Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 AO und Entgeltvereinnahmung nach Abtretung
Leitsatz
1. Der Begriff „bestimmter Sachverhalt” erfasst nicht nur einzelne steuererhebliche Tatsachen, sondern auch den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex, sofern die ihn bildenden Sachverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen.
2. Der leistende Unternehmer vereinnahmt ein Entgelt auch dann, wenn der Leistungsempfänger nach Abtretung des Vergütungsanspruchs an den Abtretungsempfänger zahlt.
Gesetze: AO § 174 Abs. 4; UStG § 3 Abs. 9; UStG § 10; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c;
Instanzenzug: ,
Tatbestand
1 I. Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) nach § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) zur Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 (Streitjahre) berechtigt war.
2 Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war in den Streitjahren als Musikproduzent unternehmerisch tätig. Am vereinbarte er mit der H-GmbH, dass er von dieser auf Darlehensbasis eine voll gegen sämtliche Autorenanteile verrechenbare Zahlung in Höhe von 2.000.000 DM erhält, zahlbar in Höhe von 1.000.000 DM nach Unterzeichnung der Vereinbarung sowie weitere 1.000.000 DM im Januar 1998. Dafür erwarb die H-GmbH die zukünftigen Forderungen des Klägers gegen die GEMA in Höhe der zu erwartenden Autorenvergütung bis zum Betrage von 2.000.000 DM einschließlich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer (§ 2 Nr. 1 der Vereinbarung). Zur Sicherung trat der Kläger am seine Ansprüche gegen die GEMA auf Ausschüttung der ihm zustehenden Erträge aus der Verwertung von Urheberrechten an die H-GmbH ab. Bis zur Höhe dieser Forderungen sollten Zahlungen der GEMA künftig auf ein Konto der H-GmbH zu überweisen sein.
3 Während der Kläger die GEMA-Autorenvergütungen in seinen Steuererklärungen als dem ermäßigten Steuersatz unterliegende steuerpflichtige Umsätze berücksichtigte, kam das FA nach einer die Jahre 1996 bis 1998 betreffenden Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Zahlungen der H-GmbH bei Zufluss in den Jahren 1997 und 1998 als umsatzsteuerpflichtiger Umsatz (7 %) mit 934.579,43 DM (Nettobetrag) zu erfassen seien. Die Vereinbarungen des Klägers mit der H-GmbH stellten keinen Darlehensvertrag, sondern einen Kaufvertrag dar. Bei den Zahlungen handele es sich um Vorauszahlungen der H-GmbH für die ihr übertragenen Autorenanteile. Die Zahlungen aus den laufenden Lizenzabrechnungen mit der GEMA seien dagegen umsatzsteuerrechtlich irrelevant.
4 Gegen die aufgrund der Betriebsprüfung geänderten Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 vom legte der Kläger erfolglos Einspruch ein.
5 Während des Rechtsbehelfsverfahrens führte das FA beim Kläger eine die Streitjahre betreffende Außenprüfung durch. Dabei schloss sich die Betriebsprüfung dem Ergebnis der vorausgegangenen Betriebsprüfung an, sodass die in den Streitjahren bereits erklärten Umsätze zu mindern seien. Daraufhin erließ das FA am geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
6 In dem die Umsatzsteuer 1997 und 1998 betreffenden Klageverfahren erklärte sich das FA bereit, das strittige Vertragsverhältnis als Darlehensvereinbarung anzuerkennen und dadurch dem Klagebegehren abzuhelfen. Dies geschah durch die Änderungsbescheide vom . Der Rechtsstreit wurde daraufhin mit für erledigt erklärt.
7 Hierauf änderte das FA am die streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide auf der Grundlage des § 174 Abs. 4 AO und erfasste nunmehr beim Kläger die Umsätze aus den jährlichen Lizenzabrechnungen der GEMA.
