BGH Beschluss v. - AnwZ (Brfg) 25/14

Instanzenzug:

Gründe

I.

1Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Am wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet. Der Insolvenzverwalter zeigte dem Insolvenzgericht am die Freigabe des Vermögens des Klägers aus selbständiger Tätigkeit an. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls. Auf die Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof den Widerrufsbescheid aufgehoben. Nunmehr beantragt die Beklagte die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

2Der Antrag der Beklagten ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ( AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 3 m.w.N.). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund aber dann nicht aus, wenn solche Zweifel nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen ( NotZ (Brfg) 7/14, WM 2015, 898 Rn. 8; vgl. auch BVerfGE 134, 106 = NJW 2013, 3506 Rn. 40).

4a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO wird ein Vermögensverfall des Rechtsanwalts vermutet, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet worden ist. Davon ist der Anwaltsgerichtshof ausgegangen. Er hat die gesetzliche Vermutung für widerlegt gehalten, weil die Forderung des Finanzamts, welche zur Insolvenzeröffnung geführt hat, allenfalls 713,33 € betragen habe. Der Gutachter habe im Eröffnungsverfahren nur eine weitere Forderung von 43.548,44 € festgestellt, die aus einem vom Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam aufgenommenen Darlehen stamme, ordnungsgemäß bedient werde und daher nicht fällig gestellt worden sei. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung zwar nicht erklären können, warum er die Forderung des Finanzamts nicht wenigstens unter Vorbehalt bezahlt habe, um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und den Widerruf der Anwaltszulassung zu vermeiden. Der Senat habe jedoch die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger mittlerweile derart auf die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt fixiert sei, dass er zu einer rationalen Bewertung seines Verhaltens nicht mehr in der Lage sei; er sei zahlungsunwillig, nicht aber zahlungsunfähig.

5b) Gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Annahmen des Anwaltsgerichtshofs erhebt die Beklagte nur insoweit Einwände, als sie sich auf Seite 6 des Urteils des Anwaltsgerichtshofs bezieht. Dort wird allerdings nur ihr eigener Parteivortrag wiedergegeben, nach welchem die Forderung des Finanzamts insgesamt 1.600 € betragen habe. Die Zahl "1.600 €" stammt aus dem im Eröffnungsverfahren eingeholten Gutachten des späteren Insolvenzverwalters vom . Im Eröffnungsbeschluss vom heißt es dagegen, es bestünden Forderungen des Finanzamtes von "mindestens 713,33 €".

6Von weiteren offenen Forderungen gegen den Kläger im Zeitpunkt des Widerrufsbescheides kann jedenfalls nicht ausgegangen werden. Die Bewertung des Verhaltens des Klägers als irrational lässt sich nach Aktenlage ohne weiteres nachvollziehen. Der Einwand der Zahlungsunwilligkeit ist zwar unbeachtlich, wenn und soweit der Schuldner zugleich zahlungsunfähig ist (vgl. für den insolvenzrechtlichen Begriff der Zahlungsunfähigkeit , WM 2012, 711 Rn. 18; Beschluss vom - IX ZR 287/13, ZInsO 2014, 1661 Rn. 6). Die hartnäckige, keinen vernünftigen Argumenten mehr zugängliche und ohne Rücksicht auf die Folgen aufrechterhaltene Weigerung, eine geringfügige Forderung von einigen hundert Euro zu begleichen, kann jedoch dann keinen Vermögensverfall im berufsrechtlichen Sinne bedeuten, wenn die Vermögensverhältnisse des Anwalts im Übrigen geordnet sind. Obwohl der Kläger keine belastbaren Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht hat, gibt es doch keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass er andere Forderungen als diejenigen des Finanzamts nicht begleichen oder anderweitig regulieren kann.

72. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft die Sache nicht auf (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

8a) Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmte Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (, BGHZ 154, 288, 291; BVerfG, NVwZ 2009, 515, 518; BVerwG, NVwZ 2005, 709). Zur schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderlich ist.

9b) Die Beklagte verweist darauf, dass die in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO angeordnete Rechtsfolge zwingend sei. Das ist richtig, wird durch die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs jedoch auch nicht in Frage gestellt. Das angefochtene Urteil verneint die tatsächlichen Voraussetzungen des Vermögensverfalls trotz des eröffneten Insolvenzverfahrens. Es handelt sich um einen sehr besonders gelagerten Einzelfall, der sich so kaum wiederholen dürfte. Ob das Insolvenzverfahren hätte eröffnet werden dürfen, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.

III.

10Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Fundstelle(n):
EAAAE-97008