LSG Niedersachsen-Bremen Urteil v. - L 2/12 R 57/12
Der 1960 geborene Kläger wendet sich gegen die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit für nur einen Auftraggeber im Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. Januar 2009. Nach vorausgegangenen beruflichen Erfahrungen in der Landwirtschaft auch in Form der Führung eines landwirtschaftlichen Lohnbetriebes war der Kläger bis Dezember 2004 als angestellter Immobilienmakler für das Maklerbüro I. J. e.K. (im folgenden Auftraggeber) beruflich tätig. Mit Wirkung vom 1. Januar 2005 vereinbarten der Kläger und sein Auftraggeber (vgl. Vertrag vom 24. Februar 2005), dass er als selbständiger Handelsvertreter (mit einem "Dienstsitz" an seinem Wohnort) für den Auftraggeber Verträge über den An- und Verkauf von Grundstück vermitteln werde. Als Honorar sollte der Kläger insbesondere eine nach den detaillierten vertraglichen Vorgaben zu berechnende Beteiligung an der Maklerprovision des Auftraggebers erhalten. Entsprechend diesen Vereinbarungen war der Kläger im streitbetroffenen Zeitraum für den Auftraggeber als Handelsvertreter tätig, wobei er seinerseits keine Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigte. Für andere Unternehmen hat er hingegen keine Handelsvertretung übernommen. Auch anderweitig war er in eigenem Namen in dem o.g. Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2009 nicht selbständig tätig. Erst seit Februar 2009 ist der Kläger im Rahmen seiner im eigenen Namen ausgeübten selbständigen Tätigkeit als nunmehr freier Makler für mehr als nur einen Auftraggeber tätig. Der Kläger hatte allerdings 2003 eine Resthofstelle mit 1,7 ha Ackerflächen erworben. Seine Ehefrau betreibt als gelernte Landwirtschaftlich-technische Assistentin mit einschlägiger beruflicher Vorerfahrung einen Gewerbebetrieb, der sich mit der Anlage und Durchführung von landwirtschaftlichen Feldversuchen befasst und insbesondere im Auftrag von Saatzuchtunternehmen neue Samenzüchtungen in Feldversuchen erprobt. Inhaberin dieses Unternehmens ist allein die Ehefrau. Diese hat die für ihr Unternehmen insgesamt benötigten etwa 15 bis 20 ha Ackerflächen angepachtet, wobei sie auch mit dem Kläger einen Pachtvertrag über die in seinem Eigentum stehenden (zu seinem Resthof gehörenden) landwirtschaftlichen Flächen (mit einer Größe von 1,7 ha) abgeschlossen hat. Das Betriebsvermögen dieses der Ehefrau gehörenden Unternehmens besteht schwerpunktmäßig aus den benötigten Spezialmaschinen, deren Zeitwert der Kläger überschlägig mit 100.000 bis 150.000 EUR veranschlagt und die die Ehefrau teils aus den Betriebserlösen und teils auch mit finanzieller Unterstützung des Klägers finanziert hat. Neben der Ehefrau, die allein über die für Zuchtversuche erforderlichen spezifischen beruflichen Fachkenntnisse verfügt und jährlich in dem Betrieb etwa 1.500 Stunden arbeitet, hilft auch der Kläger in dem Feldversuchsbetrieb mit. Er übernimmt namentlich herkömmliche landwirtschaftliche Arbeiten etwa in Form des Schlepperfahrens, daneben zeichnet er sich insbesondere auch für die Buchführung und für kalkulatorische Berechnungen verantwortlich. Ein Entgelt für diese nach Angaben des Klägers sich auf jährlich etwa 800 Stunden belaufende Mitwirkung wird weder gewährt noch ist ein solches vereinbart worden. Diese Mitarbeit des Klägers im Unternehmen seiner Ehefrau war dem Auftraggeber J. bekannt; sie ist von diesem ausweislich des Vertrages vom 24. Februar 2005 mit der Maßgabe ausdrücklich akzeptiert worden, dass dadurch die dem Kläger obliegende Betreuung der Kunden des Auftraggebers nicht beeinträchtigt werden dürfe. Der Kläger und seine Ehefrau leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Gegenüber dem Finanzamt sind die