8 Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, dass die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO nicht vorlägen, weil das FA nicht die steuerlichen Folgen aus einem „bestimmten Sachverhalt” gezogen habe. Gegenstand des Rechtsstreits wegen Umsatzsteuer 1997 und 1998 sei die umsatzsteuerliche Behandlung der Vereinbarung des Klägers mit der H-GmbH vom und damit die umsatzsteuerliche Erfassung der von der H-GmbH an den Kläger in den Jahren 1997 und 1998 gezahlten 2.000.000 DM gewesen. Maßgeblicher Lebensvorgang sei daher die Vereinbarung des Klägers mit der H-GmbH vom zum Erhalt einer Zahlung von 2.000.000 DM „auf Darlehensbasis”. Im Unterschied dazu gehe es in den Streitjahren (1999 bis 2001) um die umsatzsteuerrechtliche Erfassung der jährlichen Auszahlungen der GEMA. Dafür komme es auf die Leistungsbeziehungen des Klägers mit der GEMA an. Beide Ereignisse stellten keinen einheitlichen Lebensvorgang und damit keinen bestimmten Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO dar. Der bloß tatsächliche Zusammenhang infolge der Abtretung der GEMA-Ansprüche des Klägers an die H-GmbH reiche hierfür nicht aus. Umsatzsteuerrechtlich lägen zwei unterschiedliche Leistungsbeziehungen vor. Diese stellten jeweils einen eigenständigen „bestimmten” Sachverhalt dar, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpfe.
9 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 174 Abs. 4 AO und trägt dazu vor:
10 Ein bestimmter Sachverhalt i.S. von § 174 Abs. 4 AO liege nicht nur bei einzelnen steuererheblichen Tatsachen und einzelnen steuerrechtlich bedeutsamen Merkmalen vor, sondern auch bei einem einheitlichen, für diese Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex. Im Streitfall umfasse dieser Sachverhaltskomplex nicht nur die zwischen der H-GmbH und dem Kläger getroffene Darlehensvereinbarung vom , sondern auch die damit in Verbindung stehenden Regelungen im Zusammenhang mit den Forderungen des Klägers gegenüber der GEMA, wonach der Kläger seine Ansprüche gegen die GEMA auf Ausschüttung der ihm zustehenden Erträgnisse aus der Verwertung von Urheberrechten an die H-GmbH abgetreten habe. Das FG habe verkannt, dass das FA nicht einen weiteren Sachverhalt (Vereinbarung des Klägers mit der H-GmbH) in die Beurteilung der Vertragsbeziehungen mit der GEMA einbezogen habe, da die Vertragsbeziehungen mit der GEMA Bestandteil des vorliegenden Sachverhaltskomplexes seien. Dieser bestehe aus dem Autorenexklusivvertrag vom , dem Darlehensvertrag vom und der Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen die GEMA an die H-GmbH mit Vertrag vom .
11 Das FA beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Anfechtungsklage abzuweisen.
12 Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Gründe
13 II. Die Revision des FA ist begründet.
14 Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 nach § 174 Abs. 4 AO nicht vorgelegen hätten. Die Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998, in denen das FA die Zahlungen der H-GmbH an den Kläger als steuerpflichtige Umsätze behandelt und der Umsatzsteuer unterworfen hatte, beruhten auf einer rechtlich irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts. Nachdem diese Bescheide aufgrund eines Rechtsbehelfs des Klägers aufgehoben wurden, war das FA berechtigt, durch den Erlass der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide die zutreffenden steuerlichen Folgen zu ziehen.
15 1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt gemäß § 174 Abs. 4 Satz 2 AO auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 3 AO). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
16 a) Entgegen der Ansicht des FG handelt es sich bei den Vereinbarungen vom zwischen dem Kläger und der H-GmbH und den darauf beruhenden Zahlungen sowie den Vertragsbeziehungen des Klägers mit der GEMA und deren Zahlungen an die H-GmbH um einen „bestimmten Sachverhalt” i.S. von § 174 Abs. 4 AO.
