Notaraufsicht: Amtspflichten des Urkundsnotars im Rahmen der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen mit Verbraucherbeteiligung im Anschluss an freiwillige Grundstücksversteigerungen
Leitsatz
Zu den Amtspflichten des Notars aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG bei Beurkundungen von Grundstückskaufverträgen mit Verbraucherbeteiligung im Rahmen von Grundstücksversteigerungen (Käuferauswahlverfahren).
Gesetze: § 17 Abs 2a S 2 Nr 2 BeurkG, § 34b GewO, VerstV, VSchBeurkStärkG, § 13 BGB, § 156 BGB, § 311b Abs 1 S 1 BGB, § 311b Abs 3 BGB
Instanzenzug: OLG Dresden Az: DSNot 1/14
Tatbestand
1Die Beteiligten streiten über die Berechtigung des Klägers, Beurkundungen von Grundstückskaufverträgen im Anschluss an freiwillige Grundstücksversteigerungen bei Verbraucherverträgen ohne Zuleitung des Entwurfs der Urkunde an die Urkundsbeteiligten und ohne Einhaltung der Regelfrist gemäß § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vorzunehmen, wenn die Versteigerer im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 34b GewO sind und die Versteigerung nach den Regeln der Versteigerungsverordnung (VerstV) vorgenommen wird.
2Der Kläger ist Notar mit Amtssitz in Dresden. In der Vergangenheit war er regelmäßig von einem Versteigerer mit der Beurkundung von sogenannten bestätigenden Kaufverträgen nach einem durchgeführten Gebot-Zuschlagsverfahren beauftragt worden. Nach dem Inkrafttreten des durch das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren vom (BGBl. I S. 2378) geänderten § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG befürchtete er, dass der Beklagte als dienstaufsichtsführende Behörde die Fortführung seiner bisherigen Beurkundungspraxis mit dem Verzicht auf eine zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin erfolgende Zuleitung des Urkundenentwurfs an die Urkundsbeteiligten beanstanden würde. Auf seine schriftliche Anfrage hin teilte ihm der Beklagte durch Schreiben vom unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa mit, die Beurkundung notarieller Kaufverträge, die unmittelbar an den Zuschlag in einem Käuferfindungsverfahren erfolge, könne lediglich bei Vorliegen besonderer rechtfertigender Umstände dienstrechtlich zulässig sein. Maßgeblich seien die Verhältnisse des konkreten Falles. Dabei käme der Frage, ob dem am Geschäft beteiligten Verbraucher ein von dem Notar zuvor bereitgestellter Vertragstext zur Verfügung stehe, besondere Bedeutung zu.
3Im Hinblick auf dieses Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein und bat um eine rechtsmittelfähige Entscheidung. Angesichts der an ihn herangetragenen Beurkundungswünsche dürfe er nicht der Gefahr ausgesetzt werden, dienstrechtlich belangt zu werden.
4Mit Bescheid vom wies der Beklagte den Widerspruch mangels Verwaltungsakteigenschaft des Schreibens vom als unzulässig zurück. Im Übrigen hielt der Beklagte den Widerspruch auch für unbegründet. Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung lasse sich aus der Entstehungsgeschichte des nunmehr geltenden § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nicht entnehmen, dass bei "freiwilligen Grundstücksversteigerungen" eine begründete Ausnahme von der Einhaltung der in der genannten Vorschrift enthaltenen Anforderungen vorliege.
5Der Kläger erhob daraufhin Klage und beantragte,
den Bescheid vom in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom … aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, die Beurkundung von freiwilligen Grundstücksversteigerungen, die von Versteigerern, die im Besitz der Erlaubnis nach § 34b GewO sind, und die gemäß den Vorschriften der VerstV durchgeführt werden, auch bei Verbraucherverträgen unter Abbedingung von § 156 BGB vorzunehmen, ohne zuvor gemäß § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 2 BeurkG den Entwurf dieser Urkunde den Urkundsbeteiligten zuzuleiten und ohne die Regelfrist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vor Beurkundung einzuhalten,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsansicht des erkennenden Senats Auskunft zu dieser Fragestellung zu erteilen.