Einkünfte aus dem Feldversuchsbetrieb als Einkünfte der Ehefrau aus Gewerbetrieb (beispielsweise für das Jahr 2008 in Höhe von 8.277 EUR, in der Folgezeit haben sich diese Einkünfte nach Angaben des Klägers deutlich auf nunmehr etwa 40.000 bis 45.000 EUR im Jahr erhöht) und entsprechend die Einkünfte aus der Tätigkeit des Ehemanns als selbständiger Handelsvertreter als seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb (beispielsweise in Höhe von 43.176 EUR im Jahr 2008) deklariert worden; entsprechend sind die Eheleute veranlagt worden. Eine von der DRV K. durchgeführte Betriebsprüfung führte 2009 zu dem Ergebnis, dass diese mit Bescheid vom 5. Juni 2009 die Auffassung des Klägers und seines Auftraggebers bestätigte, wonach die seit 2005 wahrgenommene Handelsvertretertätigkeit des Klägers eine selbständige Tätigkeit darstellte. Nachdem die DRV K. daraufhin den Vorgang an die Beklagte weitergeleitet hatte, stellte diese nach vorheriger Anhörung des Klägers (vgl. wegen der Einzelheiten die Anhörungsschreiben vom 12. und 26. Oktober 2009) mit Bescheid vom 9. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2010 fest, dass der Kläger in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2009 ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Handelsvertreter im Bereich der Immobilienvermittlung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlegen habe, da er nur einen Auftraggeber im Sinne von § 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gehabt habe. Mit weiterem Bescheid vom 9. Dezember 2009 bezifferte die Beklagte die Höhe der für den streitbetroffenen Zeitraum vom Kläger zu entrichtenden Beiträge auf insgesamt 12.086,04 EUR. Mit der am 25. Oktober 2010 erhobenen Klage hat der Kläger insbesondere geltend gemacht, dass aufgrund seiner umfangreichen Mitarbeit im Betrieb seiner Ehefrau eine Gesamtbetrachtung sowohl seiner eigenen Einkünfte als auch derjenigen seiner Ehefrau geboten sei. Seine Ehefrau habe beispielsweise 2008 Betriebseinnahmen in Höhe von 61.698,41 EUR (zuzüglich weiterer Erträge und Umsatzsteuer; wobei von diesen Einnahmen zur Gewinnermittlung allerdings nach Maßgabe der vorgelegten Gewinnermittlung Betriebsausgaben in Höhe von 68.369,21 EUR abzusetzen sind) erzielt. Aufgrund der Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau sei er im Ergebnis nicht nur von einem Auftraggeber abhängig gewesen. Mit Urteil vom 18. Januar 2012, dem Kläger zugestellt am 27. Januar 2012, hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Eine Berücksichtigung der Einkünfte der Ehefrau scheide schon deshalb aus, weil der Kläger für seine Mitarbeit in dem ihr gehörenden Feldversuchsbetrieb keine Einkünfte erhalten und solche auch nicht versteuert habe. Mit der am 27. Februar 2012 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, dass er und seine Ehefrau den Feldversuchsbetrieb gemeinsam führen würden. Ohne die Mitarbeit des Klägers sei der Betrieb allein gar nicht überlebensfähig. Im Ergebnis sei eine zwischen den Eheleuten konkludent vereinbarte BGB-Innengesellschaft anzunehmen, auch wenn nach außen hin nur die Ehefrau als Unternehmerin des Feldversuchsbetriebes auftrete. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Januar 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 9. Dezember 2009 betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2010 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Senat hat den Kläger im Erörterungstermin durch seinen Vorsitzenden persönlich gehört. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
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LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 20.10.2014 - L 2/12 R 57/12
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