Einkommensteuergesetz: Klagebefugnis
und Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid bei
einer Simultaninsolvenz einer GmbH & Co KG, Zulässigkeit einer Klageänderung
bei einem Gewinnfeststellungsbescheid
Leitsatz
1. Das Insolvenzverfahren über
das Vermögen einer Personengesellschaft berührt das einheitliche
Gewinnfeststellungsverfahren nicht, da seine steuerlichen Folgen die
Gesellschafter persönlich betreffen. Das gerichtliche Verfahren
wird unterbrochen, wenn über das Vermögen einer Gesellschafterin
das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, wenn diese Gesellschafterin
selbst gemäß § 48 FGO klagebefugt und dementsprechend gem. § 60
Abs. 3 FGO notwendig beizuladen ist.
2. Die im Klageverfahren wegen
einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO gesetzlich angeordnete Prozessführungsbefugnis
der Personengesellschaft endet (erst) mit deren Vollbeendigung.
Die Klagebefugnis einer Personengesellschaft als Prozessstandschafterin
gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO erstreckt sich selbst auf
solche Streitfragen, die nur einen an der Gesellschaft Beteiligten
i. S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehen.
3. Die Personengesellschaft
wird für das Feststellungsverfahren als insolvenzfreie Angelegenheit
durch die zur Vertretung berufene Komplementär-GmbH vertreten, wenn
diese im Gesellschaftsvertrag als Liquidatorin bestimmt ist, denn
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin
stellt gem. § 131 Abs. 1 Nr. 3 HGB einen Auflösungsgrund dar.
4. Wird gegen einen Feststellungsbescheid
i. S. von §§ 179, 180 AO Klage erhoben, können Streitgegenstand
die einzelnen gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen sein
(§ 157 Abs. 2 AO). Diese sind selbst Regelungsgegenstand des Steuerverwaltungsakts.
Das gilt z. B. für die Qualifikation der Einkünfte, das Vorliegen
einer Mitunternehmerschaft, die Höhe des Gesamtgewinns, des laufenden Gewinns,
eines Veräußerungsgewinns oder eines Sondergewinns. Der Feststellungsbescheid
stellt sich daher als eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen
von Besteuerungsgrundlagen dar, die -soweit sie eine rechtlich selbständige Würdigung
enthalten-- auch als selbständiger Gegenstand eines Klageverfahrens in
Betracht kommen und demgemäß einem eigenständigen prozessualen Schicksal
unterliegen. Eine Klage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid
kann demzufolge verschiedene Zielsetzungen haben. Welche Besteuerungsgrundlagen
der Kläger mit seiner Klage angreift und damit zum Streitgegenstand
des finanzgerichtlichen Verfahrens gemacht hat, ist in erster Linie
durch Auslegung der Klageschrift oder der darin ausdrücklich in
Bezug genommenen Schriftstücke zu ermitteln.
5. Ändert die Klägerin nach
der Erhebung der Klage ihr Begehren, ist dies nur noch unter den
Voraussetzungen des § 67 FGO möglich, denn eine Klageänderung liegt auch
dann vor, wenn ein weiterer Klagegegenstand, auch hilfsweise, in
das Verfahren eingeführt wird. Bei Gewinnfeststellungsbescheiden
stellt der Übergang von der einen Feststellung zu einer anderen
Feststellung ebenfalls eine Klageänderung dar. Eine Klageänderung
ist nur zulässig, wenn auch die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen
vorliegen. Eine Klageänderung bei einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage
ist nur innerhalb der Klagefrist zulässig. Werden innerhalb der
Klagefrist nur bestimmte Feststellungen angegriffen, tritt hinsichtlich
der übrigen Feststellungen Unanfechtbarkeit ein.
Fundstelle(n): BB 2015 S. 664 Nr. 12 DStR 2016 S. 12 Nr. 5 DStRE 2016 S. 307 Nr. 5 EFG 2015 S. 660 Nr. 8 Ubg 2016 S. 241 Nr. 4 QAAAE-84316
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Finanzgericht Hamburg, Urteil v. 15.12.2014 - 6 K 30/14
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