind. Die Klägerin schildert diese Tatumstände in der Beschwerdebegründung aber derart rudimentär, dass sie nicht aus sich heraus verständlich sind, und verweist im Übrigen ergänzend auf Kopien, die sie ihrer Beschwerdebegründung als Anlagen beigefügt hat. Ungeachtet der Tatsache, dass die Kopien dem per Telefax übermittelten Beschwerdeschriftsatz vom nicht beigefügt waren und der per Post übersandte Beschwerdeschriftsatz (mit Anlagen) erst am und damit nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingegangen ist (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG), genügen Bezugnahmen und Verweisungen auf Anlagen der Begründungsschrift in der Regel nicht, um die Tatsachen ordnungsgemäß zu bezeichnen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen. Denn das Revisionsgericht muss grundsätzlich allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen können, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das tatsächliche Vorbringen zuträfe; deshalb genügt es grundsätzlich nicht, wenn erst - wie hier - durch die Kenntnisnahme vom Inhalt der Anlagen die erforderliche geschlossene Sachdarstellung erreicht werden könnte. Daher vermag der Senat auf der Grundlage des Beschwerdevortrags nicht zu erkennen, dass die Ablehnung der Befangenheitsanträge willkürlich gewesen oder Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt worden sein könnten.

92. Soweit die Klägerin einwendet, sie habe nur "eine nicht unterschriebene Ausfertigung des Urteils" erhalten, legt sie nicht dar, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Mangel beruhen kann.

103. Mit ihren "materiellrechtlichen Erwägungen" und dem Einwand, das LSG habe "die Sach- und Rechtslage nicht richtig erfaßt", macht die Klägerin im Übrigen lediglich die vermeintliche Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils geltend. Hierauf kann nach dem Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nicht gestützt werden.

11Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Fundstelle(n):
LAAAE-97036