6Zur Begründung berief sich der Kläger u.a. auf den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens und machte geltend, der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages habe in seiner Beschlussempfehlung (BT-Drucks. 17/13137 S. 4 rechte Spalte) zugrunde gelegt, bei "freiwilligen Grundstücksversteigerungen" liege eine begründete Ausnahme von dem Regelfall der zweiwöchigen Frist des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vor. Mit den "freiwilligen Grundstücksversteigerungen" könnten nicht nur Beurkundungen von Zuschlägen nach § 156 BGB gemeint gewesen sein. Vielmehr hätten auch Beurkundungen bei abbedungenem § 156 BGB erfasst werden sollen.
7Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Diese sei zum Feststellungsantrag zulässig aber unbegründet, zum Hilfsantrag dagegen unzulässig. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Kläger nicht berechtigt, in dem von ihm begehrten Umfang Beurkundungen vorzunehmen. Dem Antrag lasse sich nicht entnehmen, auf welche Weise der von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG angestrebte Übereilungsschutz berücksichtigt werden solle.
8Der Kläger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und beantragt,
das Urteil des OLG Dresden vom dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird, dass er berechtigt ist, die Beurkundung von freiwilligen Grundstücksversteigerungen, die von Versteigerern, die im Besitz der Erlaubnis nach § 34b GewO sind und die gemäß der VerstV durchgeführt werden, auch bei Verbraucherverträgen unter Abbedingung von § 156 BGB vorzunehmen, ohne zuvor gemäß § 17 Abs. 2a Nr. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BeurkG den Entwurf dieser Urkunde den Urkundsbeteiligten zuzuleiten und ohne die Regelfrist von zwei Wochen des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vor Beurkundung einzuhalten.
9Er macht im Wesentlichen geltend, bei Beurkundungen unter den im Klageantrag bzw. Berufungsantrag genannten Voraussetzungen liege eine Ausnahme von dem Regelfall des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vor. Auch bei Abbedingen des § 156 BGB handele es sich um eine "Versteigerung". Gerade bei freiwilligen Versteigerungen sollte nach der im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Auffassung des Gesetzgebers eine Ausnahme vorliegen.
10Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
11Er macht vor allem geltend, dass es für eine Ausnahme von den Erfordernissen des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG nicht darauf ankomme, ob eine "Versteigerung" erfolge. Maßgeblich sei, ob ein Kaufvertrag im Sinne von § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB abgeschlossen werde. Bei Abbedingen von § 156 BGB komme ein wirksamer Kaufvertrag nach Zuschlagerteilung erst mit der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags zustande. Eine Ausnahmesituation liege dann gerade nicht nahe.
Gründe
12Die Berufung ist nicht begründet. Zwar ist die Feststellungsklage des Klägers gemäß § 43 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO zulässig (1.). Sie ist jedoch unbegründet, weil der Kläger nicht berechtigt ist, zukünftig unter den im Feststellungsantrag genannten Bedingungen Beurkundungen von Grundstückskaufverträgen vorzunehmen (2.).
131. Aus den von dem Oberlandesgericht genannten Gründen liegen die Zulässigkeitsvoraussetzungen der erhobenen Feststellungsklage vor. Insbesondere besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen dem klagenden Notar und dem Beklagten als die Dienstaufsicht über den Kläger führende Behörde (§ 93 Nr. 2 BNotO). Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von natürlicher oder juristischer Person untereinander ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (siehe nur Möstl in Gärditz, VwGO, § 43 Rn. 35 mwN). Das Rechtsverhältnis muss dabei hinreichend konkret sein und sich auf einen bestimmten Sachverhalt beziehen (BVerwGE 124, 47, 54; BVerwGE 129, 199, 207). Diese Voraussetzungen sind typischerweise gegeben, wenn sich die begehrte Feststellung darauf bezieht, ob in einem konkreten Rechtsverhältnis bestimmte gesetzliche Verhaltenspflichten einzuhalten sind (vgl. BVerwGE 124, 47, 53 f.; siehe auch Möstl aaO).