17 aa) Bei dem Tatbestandsmerkmal des „bestimmten Sachverhalts” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der anhand des Normzwecks zu konkretisieren ist. Danach soll der Steuerpflichtige im Fall seines Obsiegens an seinem Rechtsstandpunkt festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist. Der Steuerpflichtige, der erfolgreich für seine Rechtsansicht gestritten hat, muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen (, BFH/NV 2013, 690, , BFH/NV 2004, 1497). Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft. Der Begriff erfasst nicht nur einzelne steuererhebliche Tatsachen, sondern den einheitlichen, für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhaltskomplex (, BFHE 245, 80; vom II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755, und vom IX R 22/11, BFHE 241, 136). Dabei müssen der ursprünglich beurteilte und der tatsächlich verwirklichte Lebenssachverhalt und Besteuerungssachverhalt nicht vollständig übereinstimmen (, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586, m.w.N.).
18 bb) Im Streitfall umfasst der Sachverhaltskomplex sowohl die in 1997 und 1998 erfolgten und auf einem Darlehensvertrag beruhenden Zahlungen der H-GmbH von 2.000.000 DM gegen Abtretung der Lizenzansprüche des Klägers bei der GEMA als auch die Vertragsbeziehungen des Klägers zur GEMA und die darauf beruhenden jährlichen Lizenzzahlungen.
19 (1) Mehrere Sachverhaltselemente bilden dann einen einheitlichen Lebensvorgang und Sachverhaltskomplex, wenn die betreffenden Sachverhaltselemente einen inneren Zusammenhang aufweisen (vgl. , BFH/NV 2004, 604, Rz 15; , Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 709, Rz 32; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, § 174 Rz 12).
20 (2) Dieser innere Sachzusammenhang liegt im Streitfall vor: Das dem Kläger gewährte Darlehen sollte durch die ihm zustehenden Autorenanteile bei der GEMA getilgt werden. Darüber hinaus trat der Kläger zur Sicherheit seine zukünftigen Forderungen gegen die GEMA in Höhe der zu erwartenden Autorenvergütung bis zum Betrag von 2.000.000 DM einschließlich der jeweils geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer ab. Der innere Sachzusammenhang ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Hintergrund der Zahlungen. Diese beruhen alle auf einer einheitlichen Quelle, der Verwertung von Autorenrechten durch die GEMA. Während sich das Sachverhaltselement „GEMA” auf die Umsätze des Klägers in den Streitjahren (1999: 154.973 DM, 2000: 107.258 DM, 2001: 86.988 DM) beschränkt, geht es im Sachverhaltselement „H-GmbH” um die in diesen Jahren und den Folgejahren bis zu einer Summe von 2.000.000 DM addierten Lizenzeinnahmen des Klägers. Damit ist das Sachverhaltselement „GEMA” Bestandteil des Sachverhaltselements „H-GmbH”. Dies ist ausreichend, da der Sachverhalt nicht in vollem Umfang inhaltsgleich sein muss, vielmehr kann es —wie im Streitfall— nach den Erfordernissen des jeweiligen steuerlichen Tatbestandes genügen, dass er zumindest zu einem Teil in den widerstreitenden Steuerfestsetzungen deckungsgleich ist (, BFH/NV 2004, 604, Rz 15 a.E.; , BFHE 130, 1, BStBl II 1980, 314, Rz 22; von Groll in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 174 AO Rz 57 und 82; Frotscher in Schwarz, AO, § 174 Rz 29; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 5; v. Wedelstädt in Beermann/Gosch, § 174 AO Rz 18).
21 b) Eine „irrige Beurteilung” i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO liegt vor, wenn sich die Beurteilung des bestimmten Sachverhalts nachträglich als unrichtig erweist (, BFHE 218, 487, BStBl II 2008, 277).
22 aa) Das FA ging im Anschluss an eine Außenprüfung zunächst davon aus, dass die Zahlungen der H-GmbH in Höhe von 2.000.000 DM in den Jahren des Zuflusses (1997 und 1998) zu erfassen seien, da es sich um Vorauszahlungen der H-GmbH für die Übertragung der künftigen Autorenvergütung des Klägers gegenüber der GEMA handele.
