BSG Beschluss v. - B 4 AS 319/14 B

Instanzenzug: S 3 AS 2900/11

Gründe:

I

1Streitig ist die Höhe der SGB II-Leistungen für die Zeit vom bis .

2Die im Jahre 1986 geborene Klägerin bezog zunächst bis Dezember 2009 - ebenso wie ihre Mutter, in deren Wohnung sie lebte - SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung des Einkommens der Mutter. Im Anschluss an eine stationäre Maßnahme der Eingliederungshilfe stellte die Klägerin am einen Folgebewilligungsantrag; die Mutter beantragte nicht erneut SGB II-Leistungen und legte zunächst auch keine Einkommensnachweise vor. Das SG verpflichtete den Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, der Klägerin ab März 2010 bis längstens Juni 2010 SGB II-Leistungen in Höhe von 92,85 Euro monatlich zu erbringen (Beschluss vom ). Im Anschluss teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass SGB II-Leistungen für die Zeit vom bis in Höhe von 92,85 Euro monatlich bewilligt würden (Bescheid vom ); angefügt war der Hinweis: "Die Bewilligung ergeht in Ausführung des Beschlusses des Sozialgerichts Freiburg vom ." Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom ). Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (; ). Zur Begründung seiner Entscheidung führte das LSG aus, die Berufung sei unbegründet. Bereits die Klage sei - entgegen der Ansicht des SG, das in der Sache entschieden habe - unzulässig. Es fehle an einer vorausgegangenen Verwaltungsentscheidung, weil der Bescheid vom lediglich den Beschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens umsetze und mangels Regelungsgehalts kein Verwaltungsakt sei.

3Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin einen Verfahrensfehler geltend. Das LSG habe - im Wege des § 153 Abs 4 SGG - anstelle einer Entscheidung in der Sache zu Unrecht einen Prozessbeschluss erlassen. Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergebe sich zweifelsfrei, dass sich das Berufungsgericht nicht mit der Sache befasst habe, weil es bereits die Klage als unzulässig angesehen habe. Die Auffassung des BSG zum fehlenden Regelungscharakters eines Ausführungsbescheides werde - unabhängig von ihrer Anwendbarkeit auf den konkreten Sachverhalt - nicht durchgängig geteilt. Zudem lasse der streitige Ausführungsbescheid keinen Zweifel daran, dass durch ihn etwas geregelt werden solle. Der Beklagte habe mit dem Bescheid vom erstmalig und auch letztmalig eine Entscheidung über die Ansprüche der Klägerin nach dem SGB II für den streitigen Zeitraum (März bis Juni 2010) getroffen. Mit Erlass des Widerspruchsbescheides vom habe der Beklagte klargestellt, dass er mit dem Bescheid vom Leistungen nach dem SGB II vom bis in Höhe von 92,85 Euro bewilligt habe. Die Entscheidung des LSG könne schon deshalb auf dem Verfahrensfehler beruhen, weil das Berufungsgericht durch negativen Prozessbeschluss anstatt in der Sache entschieden habe. Bei einer Sachentscheidung wäre das LSG voraussichtlich zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Fall des § 153 Abs 4 SGG vorliege.

II

4Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil der als Zulassungsgrund geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

5Die Beschwerdebegründung enthält keine den Anforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechende Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG). Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass das Berufungsgericht durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entschieden hat, hat sie schon nicht behauptet, dass das LSG bei dieser Form der Entscheidung von seinem Ermessen erkennbar fehlerhaft Gebrauch gemacht hat, etwa weil der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 4; Nr 13 S 38; - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 7). Die Klägerin hat zudem nicht vorgetragen, dass die Entscheidung im Beschlusswege gegen ihren im Berufungsverfahren ausdrücklich geäußerten Willen ergangen sei. Dieser Vortrag wäre aber erforderlich gewesen, weil eine grobe Fehleinschätzung nur angenommen werden kann, wenn bei Abwägung aller danach zu berücksichtigenden Umstände die Wahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung gegen den ausdrücklichen Willen eines Beteiligten unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist (BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 13 S 38 f; - Juris RdNr 9).

6Da die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7), müssen zur Darlegung einer groben Fehleinschätzung weitere Umstände vorgetragen werden, wie dies zB bei fehlender Kenntnisnahme eines - nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - wesentlichen Klägervorbringens der Fall sein kann (vgl - Juris RdNr 7). Einen derartigen Tatsachenvortrag bereits im Verfahren vor dem LSG hat die Klägerin nicht behauptet; vielmehr hat sie in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt, dass ihr Rügerecht weder durch den fehlenden Vortrag zu dem negativen Prozesskostenhilfebeschluss (PKH-Beschluss) des LSG noch durch die unterbliebene Reaktion auf die Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG verloren sei. Sie hat demnach selbst keine Gründe dafür genannt, die einer Entscheidung im Verfahren nach § 153 Abs 4 SGG entgegenstehen könnten und hat - in Kenntnis des mit den gleichen Rechtsausführungen begründeten negativen PKH-Beschlusses - auch keine Anhaltspunkte dafür geliefert, die gegen eine Entscheidung in diesem Verfahren sprechen könnten.

7Da die Klägerin den behaupteten Verfahrensmangel nicht hinreichend dargelegt hat, ist der Antrag auf Bewilligung von PKH ebenfalls abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, was hier nicht der Fall ist.

8Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Fundstelle(n):
HAAAE-91836