14So verhält es sich hier. Das Feststellungsbegehren des Klägers zielt darauf ab, eine Klärung darüber herbeizuführen, ob der Beklagte bei der zukünftigen Vornahme von Beurkundungen unter den genannten Umständen dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen ihn ergreifen würde. Angesichts der nach seinem Vorbringen bisher erfolgten Vielzahl von Beurkundungen von Kaufverträgen im Anschluss an Grundstücksversteigerungen besteht vor dem Hintergrund des nunmehr in § 50 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. b BNotO enthaltenen Amtsenthebungsgrundes ein qualifiziertes Interesse (siehe Möstl aaO § 43 Rn. 27) an der Feststellung der Gesetzmäßigkeit seiner zukünftigen Beurkundungspraxis bei Verbraucherverträgen im Sinne von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG.
152. Der Feststellungsantrag des Klägers ist aber nicht begründet. Er ist grundsätzlich nicht berechtigt, Beurkundungen unter den in seinem Antrag genannten Bedingungen ohne Erfüllung der Verpflichtungen aus § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG vorzunehmen.
16a) § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG statuiert Amtspflichten des Notars gegenüber Verbrauchern als Beteiligte des beurkundeten Geschäfts (vgl. , BGHZ 196, 166, 172 Rn. 15; Grziwotz notar 2013, 343, 344). Wie der Bundesgerichtshof bereits zu der Vorschrift in ihrer bis geltenden Fassung entschieden hat, bezweckt diese Übereilungs- und Überlegungsschutz zugunsten des Verbrauchers (, aaO S. 174 Rn. 20 mwN). Die Einhaltung der auch in der früheren Fassung enthaltenen zweiwöchigen Frist steht nicht zur Disposition der Urkundsbeteiligten (, aaO). Der Gesetzgeber hat mit der Änderung von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG durch das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren vom (BGBl. I S. 2378) die im früheren Recht vorhandenen Schutzlücken gerade im Hinblick auf die Einhaltung der zweiwöchigen Frist zwischen Erhalt eines Urkundenentwurfs und dem Beurkundungstermin schließen wollen (BT-Drucks. 17/12035 S. 6 f.; BR-Drucks. 619/12 S. 2; siehe auch die zu Protokoll genommenen Redebeiträge der Abgeordneten Voßhoff, Strässer, Dyckmans, Petermann und Hönlinger in der 225. Sitzung des 17. Deutschen Bundestages vom - Plenarprotokoll S. 28113 - 28118). Damit kommt der Einhaltung der grundsätzlich bestehenden Amtspflichten des Notars, dem Verbraucher im Regelfall zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin einen von dem Notar stammenden Urkundsentwurf zur Verfügung zu stellen, um der Sicherung der verfolgten Schutzzwecke willen noch größere Bedeutung zu als im früheren Recht. Nach den Vorstellungen des Reformgesetzgebers soll das erhöhte Schutzniveau u.a. durch die bessere Kontrolle der Fristeinhaltung durch den Notar selbst (BT-Drucks. 17/12035 S. 6 rechte Spalte; Heckschen/Strnad ZNotP 2014, 122) sowie dessen Pflicht zur Dokumentation bei Abweichen von dem Regelfall der zweiwöchigen Frist gewährleistet werden (BT-Drucks. 17/12035 S. 7 linke Spalte). Durch die nunmehr ausdrücklich an den Notar adressierte Pflicht der Überlassung des Entwurfs an den Verbraucher will der Gesetzgeber zudem bewirken, dass der Verbraucher den Notar als die für den Vertrag und dessen Inhalt verantwortliche, als Ansprechpartner zur Verfügung stehende Person stärker wahrnimmt (BT-Drucks. 17/12035 S. 7 linke Spalte; Heckschen/Strnad ZNotP 2014, 122, 124).
