(Krankenversicherung - stationäre Behandlung - neue Behandlungsmethode - Prüfmaßstab - Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB 5 - Geltung für ambulante und stationäre Versorgung - keine Änderung an bisheriger Grundkonzeption durch GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG))
Gesetze: § 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 137c Abs 1 SGB 5 vom , § 137c Abs 2 SGB 5 vom , § 137e SGB 5 vom , Art 1 Nr 54 GKV-VStG, Art 1 Nr 56 GKV-VStG
Instanzenzug: Az: S 12 KR 235/10 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 8 KR 339/11 Urteil
Gründe
1I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, sie zur Behandlung eines Lipödems mit einer stationären Liposuktion beider Oberschenkel zu versorgen, bei der Beklagten und den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, es fehle an einem wissenschaftlichen Nachweis der Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion im Sinne des § 2 Abs 1 S 3 SGB V. Das Qualitätsgebot sei auch bei einer stationären Behandlung zu beachten. § 137c SGB V schränke dessen Geltung im stationären Bereich nicht ein (Urteil vom ).
2Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
3II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
41. Die Klägerin legt die für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache notwendigen Voraussetzungen nicht in der gesetzlich gebotenen Weise dar. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN).
6Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dar. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn ihre Beantwortung nach der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung keinem vernünftigen Zweifel unterliegt, die Frage also "geklärt" ist (vgl zB - RdNr 7 mwN). Eine Rechtsfrage, über die bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, kann wieder klärungsbedürftig werden, wenn der Rechtsprechung in nicht geringfügigem Umfang widersprochen wird und gegen sie nicht von vornherein abwegige Einwendungen vorgebracht werden (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 S 19 mwN), was im Rahmen der Beschwerdebegründung ebenfalls darzulegen ist (vgl zum Ganzen auch - Juris RdNr 7).
7Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin verweist selbst auf die Rechtsprechung des BSG (BSGE 113, 167 = SozR 4-2500 § 137c Nr 6; vgl aber zB auch BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 18; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29), wonach im Falle einer stationären Behandlung bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB V retrospektiv eine Einzelfallprüfung stattfindet. Dabei ist nach der BSG-Rechtsprechung der Vorschrift des § 2 Abs 1 S 3 SGB V der einheitliche Prüfungsmaßstab sowohl für den ambulanten als auch für den stationären Bereich zu entnehmen.
8Die Klägerin vertritt hierzu die Auffassung, dass diese Rechtsprechung nicht auf die ab geltende Rechtslage übertragen werden könne. Sie hätte sich in diesem Zusammenhang aber mit der Entscheidung des erkennenden Senats vom (BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4) auseinandersetzen müssen, wonach die Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom , BGBl I 2983) an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert haben und lediglich Raum für den Gemeinsamen Bundesausschuss schaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e SGB V) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es - so der erkennende Senat - auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V (BSG aaO RdNr 19). Einen über diese Entscheidung des erkennenden Senats hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Klägerin nicht auf.
92. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
103. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2015:150715BB1KR2315B0
Fundstelle(n):
PAAAE-96644