Instanzenzug:
Tatbestand
1Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversicherung.
2Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2002 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Anschließend wurde die Forderung aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung eines Darlehens abgetreten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinforma tion nach § 10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und eine schriftliche Belehrung über das Widerspruchsrecht in drucktechnisch deutlicher Form gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F.
3D. VN zahlte von November 2002 bis März 2012 Prämien in Höhe von insgesamt 64.454,82 €. Per 31. März 2012 kündigte die Sicherungsnehmerin mit Zustimmung d. VN den Vertrag und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom Juni 2012 erklärte d. VN u.a. den Widerspruch nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F.
4Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 25.329,65 €.
5Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerspruchsrecht erfolgte und das Policenmodell mit den Lebensversicherungsrichtlinien der Europäischen Union nicht vereinbar sei.
6Das Landgericht hat die Klage in der Hauptsache abgewiesen, das Oberlandesgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
7Die Revision hat keinen Erfolg.
8I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. VN habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zustande gekommen. Die Regelung des Policenmodells verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.
9II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
10D. VN kann nicht gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückzahlung der Prämien verlangen.
111. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des Versicherungsvertrages sind hier erfüllt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, die Widerspruchsbelehrung im Versicherungsschein sei nicht ordnungsgemäß, weil sie der Belehrung im Antrag widerspreche. Das Berufungsgericht war insoweit revisionsrechtlich beanstandungsfrei der Ansicht, dass maßgeblich die unstreitig sowohl formell als auch materiell ordnungsgemäße Belehrung im Policenbegleitschreiben vom 26. Juni 2003 sei. Bis zum Ablauf der damit in Gang gesetzten 14-tägigen Widerspruchsfrist erklärte d. VN den Widerspruch nicht.
122. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. Wirksamkeitszweifeln unterliegen (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; , WM 2015, 514 Rn. 30 ff.), kann im Streitfall dahinstehen. Die von der Revision begehrte Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union scheidet bereits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D. VN ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Policenmodells nach Treu und Glauben wegen widersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger Durchführung des Vertrages auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die Treuwidrigkeit liegt darin, dass d. VN nach ordnungsgemäßer Belehrung über die Möglichkeit, den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, diesen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertrauen durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlu ng aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den Maßstäben Senatsurteil vom 16. Juli 2014 aaO Rn. 32-42; aaO Rn. 42 ff.). D. VN verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist ließ sie im Jahr 2003 ungenutzt verstreichen. D. VN zahlte bis zur Kündigung im März 2012 über fast neun Jahre die Versicherungsprämien. Die jahrelangen Prämienzahlungen der bereits 2003 über die Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten VN haben bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
Fundstelle(n):
AAAAE-94491