BGH Beschluss v. - VII ZR 259/13

Revisionsverfahren: Eingeschränkte Überprüfbarkeit einer erstinstanzlichen Vertragsauslegung zur Schuldübernahme

Gesetze: § 286 ZPO, § 546 ZPO, § 133 BGB, § 157 BGB

Instanzenzug: Az: VII ZR 259/13 Beschlussvorgehend Az: I-21 U 107/12 Urteilvorgehend LG Duisburg Az: 1 O 312/11 Urteil

Gründe

I.

1Die Klägerin verlangt von der beklagten Kirchengemeinde Zahlung von Architektenhonorar, insbesondere im Hinblick auf einen angeblichen Schuldbeitritt seitens der Beklagten.

2Auf der Grundlage eines Honorar- und Leistungsangebots für einen Generalplanungsauftrag beauftragte die E. W. gGmbH am die Klägerin mit Architektenleistungen im Zusammenhang mit dem Umbau und der Erweiterung des St. E. Stiftes in M.

3Die Kirchengemeinde St. E., aus der die Beklagte durch Zusammenschluss mit der Kirchengemeinde St. B. im Jahr 2006 hervorgegangen ist, schloss mit der E. W. gGmbH, die damals noch als St. E. Stift gGmbH firmierte, mit Wirkung zum einen "Betriebsübertragungs-, Grundstücksund Gebäudevertrag" (fortan: Betriebsübertragungsvertrag), der am schriftlich abgefasst wurde. Am wurde der Vertrag vom Bischöflichen Generalvikariat kirchenaufsichtlich genehmigt. Der gGmbH wurde das Recht zur Weiterentwicklung der Einrichtung, insbesondere der Nutzung der Grundstücke im Sinne des Gesellschaftsvertrags durch Umbauten oder Ergänzungsbauten, eingeräumt. § 12 des Vertrags, der Regelungen zur Beendigung des Vertrags enthält, lautet auszugsweise wie folgt:

"1. Der Bestandteil des Vertrags "Überlassung von Gebäude und Boden" wird fest auf dreißig Jahre vereinbart...

2. Bei Vertragsende sind Gebäude und Boden, welche Vertragsgegenstand sind oder waren, zurückzugeben. Hat die stift gGmbH für bei Vertragsbeginn übertragene Gebäude und Boden inzwischen einen Ersatz vorgenommen oder erhalten oder Ersatzansprüche erworben (Surrogation), so sind diese herauszugeben bzw. zu übertragen. Dabei sind Wertunterschiede nicht auszugleichen, soweit in der Vergangenheit Entlastung von der Gesellschafterversammlung erteilt worden ist.

In alle von der stift gGmbH übernommenen Verbindlichkeiten tritt nach Maßgabe dieses Vertrages wieder die Kirchengemeinde ein und stellt die stift gGmbH ihrerseits davon frei.

3. Soweit Förderungsmittel dazu verwendet wurden, Gebäude oder bauliche Anlagen zu errichten oder wesentliche Bestandteile an Gebäuden oder baulichen Anlagen einzufügen, die Eigentum der Kirchengemeinde werden, ist diese im Falle einer Beendigung der Betriebsüberlassung verpflichtet, die stift gGmbH von etwa hieraus resultierenden förderrechtlichen Verbindlichkeiten freizustellen."

4Am kündigte die Beklagte den Betriebsübertragungsvertrag.

5Die Klägerin ist insbesondere der Ansicht, dass sich aus der Regelung in § 12 des Betriebsübertragungsvertrags ein Schuldbeitritt der Beklagten für sämtliche Verbindlichkeiten der E. W. gGmbH ergebe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

II.

6Die Revision hat keinen Erfolg.

71. Sie ist als unzulässig zu verwerfen, soweit die Klägerin sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte nach § 311 Abs. 3, § 280 Abs. 1 BGB sowie nach § 826 BGB verneint hat. Die Auslegung des Berufungsurteils ergibt, dass das Berufungsgericht die Revision beschränkt zugelassen hat bezüglich des vertraglichen Anspruchs auf Zahlung von Architektenhonorar, resultierend aus dem von der Klägerin mit der E. W. gGmbH geschlossenen Vertrag, in Verbindung mit dem angeblichen Schuldbeitritt seitens der Beklagten, resultierend aus dem vom Bischöflichen Generalvikariat genehmigten Betriebsübertragungsvertrag. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Zur näheren Begründung wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom unter 2. a) bis c) der Gründe Bezug genommen. Den betreffenden Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats vom ist die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom nicht entgegengetreten.

82. Im Übrigen ist die Revision gemäß § 552a Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und das Rechtsmittel auch keine Aussicht auf Erfolg hat. Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss des Senats vom unter 1. und 3. der Gründe Bezug genommen (§ 552a Satz 2, § 522 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 ZPO). Die im Anschluss an diesen Hinweisbeschluss erfolgten Ausführungen der Revision im Schriftsatz vom geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Vergeblich wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Betriebsübertragungsvertrags. Die tatrichterliche Vertragsauslegung ist revisionsrechtlich nur beschränkt auf die Verletzung von Auslegungsregeln, Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und Verfahrensvorschriften überprüfbar (st. Rspr.; vgl. nur , BauR 2013, 2017 Rn. 11 = NZBau 2013, 695). Derartige Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin zeigt die Revision auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz vom nicht auf; die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung ist revisionsrechtlich jedenfalls insoweit nicht zu beanstanden, als ein Schuldbeitritt bzw. eine Schuldübernahme bezüglich der verfahrensgegenständlichen Architektenhonorarverbind-lichkeit, die kein laufendes Geschäft betrifft, verneint worden ist. Gegen die von der Klägerin favorisierte Auslegung, wonach ein Schuldbeitritt bzw. eine Schuldübernahme der Beklagten im Falle der Vertragsbeendigung in Bezug auf alle während der Vertragslaufzeit von der E. W. gGmbH eingegangenen Neuverbindlichkeiten anzunehmen sei, spricht unter dem Gesichtspunkt der interessengerechten Auslegung, dass damit der Beklagten ein unüberschaubares Haftungsrisiko ohne hinreichende Begrenzungsmöglichkeit auferlegt worden wäre. Soweit die Revision geltend macht, die von ihr favorisierte Auslegung sei geboten, weil andernfalls für den Fall der Vertragsbeendigung ein Bankrott der gGmbH nach § 283 Abs. 2 StGB in Kauf genommen würde, ist dies nicht stichhaltig. Mit der Regelung in § 12 des Betriebsübertragungsvertrags ist unter Berücksichtigung der Freistellungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 12 Nr. 3 dieses Vertrags nicht zwangsläufig die Herbeiführung einer wirtschaftlichen Krise der gGmbH im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB im Falle der Beendigung des Vertrags verbunden.

III.

9Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eick                             Halfmeier                           Kartzke

               Jurgeleit                             Graßnack

Fundstelle(n):
WAAAE-82733