Gewerblicher Grundstückshandel bei Übertragung von fünf Eigentumswohnungen vor sachenrechtlich vollzogener Teilung eines Mietwohngrundstücks an fünf unterschiedliche Erwerber
Gesetze: EStG § 15 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg. Gründe, welche die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) rechtfertigen könnten, liegen —soweit die Klägerin sie überhaupt in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt hat— nicht vor.
2 1. Die Revision kann nicht zugelassen werden, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordern würde (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
3 a) Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, das Bundesverfassungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zu Grunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge gehört nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass die vermeintlichen Divergenzentscheidungen hinreichend genau bezeichnet und tragende, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits gegenübergestellt werden, um so die Abweichung deutlich erkennbar zu machen. Des Weiteren ist darzulegen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 132-133/12, BFH/NV 2013, 1593).
4 b) Die Klägerin sieht eine Divergenz der finanzgerichtlichen Entscheidung zum (BFHE 234, 1, BStBl II 2011, 787), in dem dieser entschieden hat, selbständiges Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze sei grundsätzlich jedes selbständig veräußerbare und nutzbare Immobilienobjekt (Grundstück, grundstücksgleiches Recht oder Recht nach dem Wohnungseigentumsgesetz —WEG—), und zwar unabhängig von seiner Größe, seinem Wert und anderen Umständen. Hierbei folge nach ständiger Rechtsprechung die selbständige Veräußerbarkeit grundsätzlich der sachenrechtlichen Qualifizierung. Der BFH stelle damit —so die Klägerin— auf die sachenrechtliche Teilung eines Objekts ab. Da bei der Teilung eines Mehrfamilienhauses nach dem WEG deren sachenrechtliche Wirksamkeit erst mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher eintrete, wie sich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG ergebe, habe sie unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung lediglich ein Objekt veräußert. Demgegenüber gehe das FG ausdrücklich davon aus, dass jede der im Zeitraum von Dezember 1996 bis März 1997 verkauften Wohnungen ein Objekt im Sinne der sogenannten Drei-Objekt-Grenze sei, obwohl im Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge sachenrechtlich nur ein ungeteiltes Gesamtobjekt vorgelegen habe.
5 Die Klägerin übersieht bei ihrem Vorbringen, dass sich die beiden Sachverhalte in einem —wesentlichen— Punkt unterscheiden.
6 Die Klägerin des Verfahrens in BFHE 234, 1, BStBl II 2011, 787 veräußerte einem Käufer ein Grundstück kurz vor Fertigstellung der noch zu errichtenden Häuser, wobei sie sich verpflichtete, diese schlüsselfertig zu errichten und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem WEG zu beschaffen. In dieser Divergenzentscheidung musste der BFH damit die Frage beantworten, wie der Kaufgegenstand eines Vertrages im Hinblick auf die Rechtsprechungsgrundsätze zum gewerblichen Grundstückshandel zu beurteilen ist.
7 Auf den in diesem Urteil entscheidungserheblichen Rechtssatz, der im Übrigen vom BFH dadurch ergänzt wurde, dass die dem Grundsatz nach an das bürgerliche Recht anknüpfende Bestimmung des „Objekts” allerdings durch wirtschaftliche Gesichtspunkte unter Beachtung der Verkehrsanschauung geprägt wird, kommt es im Streitfall indes aus den folgenden Erwägungen nicht an.
8 Vorliegend veräußerte die Klägerin nach Einholung der Abgeschlossenheitsbescheinigung fünf —wenn auch sachenrechtlich noch nicht getrennte— Eigentumswohnungen an fünf unterschiedliche Erwerber. Damit sind fünf Veräußerungsvorgänge gegeben, die sich zwangsläufig auf fünf unterschiedliche Objekte beziehen müssen.
9 Inwieweit bereits alle sachenrechtlichen Voraussetzungen für das Entstehen der veräußerten Eigentumswohnungen erfüllt wurden, ist für die Frage der Nachhaltigkeit der Veräußerungsaktivitäten der Klägerin unerheblich, da nicht auf das dingliche Rechtsgeschäft im Sinne des Veräußerungsbegriffs des § 16 des Einkommensteuergesetzes, sondern auf das obligatorische Geschäft abzustellen ist (, BFHE 201, 169, BStBl II 2003, 291).
10 Die in dem Vorbringen der Klägerin anklingenden Zweifel, ob es möglich sei, einen Kaufvertrag über die noch abzutrennenden Eigentumswohnungen abzuschließen, bestehen im Übrigen nicht (vgl. z.B. , Neue Juristische Wochenschrift 1986, 845).
11 Damit sind im Streitfall aufgrund der in der Zeit von Dezember 1996 bis März 1997 abgeschlossenen notariellen Kaufverträge fünf Eigentumswohnungen und damit fünf Zählobjekte übertragen worden.
12 c) Die von der Klägerin gerügte Abweichung des Urteils des FG von den BFH-Urteilen vom III R 101/06 (BFHE 228, 65, BStBl II 2010, 541) und vom III R 19/11 (BFHE 240, 278, BStBl II 2013, 433) liegt nicht vor.
