Instanzenzug:
Tatbestand
1Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung.
2Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. In der Folge trat d. VN die Forderung aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehensvertrages ab. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
3D. VN zahlte ab Mai 2004 Prämien in Höhe von insgesamt 34.896,48 €. Im Juni 2010 erklärte d. VN "den Widerspruch gem. § 5a VVG a.F. bzw. nach § 8 VVG bzw. den Widerruf nach § 355 BGB, höchstvorsorglich die Anfechtung nach § 119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer zahlte daraufhin den Rückkaufswert aus.
4Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - 10.679,95 €.
5Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können. Außerdem hätten die auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärungen nach §§ 355, 495 BGB a.F. widerrufen werden können, weil es sich bei der vereinbarten unterjährigen Prämienzahlung um einen entgeltlichen Zahlungsaufschub i.S. von § 499 Abs. 1 BGB a.F. handele.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
7Die Revision ist bezüglich eines Rückgewähranspruchs nach § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 355, 495, 499 BGB a.F. als unzulässig zu verwerfen. Im Übrigen ist sie unbegründet.
8A. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung. Auch ein Widerrufsrecht nach § 355, § 499 Abs. 1, § 495 Abs. 1 BGB a.F. bestehe nicht.
9B. Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des geltend gemachten Widerrufsrechts aus § 355 Abs. 3 Satz 3, § 495 Abs. 1, § 499 Abs. 1 BGB a.F. nicht zulässig.
10Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 VVG a.F. für unwirksam erachtet hat.
11Es hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung beschränkt auf die Frage zugelassen, ob die Vorschriften des § 5a VVG a.F. den Regelungen der Europäischen Union entsprechen. Diese Beschränkung ist den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils zu entnehmen, das - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hingewiesen hat - die Revision erkennbar nur für die Fragen zu § 5a VVG a.F. zulassen wollte. Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 11). Der dem Bereicherungsanspruch zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem für das Rückgewährschuldverhältnis maßgeblichen Prozessstoff beurteilt werden. Im Übrigen hätte die Revision insoweit auch in der Sache keinen Erfolg. Durch Senatsurteil vom (IV ZR 230/12, BGHZ 196, 150) ist mittlerweile geklärt, dass die vertraglich vereinbarte unterjährige Zahlungsweise von Versicherungsprämien keine Kreditgewährung in Form eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs ist.
12C. Die Revision hat, soweit sie zulässig ist, keinen Erfolg.
13D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
14I. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die Widerspruchsbelehrung im Policenbegleitschreiben sei nicht ordnungsgemäß, weil es dort nur heiße, der Kläger könne binnen 14 Tagen "nach Überlassung der Unterlagen" widersprechen. Das Berufungsgericht war im Ergebnis revisionsrechtlich beanstandungsfrei der Ansicht, die Belehrung sei ordnungsgemäß. In Satz 2 der Widerspruchsbelehrung werden der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation ausdrücklich genannt, so dass für d. VN ohne weiteres erkennbar war, um welche Unterlagen es sich handelte. Erfolglos rügt die Revision schließlich, der Adressat der Widerspruchserklärung sei in der Belehrung nicht genannt. Der Widerspruchsadressat steht vollständig und in eindeutiger Form im Kopf des Policenbegleitschreibens. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
15II. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; , WM 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Ric htlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom aaO Rn. 32-42; aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ er im Jahr 2004 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte sodann jahrelang die Versicherungsprämien und nutzte den Versicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehensvertrages. Die jahrelangen Prämienzahlungen des bereits 2004 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten einschutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar .
Fundstelle(n):
OAAAE-94495