Zahlungen des zum Versorgungsausgleich verpflichteten Ehegatten im Zusammenhang mit einer betrieblichen Altersversorgung weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung abziehbar
Gesetze: EStG § 9, EStG § 10 Abs. 3, EStG § 19, EStG § 33, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, GG Art. 103 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat keinen Erfolg und wird als unbegründet zurückgewiesen.
2 1. a) Der Kläger rügt, das angefochtene Urteil leide an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), weil das Finanzgericht (FG) seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe. Der Kläger habe sich aufgrund eines Hinweises des Gerichts mit Schriftsatz vom nochmals umfangreich zur Sach- und vor allem zur Rechtslage geäußert. Er habe darauf hingewiesen, dass das Amtsgericht im Scheidungsverfahren auch die Möglichkeit gehabt hätte, ihm anstelle der in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 fälligen Zahlungen erst ab Bezug der Betriebsrente Leistungen an seine geschiedene Ehefrau aufzuerlegen. Die Ausgleichszahlungen hätten damit funktional eine vergleichbare Aufgabe erfüllt wie spätere Rentenzahlungen und damit Unterhaltscharakter gehabt. Zudem habe sich der Kläger mit der geänderten Interpretation des Werbungskostenbegriffs durch die Rechtsprechung, insbesondere im (BFH/NV 2011, 1130) auseinandergesetzt und nicht nur die Besonderheiten seines Falles herausgestellt, sondern sich auch kritisch mit der Rechtsauffassung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) sowie der vom FG im Schreiben vom angeführten Rechtsprechung auseinandergesetzt. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger die Zahlungsflüsse seines Falles und in dem Fall eines Beamten anhand einer Skizze erläutert und herausgearbeitet, dass das wirtschaftliche Ergebnis in beiden Fällen identisch sei. Die ausgleichsberechtigte Ehefrau würde eine eigene Rentenanwartschaft erhalten und der ausgleichsverpflichtete Ehemann könne über eine ungekürzte Pension verfügen. Das FG habe sich weder mit den schriftsätzlichen Ausführungen noch mit den Darlegungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung inhaltlich auseinandergesetzt, sondern den Schriftsatz vom lediglich im Tatbestand der Entscheidung angeführt. Hätte das FG die Einlassung des Klägers beachtet, hätte dies zu einer anderen rechtlichen Beurteilung seines Klagebegehrens geführt.
3 b) Mit diesem Vorbringen legt der Kläger keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.
4 Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst vor allem das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern. Sie haben einen Anspruch darauf, dem Gericht auch in rechtlicher Hinsicht alles vortragen zu können, was sie für wesentlich halten. Diesen Ansprüchen entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Weiterhin muss das Gericht seine Entscheidung begründen und daraus muss erkennbar sein, dass es sich mit dem wesentlichen Vorbringen der Verfahrensbeteiligten auseinandergesetzt hat (vgl. z.B. , BVerfGE 54, 86, m.w.N.). Diese richterliche Pflicht geht jedoch nicht so weit, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen müsste (vgl. dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.). Es darf das Vorbringen außer Acht lassen, das nach seiner Auffassung unerheblich oder unsubstantiiert ist. Das rechtliche Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFH/NV 2011, 448, m.w.N.).
5 Wie sich aus dem Tatbestand des FG-Urteils ergibt, hat das FG nicht nur wegen der Einzelheiten der Klagebegründung u.a. auf den Schriftsatz des Klägers vom Bezug genommen, sondern auch die Auseinandersetzung des Klägers mit dem Senatsurteil vom X R 23/08 (BFH/NV 2010, 1807) referiert. Es hat ausgeführt, nach Auffassung des Klägers habe dieser seine privaten Pensionsansprüche wirtschaftlich betrachtet käuflich erworben und auch die Meinung des Klägers wiedergegeben, da die Finalität der Zahlungen eindeutig vorliege, müsse ein Werbungskostenabzug möglich sein. Auch das nach Auffassung des Klägers bedeutsame BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1130 hat das FG im Tatbestand seiner Entscheidung benannt.
