Fehlende Niederschrift der Anwesenheitszeiten eines Gasthörers bei mündlicher Steuerberaterprüfung ist Verfahrensfehler und
kann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen
Leitsatz
1. Der Umstand der vollständigen oder auch nur zeitweisen Anwesenheit eines Gasthörers bei der mündlichen Steuerberaterprüfung
ist als besonderes Vorkommnis nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 DVStB in der Niederschrift zu protokollieren. Dies gilt wegen des
zwingenden Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit der mündlichen Prüfung nach § 14 Abs. 2 S. 1 DVStB, woraus sich ein Anspruch
des Prüflings auf Kenntnis des Grundes der Anwesenheit einer unbeteiligten Person ableitet und der erforderlichen Dokumentation
der ausdrücklichen Gestattung der Anwesenheit durch den Vorsitzenden nach § 14 Abs. 2 S. 2 und 3 DVStB.
2. Nach dem § 14 Abs. 2 DVStB nach bundesgerichtlicher Rspr. in der Weise zu verstehen ist, dass die Anwesenheit Dritter durch
den Vorsitzenden allenfalls während der Prüfung, keinesfalls aber während der Beratung der Prüfer über die Leistungsbewertung
der Bewerber gestattet werden darf (vgl. ), sind in der Niederschrift auch die genauen Anwesenheitszeiten
des Gasthörers im Verlauf des gesamten Prüfungsgeschehens festzuhalten.
3. Die unterlassene Dokumentation der Anwesenheit eines Gasthörers während der mündlichen Steuerberaterprüfung kann – abgeleitet
aus § 46 VwVfG und § 127 AO – als Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn sich nicht
ausschließen lässt, dass bei Beachtung des richtigen Verfahrens ein besseres Prüfungsergebnis erzielt worden wäre. Auch wenn
die fehlende Niederschrift für sich nicht geeignet ist, das Prüfungsergebnis zu beeinflussen, erschwert sie die Beweisführung
des Bewerbers hinsichtlich der formellen Ordnungsmäßigkeit des Prüfungsverlaufs. Kann die Beachtung der Grundsätze des § 14
Abs. 2 DVStB nicht aufgeklärt werden, kann die Unvollständigkeit der Niederschrift zur Umkehr der objektiven Beweislast in
Bezug auf die Behauptung eines Verfahrensfehlers wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 DVStB führen.
4. Kann aufgrund der Anwesenheit eines Gasthörers während der Bewertung der Leistungen des Kurzvortrags eines Bewerbers in
der mündlichen Steuerberaterprüfung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Verstoß gegen den Grundsatz des Ausschlusses
der Öffentlichkeit während der Prüferberatung keinen Einfluss auf die Bewertung der Prüfungsleistung genommen hat, steht dem
Bewerber ein Anspruch auf erneute Ableistung des mündlichen Teiles der Steuerberaterprüfung zu.
Fundstelle(n): DStR 2015 S. 1472 Nr. 26 DStRE 2016 S. 189 Nr. 3 EFG 2015 S. 1029 Nr. 12 AAAAE-88896
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.