17b) Dem von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG normierten Regelfall entspräche die von dem Kläger auch nach der Gesetzesänderung geplante Beurkundungspraxis nach einer Versteigerung nicht. Entgegen seiner Rechtsauffassung liegt aber auch keine durch die Sollregelung in der genannten Vorschrift eröffnete begründete Ausnahme vor.
18Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG a.F. kommt ein Abweichen von der Regelfrist nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall nachvollziehbare Gründe - auch unter Berücksichtigung der Schutzinteressen des Verbrauchers - es rechtfertigen, die dem Verbraucher zugedachte Schutzfrist zu verkürzen. Voraussetzung für die Nichteinhaltung ist ein sachlicher Grund für ihre Abkürzung. Dafür muss der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz auf andere Weise als durch Einhaltung der Regelfrist gewährleistet sein (, aaO S. 174 Rn. 20 mwN). Wie sich aus dem Gesetzgebungsverfahren ergibt, ist mit der Reform der Vorschrift eine Stärkung des Verbraucherschutzes durch das Schließen von Schutzlücken im früheren Recht angestrebt worden (II.2.a). Der Regelungsmechanismus und die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Vorschrift sollten dagegen nicht verändert werden, sondern die in Rechtsprechung und Literatur zum bisherigen Recht gewonnenen Erkenntnisse weiter in Geltung bleiben (BT-Drucks. 17/12035 S. 6 rechte Spalte). Die Anforderungen an das Vorliegen einer Ausnahme von der zweiwöchigen Frist und der Übersendung eines die individualisierenden Vertragsdaten enthaltenden Urkundenentwurfs (zu Letzterem Grziwotz notar 2013, 343, 345) können daher keineswegs geringer sein, als zum früheren Recht anerkannt.
19c) An diesen Maßstäben gemessen kann die von dem Kläger in seinem Feststellungsantrag dargelegte Beurkundungspraxis keine ausreichenden sachlichen Gründe für ein Abgehen von der grundsätzlich einzuhaltenden Pflicht des Notars bei der Beurkundung von Grundstückskaufverträgen, an denen Verbraucher (§ 13 BGB) beteiligt sind, gewährleisten.
20Die von dem Kläger angesprochene Möglichkeit, das Muster des später zu beurkundenden Vertrages auf der Homepage des Notars vorzuhalten, bietet keine dem von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG als Grundsatz verlangten Schutzniveau äquivalente Sicherung. Zum einen können, etwa im Hinblick auf den noch offenen Kaufpreis, nicht alle für den Vertrag wesentlichen Elemente berücksichtigt werden. Zum anderen kann der Notar nicht ohne weitere Schutzmechanismen überprüfen, ob in Bezug auf den späteren konkreten Käufer die erforderliche Überlegungsfrist eingehalten ist. Ob und wann der Ersteigerer und Käufer von der Möglichkeit des Zugriffs auf den - unvollständigen - Vertragsentwurf Gebrauch gemacht hat, entzieht sich regelmäßig der Kenntnis des Notars. Mit der Reform der Vorschrift sollte aber gerade diese Schutzkomponente gestärkt werden. Darüber hinaus hat der Beklagte zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass bei der von dem Kläger weiterhin vorgesehenen Beurkundungspraxis die ihm zukommende Beratungsfunktion (auch) zugunsten des Verbrauchers als Erwerber nicht effektiv gewährleistet werden kann.