6 Offensichtlich hat das FG damit das wesentliche Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Anders als der Kläger kam das FG allerdings bei der rechtlichen Bewertung des Klagebegehrens des Klägers zu dem Ergebnis, dieser habe die Zahlungen nicht in erster Linie geleistet, um eine Kürzung seiner betrieblichen Altersversorgung zu verhindern, sondern um eine im Zusammenhang mit der Scheidung entstandene Forderung seiner Ehefrau zu begleichen. Bei wertender Beurteilung habe daher ein vorrangiger Veranlassungszusammenhang zu einem Vorgang auf der privaten Vermögensebene und nicht zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre bestanden. In den Entscheidungsgründen hat sich das FG auch mit der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des IX. Senats des BFH zu Ausgleichszahlungen zur Wiedererlangung eines durch einen Versorgungsausgleich gekürzten Pensionsanspruchs auseinandergesetzt und zu Ausgleichszahlungen, die ein zum Versorgungsausgleich verpflichteter Ehegatte aufgrund einer Vereinbarung gemäß § 1587o des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) a.F. an den anderen Ehegatten leistet, um Kürzungen seiner beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge zu vermeiden. Die Gewährung des rechtlichen Gehörs bedeutet aber nicht, dass das FG den Kläger „erhört”, sich also seinen rechtlichen Ansichten oder seiner Sachverhaltswürdigung anschließt (, BFH/NV 2007, 1517).
7 2. Die vom Kläger behauptete Divergenz zum (BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446) sowie zum (nicht veröffentlicht), liegt nicht vor. In dem dem BFH-Urteil in BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446 zugrunde liegenden Streitfall hatte der dortige Kläger —anders als der Beschwerdeführer— Ansprüche auf Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Auch die vom Kläger wörtlich wiedergegebenen Ausführungen des BVerfG beziehen sich auf Versorgungsansprüche von Beamten. Entschieden hat das BVerfG, dass die Rechtsprechung des BFH, wonach Abfindungsleistungen weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar seien, weil es sich um einen Vermögensausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten handelt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei (Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 151). Es hat ausgeführt, die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der Auffüllungszahlungen eines Beamten an seinen Dienstherrn und der Beitragszahlungen eines privaten Arbeitnehmers mit Versorgungsansprüchen an eine betriebliche Unterstützungskasse sei durch die verschiedenen Auswirkungen des Versorgungsausgleichs auf die jeweilige Einkunftsquelle hinreichend gerechtfertigt.
8 3. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) liegen —bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO überhaupt erfüllt sind— jedenfalls nicht vor.
9 Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bzw. die Notwendigkeit der Rechtsfortbildung geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene für den Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt.
10 a) Daran fehlt es regelmäßig, wenn die zu klärende Rechtsfrage wie im Streitfall ausgelaufenes Recht betrifft. In einem solchen Fall müssen besondere Gründe geltend gemacht werden und vorliegen, die ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel rechtfertigen (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. Beschluss vom IV B 106/10, BFH/NV 2012, 166, m.w.N.). Eine Rechtsfrage, die ausgelaufenes Recht betrifft, hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie sich entweder mit Blick auf eine Nachfolgeregelung (vgl. dazu , BFH/NV 2006, 2091) oder in einer nicht ganz unerheblichen Zahl noch anhängiger Verfahren (vgl. z.B. dazu BFH-Beschlüsse vom XI B 158/03, BFH/NV 2005, 1343, und vom IX B 177/06, BFH/NV 2007, 1099; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 55) stellt (so , BFH/NV 2012, 285; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 115 FGO Rz 99; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 35).
11 b) Der Kläger trägt vor, die von ihm sinngemäß gestellte Rechtsfrage, ob es im Sinne des Gesetzgebers sei, dass allein in Fallkonstellationen wie der seinen dem Ausgleichsverpflichteten steuerliche Nachteile entstünden, weil er die Ausgleichszahlungen aus versteuerten Nettoeinkommen zahlen müsse und im Versorgungsfall seine ungekürzte Firmenpension der Besteuerung unterliege, habe allgemeine Bedeutung. Er räumt ein, aufgrund der gesetzlichen Neuregelung dürfte sich die Zahl der Fälle, in denen der Ausgleichsverpflichtete zugunsten des Ausgleichsberechtigten mit seiner Zahlung bei einem dritten Versorgungsträger eine Versorgungsanwartschaft begründe, verringert haben. Es blieben aber die Fälle, in denen die Ehegatten eine Vereinbarung nach § 1587o BGB träfen und in denen der Ausgleichsverpflichtete kein Beamter sei.