13 In diesen Urteilen stellt der BFH fest, die durch das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze indizierte innere Tatsache der bedingten Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs könne vornehmlich durch Gestaltungen des Steuerpflichtigen widerlegt werden, die in zeitlicher Nähe zum Erwerb (bzw. zur Bebauung oder Erschließung) stünden und eine Veräußerung innerhalb eines Zeitrahmens von etwa fünf Jahren erschweren oder unwirtschaftlicher machen würden. Dies könne z.B. eine langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung bzw. Verpachtung sein, wenn diese sich im Falle einer Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirkten oder zusätzliche finanzielle Belastungen auslösten.
14 Anders als die Klägerin meint, ist das FG zur Begründung seiner Entscheidung von der vorgenannten BFH-Rechtsprechung ausgegangen. Das Gericht hat nicht nur die BFH-Urteile genannt, sondern es hat die dargestellten Rechtssätze auf den zu entscheidenden Einzelfall angewendet, wenn auch mit einem von der Auffassung der Klägerin abweichenden Ergebnis.
15 Wenn die Klägerin vorträgt, das FG habe bei der Beurteilung der bestehenden langfristigen Mietverträge sowie der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung die vom BFH in den beiden Urteilen entwickelten Rechtssätze falsch angewendet, lässt sie außer Acht, dass die Anwendung dieser Grundsätze notwendigerweise eine tatrichterliche Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls erfordert. Ihre Einwände gelten in Wahrheit der im Verfahren der Revisionszulassung unbeachtlichen Subsumtion des vom FG ermittelten Sachverhalts unter die prinzipiell nicht mehr klärungsbedürftigen Rechtsgrundsätze der typisierenden Anwendung der Drei-Objekt-Grenze in Bezug auf das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels (vgl. auch Senatsbeschluss vom X B 32/05, BFH/NV 2005, 2223; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler —HHSp—, § 115 FGO Rz 183, m.w.N.). Hiermit wird aber keine Rechtsprechungsdivergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO dargelegt (, BFH/NV 2007, 2286).
16 d) Soweit die Klägerin auch eine Divergenz des finanzgerichtlichen Urteils zu dem Senatsurteil vom X R 35/07 (BFH/NV 2009, 1249) geltend macht, vermag der angerufene Senat keine Entscheidungserheblichkeit zu erkennen. In dem bezeichneten Urteil hatte der Senat nicht über das im Streitfall bedeutsame Vorliegen einer bedingten Veräußerungsabsicht bei der Veräußerung von mehr als drei Objekten zu befinden. Er hatte vielmehr zu beurteilen, ob bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten andere gewichtige Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen. Dies sei dann der Fall, wenn sich aus diesen Umständen ergebe, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht vorgenommen worden seien (siehe Senatsurteil in BFH/NV 2009, 1249, unter II.1.b).
17 e) Die Klägerin hat auch keine greifbare Gesetzwidrigkeit der Vorentscheidung dargelegt. Zwar ist die Revision auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des FG zu einer „greifbar gesetzwidrigen” Entscheidung geführt hat. Eine greifbare Gesetzwidrigkeit liegt vor, wenn die angefochtene Entscheidung objektiv willkürlich erscheint, auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 159/13, BFH/NV 2014, 1743, unter 3., m.w.N.). Unterhalb dieser Grenze liegende erhebliche Rechtsfehler reichen nicht aus, um die Revision zuzulassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2011, 1367, m.w.N.). Anhaltspunkte für eine derart gesetzwidrige Entscheidung sind im Streitfall nicht erkennbar.
18 2. Das FG hat nicht dadurch gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, dass es nicht durch Beiziehung der Grundbuchakten den genauen Zeitpunkt der sachenrechtlichen Teilung des Mietwohngrundstücks festgestellt hat. Die Klägerin übersieht bei ihrer Verfahrensrüge, dass eine fehlende Sachaufklärung nur vorliegen kann, wenn das FG eine nach seiner materiell-rechtlichen Auffassung notwendige weitere Aufklärung des Sachverhaltes unterlassen hat (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. vom IX B 153/04, BFH/NV 2005, 1356; siehe auch Lange in HHSp, § 115 FGO Rz 225, m.w.N.). Das FG hat im Streitfall indes entscheidend und zu Recht bei der Prüfung der Voraussetzungen der Drei-Objekt-Grenze auf den Abschluss der notariellen Kaufverträge im Dezember 1996 und März 1997 abgestellt, so dass die Frage des Zeitpunkts der sachenrechtlichen Teilung des Mietwohngrundstücks für das Gericht nicht relevant war.
19 3. Warum das FG dadurch eine Überraschungsentscheidung getroffen haben und damit Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 76 FGO und § 96 FGO verletzt haben soll, dass es von ausreichenden Zählobjekten im Sinne der Drei-Objekt-Grenze ausgegangen ist, erschließt sich dem angerufenen Senat nicht. Sowohl im Einspruchs- als auch im Klageverfahren war unstreitig, dass die Klägerin im Zeitraum von Dezember 1996 und bis März 1997 fünf Kaufverträge über Eigentumswohnungen abgeschlossen hatte. Der Streit bezog sich vielmehr auf die unterschiedliche Bewertung der Parteien, wie diese Vorgänge unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Streitfalls im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zum gewerblichen Grundstückshandel zu beurteilen waren.
20 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
21 5. Von einer Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 834 Nr. 6
EStB 2015 S. 168 Nr. 5
StBW 2015 S. 407 Nr. 11
StBW 2015 S. 451 Nr. 12
YAAAE-87984