23 bb) Diese Beurteilung erwies sich als unrichtig. Bei zutreffender Beurteilung des Sachverhalts stellen die Zahlungen der H-GmbH lediglich eine Darlehensgewährung ohne umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen dar, während es sich bei den Lizenzgebühren des Klägers aus Ausschüttungen der GEMA um die Gegenleistung für steuerbare und steuerpflichtige Duldungsleistungen i.S. des § 3 Abs. 9 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) handelt, die dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG unterliegen.
24 (1) Die GEMA ist eine Verwertungsgesellschaft in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins, der die Urheberrechte der Komponisten, Textdichter und Musikverlage an Werken der Musik wahrnimmt. Das Wahrnehmungsrecht schließt das Recht ein, die Nutzung der Werke in allen Ländern zu gestatten, die Wiedergabe zu überwachen und die Tantiemen einzuziehen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben wird ihr das Recht zur Aufführung, Rundfunksendung und Vervielfältigung übertragen. Die Übertragung dient dem Zweck, die den Urhebern zustehenden Rechte wirtschaftlich zu verwerten. Dies geschieht dadurch, dass die Werke Dritten gegen Entgelt zur Wiedergabe zur Verfügung gestellt werden. Wesentlicher Inhalt der Leistung der jeweiligen Urheber ist daher das Dulden der Wiedergabe ihrer Werke (, BFHE 85, 257, BStBl III 1966, 302; Husmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c Rz 65). Die den Urhebern zufließenden Anteile am Reinertrag der Verwertungsgesellschaft sind als Entgelt für die Einräumung von Nutzungsrechten nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG begünstigt(Husmann in Rau/ Dürrwächter, a.a.O., § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c Rz 192).
25 (2) Der Umsatzsteuerpflicht steht nicht entgegen, dass die Lizenzeinnahmen dazu dienen sollten, das Darlehen des Klägers zurückzuzahlen und der Kläger seine Lizenzansprüche sicherungshalber an die H-GmbH abgetreten hatte.
26 Der Unternehmer, der eine Leistung erbringt, hat diese auch dann zu versteuern, wenn er seinen Anspruch auf die Gegenleistung abgetreten hat. Auf den Rechtsgrund der Abtretung kommt es dabei nicht an. Da sich die Höhe und der Umfang des Entgelts nach dem zwischen den Parteien des Leistungsaustausches bestehenden Rechtsverhältnis —im Streitfall zwischen dem Kläger und der GEMA— bestimmen, ist eine Abtretung des dem Leistenden zustehenden Entgeltanspruchs an einen Forderungserwerber für die Bestimmung des Entgelts ohne Bedeutung. Denn durch eine Vereinbarung, an der der Leistungsempfänger nicht beteiligt ist, kann das zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehende Rechtsverhältnis nicht geändert werden (, BFHE 230, 252, BStBl II 2011, 142; , BFH/NV 2011, 663). Ist die Abtretung des Vergütungsanspruchs für die Besteuerung des Leistenden ohne Bedeutung, „erhält” dieser den an einen Dritten ausgezahlten Betrag für die von ihm erbrachte Leistung (vgl. Stadie in Rau/ Dürrwächter, a.a.O., § 17 Rz 189).
27 c) Die Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 wurden auch aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten geändert, da diese Änderung im Rahmen des vom Kläger betriebenen Klageverfahrens erfolgte. Dass die Bescheide nicht durch ein Gerichtsurteil geändert wurden, sondern das FA dem Klagebegehren bereits aufgrund eines Erörterungstermins des Berichterstatters abgeholfen hat, steht dem nicht entgegen. Denn es reicht insoweit aus, dass der Kläger spezifisch die Änderung der angefochtenen Bescheide veranlasst hat (vgl. , BFHE 230, 203, BStBl II 2010, 953, Rz 13).
28 d) Die Jahresfrist des § 174 Abs. 4 Satz 3 AO ist gewahrt.