12 Im Streitfall betrifft die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ausgelaufenes Recht. Seit der gesetzlichen Neuregelung des Versorgungsausgleichs im Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (BGBl I 2009, 700) mit Wirkung ab dem werden Versorgungsanwartschaften grundsätzlich systemintern geteilt (vgl. §§ 10 ff. des Gesetzes über den Versorgungsausgleich —VersAusglG—). Dies gilt auch für Betriebsrenten, wie sie der Kläger im Streitfall erworben hat (§ 12 VersAusglG). Eine externe Teilung der Anrechte durch das Familiengericht sieht das Gesetz nur ausnahmsweise vor und zur Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlungen —so wie sie der Kläger im Streitfall zu leisten hatte— können Gerichte den Ausgleichsverpflichteten nicht mehr verurteilen. Vereinbaren dies die Ehegatten im Rahmen des Versorgungsausgleichs, können sie berücksichtigen, dass Abfindungszahlungen beim Zahlungspflichtigen steuerlich nicht abziehbar sind (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 1807). Dass zahlreiche Verfahren zu nach § 1587o BGB a.F. vereinbarten Ausgleichszahlungen anhängig sind, hat der Kläger weder behauptet noch ist dies ersichtlich. Im Übrigen ist § 1587o BGB mit Wirkung zum außer Kraft getreten. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ist somit weder im Hinblick auf die Nachfolgeregelung noch wegen einer Vielzahl anhängiger Verfahren von grundsätzlicher Bedeutung.
13 4. Der wesentliche Teil der Angriffe des Klägers gegen die angefochtene Entscheidung besteht in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall in rechtlicher Hinsicht falsch gewürdigt habe. Die Rüge solcher Fehler rechtfertigt indessen grundsätzlich die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom X B 51/09, BFH/NV 2010, 1291).
14 5. Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass das FG nach Auffassung des beschließenden Senats den Streitfall in rechtlicher Hinsicht nicht falsch gewürdigt hat.
15 Ein Werbungskostenabzug scheidet schon deshalb aus, weil der Gesetzgeber Beiträge der Steuerpflichtigen zur Altersversorgung vor und nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) den Sonderausgaben zugewiesen hat. Die Altersvorsorgeaufwendungen sind nach der Senatsrechtsprechung zwar jedenfalls seit der Neuregelung durch das AltEinkG ihrer Rechtsnatur nach Werbungskosten; dennoch konnte der Gesetzgeber diese Vorsorgeaufwendungen konstitutiv den Sonderausgaben und nicht den Werbungskosten zuweisen (vgl. z.B. Senatsurteil vom X R 62/09, BFHE 237, 434, BStBl II 2012, 721). Wenn schon nach Inkrafttreten des AltEinkG ein Werbungskostenabzug von Altersvorsorgeaufwendungen —und um solche handelt es sich auch bei den Zahlungen des Klägers an die Landesversicherungsanstalt— nicht in Betracht kommt, kann für die Streitjahre nichts anderes gelten.
16 Den Höchstbetrag für den Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2001 und 2002 geltenden Fassung hat der Kläger bereits ausgeschöpft (vgl. auch , BVerfGE 105, 73, BStBl II 2002, 618, Nr. 2 des Tenors).
17 Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung kam ebenfalls nicht in Betracht. Schon weil der Gesetzgeber Vorsorgeaufwendungen in den Streitjahren nur beschränkt zum Abzug zugelassen hat, scheidet die Geltendmachung des überschießenden Betrags als außergewöhnliche Belastung aus.
18 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
19 7. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2015 S. 202 Nr. 2
PAAAE-81759