Voraussetzungen der nachträglichen Bildung einer Rücklage i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b Satz 1 EStG
Mittelreservierung für betriebliche Zwecke i. S. der Rdnr. 23 des i. d. geänderten Fassung vom (Anhang 14 I KStH 2008)
Bezug: BStBl 2002 I S. 935, BStBl 2005 I S. 831
Es ist gefragt worden, unter welchen Voraussetzungen eine Rücklage im Sinne des § 20 EStG nachträglich gebildet werden kann, um die Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer zu mindern oder durch die Betriebsprüfung festgestellte Mehrgewinne auszugleichen. Bei dem zugrundeliegenden Fall wurde während der Betriebsprüfung von einem Betrieb gewerblicher Art vorgetragen, dass eine Zuführung zu den oben genannten Rücklagen erfolgt sei. Es fehlten jedoch Angaben darüber, in welcher Höhe und für welche konkreten Vorhaben eine Rücklage gebildet wurde.
Der Gewinn kann den Rücklagen grundsätzlich auch nach dem Entstehungszeitpunkt der Kapitalertragsteuer zugeführt werden.
Die Grundsätze zur nachträglichen Bildung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 1 EStG bzw. von Ansparrücklagen nach § 7g Abs. 3 EStG a. F., nach denen eine nachträgliche Inanspruchnahme – mangels Finanzierungszusammenhang – nicht mehr möglich ist, wenn die Maßnahme bereits durchgeführt wurde, sind jedoch nicht auf die Bildung von Rücklagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG übertragbar. Zwar setzt auch die Bildung von Rücklagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG voraus, dass die Mittel für bestimmte Vorhaben, wie zum Beispiel die Anschaffung von Anlagevermögen, angesammelt werden. Dabei besteht jedoch kein so enger Zusammenhang zwischen der Steuerstundung und der Finanzierung künftiger Investitionen wie in den Fällen des Investitionsabzugsbetrags oder der Ansparrücklagen. Vielmehr ist die Bildung einer solchen Rücklage auch dann möglich, wenn die Gewinne im Jahr ihrer Entstehung – und damit zeitlich bereits vor der Rücklagenbildung – reinvestiert werden (Rdnr. 23 Satz 6 des BStBl 2002 I S. 935 unter Berücksichtigung der Änderungen durch das BStBl 2005 I S. 831, Anhang 14 I KStH 2008). Demnach kann die nachträgliche Bildung einer entsprechenden Rücklage auch nicht mit der Begründung versagt werden, dass die geplante Investition im Zeitpunkt der Rücklagenbildung bereits durchgeführt wurde.
Die nachträgliche Bildung einer Rücklage nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b EStG setzt – in Anlehnung an die allgemeinen Voraussetzungen für die Bildung einer entsprechenden Rücklage (siehe Rdnr. 23 Satz 2 ff. des unter Berücksichtigung der Änderungen durch das a. a. O.) – vielmehr voraus, dass bereits mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem die in die Rücklage einzustellenden Gewinne entstanden sind, konkrete Pläne für ein bestimmtes Vorhaben und für dessen Durchführung bestanden haben. Die Steuerpflichtige trägt insoweit die Beweislast dafür, welche konkreten Vorhaben zu diesem Zeitpunkt geplant waren. Dabei genügt es nicht, das einzelne Vorhaben nur zu benennen. Vielmehr muss die Steuerpflichtige glaubhaft machen, dass bereits am Ende des Wirtschaftsjahres, dessen Gewinn den Rücklagen zugeführt werden soll, konkrete Zeitvorstellungen für die Durchführung des Vorhabens bestanden, zumindest aber die Durchführung ernsthaft beabsichtigt war.
Wurde von Seiten der Steuerpflichtigen nicht vorgetragen, in welcher Höhe und insbesondere für welche konkreten Vorhaben eine Rücklage gebildet wurde, ist die Rücklagenbildung nicht anzuerkennen. Entsprechende Angaben können jedoch unter Vorlage glaubhafter Nachweise nachgereicht werden, soweit eine Berücksichtigung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften noch möglich ist.
In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass bei Vorhaben, deren Umsetzung einen Beschluss, z. B. des Stadt- oder des Gemeinderates erfordern, die nachträgliche Bildung der Rücklage grundsätzlich voraussetzt, dass ein entsprechender Beschluss bereits zum Ende des Wirtschaftsjahres, dessen Gewinn in die Rücklagen eingestellt werden soll, vorliegt.
OFD
Chemnitz v. - S2407-3/20-St21
Fundstelle(n):
AAAAE-85769