29 aa) Bei Erlass der geänderten Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 am war deren Festsetzungsfrist bereits abgelaufen. Aufgrund der die Streitjahre betreffenden Außenprüfung wurden am geänderte Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 erlassen und zugleich der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Mit der Bekanntgabe dieser Bescheide sind diese unanfechtbar und somit nicht mehr änderbar geworden.
30 bb) Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist aber unbeachtlich, da die steuerlichen Folgen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen wurden: Im Streitfall sind die fehlerhaften Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 am geändert worden. Die hier streitigen Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 sind bereits am und damit binnen Jahresfrist erlassen worden.
31 e) Die Änderungsbefugnis ist im Streitfall auch nicht durch § 174 Abs. 4 Satz 4 AO eingeschränkt. Danach ist eine Änderung nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO zulässig, wenn die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war, als der später geänderte Steuerbescheid erlassen wurde. Die später geänderten Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 wurden im Anschluss an eine Außenprüfung am erlassen. Zu diesem Zeitpunkt war wegen der Ablaufhemmung der Außenprüfung (§ 171 Abs. 4 AO) noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
32 2. Liegen damit die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO vor, durfte das FA die richtigen steuerlichen Folgerungen aus dem „bestimmten Sachverhalt” ziehen. Da der Begriff des „bestimmten Sachverhalts” nicht periodenbezogen einschränkend auszulegen ist, sind die richtigen steuerlichen Folgerungen ohne Rücksicht auf den Besteuerungszeitraum zu ziehen (BFH-Urteil in BFH/NV 2013, 690). Demnach umfasst die Änderung sämtliche Besteuerungszeiträume, die vom „bestimmten Sachverhalt” betroffen sind. Vorliegend sind das 1999 bis 2001.
33 3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, sodass seine Entscheidung aufzuheben war. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist zwar Voraussetzung für das Vorliegen einer einheitlichen Leistung anstelle mehrerer selbständiger Leistungen, dass es sich um Tätigkeiten desselben Unternehmers handelt (, BFHE 225, 224, BStBl II 2010, 78, sowie vom XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256; , BFH/NV 2007, 1544, m.w.N.). Entgegen dem Urteil des FG kommt es jedoch für die Auslegung des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO („bestimmter Sachverhalt”) nicht auf die umsatzsteuerrechtlichen Grundsätze zur einheitlichen Leistung an, sondern auf das Vorhandensein eines inneren Sachzusammenhangs zwischen den jeweiligen Sachverhaltselementen.
34 4. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen. Das FA hat zwar keine Ermessensentscheidung über die Änderung getroffen, dies war aber auch nicht erforderlich. Nach dem , BFHE 237, 391, BStBl II 2012, 653), dem sich der Senat anschließt, stellt die Entscheidung des FA darüber, ob im Falle einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid nach § 174 Abs. 4 AO nachträglich geändert wird, keine Ermessensentscheidung dar, sondern eine gebundene Entscheidung.
35 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2017 II Seite 31
AO-StB 2015 S. 163 Nr. 6
BB 2015 S. 1301 Nr. 22
BFH/NV 2015 S. 877 Nr. 6
BFH/PR 2015 S. 255 Nr. 7
BStBl II 2017 S. 31 Nr. 1
DB 2015 S. 1141 Nr. 20
DB 2015 S. 6 Nr. 19
DStR 2015 S. 10 Nr. 19
DStR 2015 S. 1050 Nr. 20
DStRE 2015 S. 698 Nr. 11
DStZ 2015 S. 547 Nr. 14
HFR 2015 S. 645 Nr. 7
KÖSDI 2015 S. 19396 Nr. 7
NWB-Eilnachricht Nr. 20/2015 S. 1446
StB 2015 S. 177 Nr. 6
StBW 2015 S. 485 Nr. 13
StBW 2015 S. 505 Nr. 13
StuB-Bilanzreport Nr. 10/2015 S. 397
Ubg 2015 S. 388 Nr. 6
QAAAE-89760