21In der Gesamtschau der vorgenannten Aspekte bleiben bei der Beurkundung nach § 311b Abs. 1 BGB beurkundungspflichtiger Verträge von Verbrauchern unter den von dem Kläger genannten Bedingungen nach einer Versteigerung die Schutzmöglichkeiten zugunsten der Verbraucher so weit hinter dem im Regelfall des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG bestehenden Schutz zurück, dass von einer anderweitigen Gewährleistung des vom Gesetz bezweckten Übereilungs- und Überlegungsschutzes (vgl. , BGHZ 196, 166 Rn. 20) nicht gesprochen werden kann.
22d) Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Gesetzgebungsverfahren zu dem Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren. Zwar wird in der am und damit gut zwei Monate nach dem Urteil des III. Zivilsenats des (aaO) zu § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG verabschiedeten Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks. 17/13137) eine "freiwillige Grundstücksversteigerung" als eine "begründete Ausnahme" von dem Regelfall der zu reformierenden Vorschrift genannt (BT-Drucks. 17/13137 S. 4 rechte Spalte). Dass damit eine Beurkundungspraxis, wie sie der Kläger in den Blick nimmt, erfasst werden sollte, lässt sich dem jedoch nicht entnehmen. Die in der Beschlussempfehlung angestellte Erwägung, bei "freiwilligen Grundstücksversteigerung(en)" könne zwei Wochen vor dem Beurkundungstermin niemand wissen, wer den Zuschlag erhalte und ob es sich bei dem zu beurkundenden Rechtsgeschäft um einen Verbrauchervertrag handeln werde, betrifft sowohl Versteigerungen, bei denen gemäß § 156 BGB der schuldrechtliche Vertrag durch Zuschlag zustande kommt, als auch solche, bei denen § 156 BGB - rechtlich möglich (, BGHZ 138, 339, 343 mwN) - abbedungen ist. Die Rahmenbedingungen der Versteigerungen unterscheiden sich jedoch erheblich. Wie bereits angesprochen erfüllt der eine Grundstücksversteigerung bei Anwendung von § 156 BGB beurkundende Notar seine Beratungs- und Belehrungspflichten bereits während des in seiner Anwesenheit stattfindenden Versteigerungsverfahrens selbst (vgl. insoweit , aaO S. 340). Unter diesen Bedingungen kann eine begründete Ausnahme vom Regelfall des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG in Betracht kommen.
23Anders verhält es sich jedoch aus den bereits genannten Gründen bei abbedungenem § 156 BGB. Eine solche "unechte" Versteigerung ist letztlich lediglich ein Käuferauswahlverfahren, dem ein gewöhnlicher (Verbraucher-)Grundstückskaufvertrag nachfolgt, bei dem der Notar zwanglos sämtliche Verpflichtungen aufgrund des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG beachten und erfüllen kann. Da der Gesetzgeber mit der Änderung des § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG die im bis Ende September 2013 geltenden Recht vorhandenen Lücken im Verbraucherschutz bei Grundstücksverträgen gerade schließen wollte, liegt fern, die von dem Kläger weiterhin geplante Beurkundungspraxis als eine begründete Ausnahme anzusehen. Weder der Übereilungs- und Überlegungsschutz noch die vom Gesetzgeber auch angestrebte fachkundige und neutrale Beratung durch den Notar im Vorfeld der Beurkundung (BT-Drucks. 17/12035 S. 7 linke Spalte) werden in der einen Ausnahmefall begründenden Weise gewährleistet. Der von der gewerberechtlichen Erlaubnis des Versteigerers gemäß § 34b GewO ausgehende Schutz ist nicht mit den von § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG bezweckten Schutzwirkungen vergleichbar.
243. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO in Verbindung mit § 52 Abs. 2 GKG.
Galke Diederichsen Radtke
Strzyz Frank
Fundstelle(n):
DB 2015 S. 7 Nr. 11
DNotZ 2015 S. 314 Nr. 4
NJW-RR 2015 S. 951 Nr. 15
WM 2015 S. 889 Nr. 18
ZIP 2015 S. 1073 Nr. 22
DAAAE-85875