BSG Beschluss v. - B 10 SF 2/14 BH

Instanzenzug: S 5 AL 92/05 ZVW

Gründe:

1Mit Urteil vom , dem Kläger zugestellt am , hat das Hessische LSG die Wiederaufnahmeklage des Klägers nach § 180 Abs 1 Nr 2 SGG als unzulässig verworfen, mit der dieser die Wiederaufnahme mehrerer bereits abgeschlossener Verfahren anstrebt, die auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben infolge eines im Jahre 1991 beim Schulsport erlittenen Arbeitsunfalls gerichtet waren. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren iS des § 180 Abs 1 Nr 2 SGG lägen bereits nicht vor, so das LSG, weil ein sogenannter negativer Kompetenzkonflikt in Bezug auf eine bestehende Leistungsverpflichtung nicht vorliege. Der Beklagte zu 6. habe als Leistungsträger im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende einen Anspruch des Klägers auf Leistungsgewährung nach den Vorschriften des SGB II anerkannt (L 6 AS 8/08). Eine weitergehende Anspruchsdurchsetzung komme vorliegend für den Kläger nicht in Betracht, weil im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens nach § 180 Abs 1 Nr 2 SGG dem Gericht bei tatsächlichem Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes nur die Bestimmung des Leistungspflichtigen gestattet sei. Mit Schreiben vom , eingegangen am selben Tage, hat sich der Kläger an das BSG gewandt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die beabsichtigte Durchführung eines Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

2Der PKH-Antrag des Klägers ist unbegründet. Es kann offenbleiben, ob der Kläger, wie § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO voraussetzt, nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG jedenfalls nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

3Hinreichende Erfolgsaussicht hätte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen lässt sich nach Aktenlage unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe des LSG-Urteils und des Vortrags des Klägers keiner feststellen.

4Zunächst ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von dem Kläger angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl BSGE 40, 40 = SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind hier nicht ersichtlich. Nach § 180 Abs 1 Nr 2 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig, wenn eine oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist. Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des LSG nicht vor, vielmehr hat der Beigeladene zu 6. seine Pflicht zur Leistungsgewährung bindend anerkannt. Vor diesem Hintergrund könnte weder eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG (vgl hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10) noch eine mangelhafte Beweiswürdigung (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG) im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde mit Erfolg gerügt werden.

5Eine Zulassung nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG scheidet ebenfalls aus. Die danach erforderliche Abweichung (Divergenz) ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil auf einer bestimmten Rechtsauffassung beruht, die zu der in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG zugrunde gelegten Rechtsansicht im Widerspruch steht. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Vorinstanz hat sich am Gesetzestext orientiert, ohne dass eine abweichende Rechtsanwendung ersichtlich wäre.

6Schließlich ist auch kein Verfahrensmangel ersichtlich, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Auf eine Verletzung der Sachverhaltsaufklärungspflicht (§ 103 SGG) wird eine Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb nicht gestützt werden können, weil es auf die von dem im Berufungsverfahren anwaltlich nicht vertretenen Kläger gestellten Beweisanträge nicht ankommt. Hierzu hat bereits das LSG in seiner angefochtenen Entscheidung vom (Seite 7) ausgeführt, dass eine unaufgeklärte Tatsache nicht vorliege, weil der berufliche Rehabilitationsbedarf des Klägers nach dem Anerkenntnis des Beklagten zu 6. in dem Verfahren L 6 AS 8/08 bereits feststehe. Wie das LSG in seiner angefochtenen Entscheidung ebenfalls ausgeführt hat, kommt es im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens nach § 180 Abs 1 Nr 2 SGG lediglich auf die Bestimmung des Leistungspflichtigen und nicht auf die inhaltliche Ausgestaltung der Leistungen selbst an.

7Eine Erfolgsaussicht lässt sich für eine mögliche Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs (vgl § 62 SGG) ebenfalls nicht feststellen. Mit dieser kann ein Beteiligter nur dann durchdringen, wenn er vor dem LSG alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich Gehör zu verschaffen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 62 RdNr 11a mwN). Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Klägers zu § 120 Abs 1 SGG, weil es das LSG unterlassen habe, die Verwaltungsakten der jeweiligen Beklagten beizuziehen. Zwar kann die fehlende Information der Beteiligten über die dem Gericht von dem Beklagten oder einer anderen Behörde vorgelegten Verwaltungsakten oder die einem Beteiligten nicht gewährte Einsicht in zu dem Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten ein solcher Verfahrensmangel sein, wenn das Gericht seine Entscheidung auf diese Unterlagen stützt (vgl - Juris RdNr 7). Allerdings hat der Kläger selbst vorgetragen, dass er antragsgemäß am in die Akten des Gerichts hat Einsicht nehmen können und dass das LSG die Verwaltungsakten der Beklagten nicht beigezogen habe. Tatsächlich hat das LSG seine Entscheidung auch nicht auf derartige Unterlagen gestützt, sodass diese auch nicht auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sich der Kläger nicht hat äußern können.

8Da dem Kläger nach alledem keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Fundstelle(n):
JAAAE-85552