BSG Beschluss v. - B 12 R 1/14 BH

Instanzenzug: S 22 R 1817/12

Gründe:

I

1Der Kläger beantragt Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.

2Im August 2011 beantragte der Kläger die Statusfeststellung seiner Beschäftigung bei der R. GmbH, deren Durchführung die Beklagte mit Bescheid vom ablehnte. Die Klage hat das SG abgewiesen, weil sie wegen des Fehlens eines Vorverfahrens unzulässig sei (Gerichtsbescheid vom ). Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom aufgehoben (Bescheid vom ) und nach Anhörung des Klägers dessen Versicherungspflicht in einer Tätigkeit bei der R. GmbH in der Zeit vom 9.5. bis festgestellt (Bescheid vom , Widerspruchsbescheid vom ). Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom zurückgewiesen: In Würdigung beigezogener Gutachten habe es keine Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers. Dieser habe jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung des Verfahrens mehr, da seine Beschwer mit Aufhebung des Bescheides vom entfallen sei. Die hiernach ergangenen Bescheide vom und seien nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

3Der Kläger hat beim BSG mit Schreiben vom PKH für die Nichtzulassungsbeschwerde "oder" die Revision gegen das vorgenannte Urteil des LSG beantragt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und verschiedene Verfahrensfehler des LSG geltend (vgl § 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG).

II

4Der Antrag auf Bewilligung von PKH und der damit verbundene Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 Abs 1 S 1 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

5Der Kläger war im vorangegangenen Verfahren nicht prozessunfähig und ist es auch nicht in diesem Verfahren (a). Seine Rechtsverfolgung bietet keine Aussicht auf Erfolg (b) und erscheint mutwillig (c). Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).

6a) Der Senat hielt und hält den Kläger für prozessfähig. Der Senat hat, nachdem das EK) ausführlich zur Prozessfähigkeit des Klägers Stellung genommen und dessen Prozessfähigkeit nach Einholung bzw Beiziehung medizinischer/psychiatrischer Sachverständigengutachten bejaht hat, die Sachverständigengutachten des Instituts ..., Prof. Dr. K. (vom ), des Zentrums für Psychiatrie W., Dr. R. (vom und vom ) sowie des Bezirkskrankenhauses G., Privatdozent Dr. N. (vom ) beigezogen; dies wurde den Beteiligten mitgeteilt. Der Senat ist nach Auswertung und Würdigung der Gutachten sowie in Kenntnis des schriftsätzlichen Vorbringens des Klägers zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger zwar von einer verfestigten Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und querulatorischen Zügen auszugehen ist. Auch wenn er in den letzten Jahren hunderte von Verfahren anhängig gemacht hat und seine Entscheidungen zur Prozessführung nicht oder nur schwer nachvollziehbar sind, fehlt es aber an Hinweisen auf eine schwere Psychopathologie, die zur Prozessunfähigkeit führen könnte. Vielmehr hat der Senat - übereinstimmend zB mit dem 3. Senat des LSG Baden-Württemberg (vgl Urteil vom - L 3 AL 527/14) - den Eindruck gewonnen, dass der Kläger durchaus weiß, was er will und was er tut. Es bereitet ihm Freude, die Gerichte zu beschäftigen oder gar lahmzulegen. Jedenfalls ist seine Fähigkeit, im Rahmen dieses Interesses zahlreiche Verfahren zielgerichtet zu verfolgen und jeweils durchaus situationsangemessen vorzutragen und auf gerichtliche Verfügungen zu reagieren, nach Überzeugung des Senats nicht beeinträchtigt oder beeinträchtigt gewesen. Schon deshalb konnte auch von der Bestellung eines besonderen Vertreters (§ 72 SGG) abgesehen werden.

7b) Die Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Einzig mögliches Rechtsmittel gegen die angefochtene LSG-Entscheidung ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a SGG).

8Es lässt sich kein Verfahrensfehler erkennen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Der Kläger verkennt schon, dass ein Urteil vorliegt, das seine Prozessfähigkeit ausdrücklich bejaht hat. Auch im Übrigen sind bei der gebotenen summarischen Prüfung keine Verfahrensfehler des LSG ersichtlich, auf denen dessen Entscheidung beruhen könnte. Insbesondere hat das Berufungsgericht auch den Anwendungsbereich des § 96 Abs 1 SGG nicht verkannt, in dem es über die Bescheide vom und nicht entschieden hat. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn der Bescheid vom war zuvor bereits von der Beklagten mit Bescheid vom aufgehoben worden und letzterer ist durch die Bescheide vom und weder abgeändert noch ersetzt worden. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das vom Kläger angegriffene Urteil des LSG auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bislang nicht hinreichend geklärte Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Dass im Rechtsstreit des Klägers solche Rechtsfragen entscheidungserheblich im Raum stehen, ist nicht ersichtlich. Schließlich könnte der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Denn das LSG ist in der angefochtenen Entscheidung nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.

9c) Die Rechtsverfolgung des Klägers erscheint auch mutwillig. Ein nicht bedürftiger Beteiligter würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ohne PKH sein Recht nicht in gleicher Weise verfolgen (vgl - NJW 2010, 3522; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl 2014, § 114 RdNr 7). Der Kläger konnte nicht deutlich machen, welches sachlich berechtigte Interesse er im Verfahren noch verfolgen will.

Fundstelle(n):
UAAAE-84452