BSG Beschluss v. - B 12 KR 9/14 BH

Instanzenzug: S 2 KR 1397/10

Gründe:

1Der Kläger hat für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im ihm zugestellt am - mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schreiben vom , das am selben Tag beim BSG eingegangen ist, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

2Die Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

3Für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes - neben der Bedürftigkeit des Betroffenen und dem Umstand, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 S 1 ZPO) grundsätzlich Voraussetzung, dass sowohl der Antrag auf PKH als auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§ 73a Abs 1 S 1 SGG, § 117 Abs 2 und 4 ZPO), dh mit dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung (PKHFV) vom (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf der Beschwerdefrist eingereicht werden (vgl BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; ; BGH, VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG, NJW 2000, 3344). Dies ist hier nicht geschehen. Zwar ist der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist, die für den Kläger grundsätzlich mit Ablauf des endete (§ 160a Abs 1 S 2, § 64 Abs 2, § 63 Abs 2 SGG, §§ 180, 182 ZPO), per Fax beim BSG eingegangen. Die vom Kläger am unterzeichnete Erklärung ist jedoch erst am auf dem Postweg beim BSG eingegangen, wäre mithin verspätet.

4Es kann indessen im Ergebnis dahinstehen, ob die für die Bewilligung von PKH nötigen Unterlagen hier rechtzeitig beigebracht worden sind. Letzteres wäre mit Blick auf eine mögliche Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung des LSG in Erwägung zu ziehen, in der unter II. eingangs nur von der "Revision" und nur an späterer Stelle auch von einer "Beschwerde" die Rede ist, sodass für die Vervollständigung der Unterlagen die Jahresfrist des § 66 Abs 2 SGG gelten könnte. Selbst wenn man Letzteres annehmen wollte, fehlt es jedenfalls an der hinreichenden Erfolgsaussicht einer vom Kläger angestrebten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision iS von § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 114 S 1 ZPO. Die eingeschränkten Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung) können im Falle des Klägers nämlich bei Zugrundelegung der insoweit maßgebenden summarischen Prüfung nach dem Vorbringen des Klägers und dem Akteninhalt voraussichtlich nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Als Revisionszulassungsgrund käme allein eine denkbare grundsätzliche Bedeutung in Bezug auf die Rechtsfrage in Betracht, ob die bei dem Kläger als Bezieher von Arbeitslosengeld II erfolgte, auf § 242 SGB V gestützte Erhebung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags in der streitigen Zeit von Februar 2010 bis September 2012 in Einklang mit höherrangigem Recht stand, insbesondere mit dem verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum. Insoweit ist indessen zu berücksichtigen, dass vorliegend ein bereits abgeschlossener Zeitraum im Streit ist, dass schon nach dem auch bei der Beklagten kein Zusatzbeitrag mehr erhoben wurde und dass die Regelungen, auf deren Grundlage die Beklagte diesen Beitrag fordert, in der Zwischenzeit in wesentlicher Hinsicht geändert worden sind (vgl vor allem §§ 242, 242a idF des GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetzes vom , BGBl I 1133). Bei - wie hier - sich nicht mehr auf den Betroffenen auswirkendem, außer Kraft getretenem bzw auslaufendem Recht hat eine Rechtsfrage aber nur noch unter qualifizierten Voraussetzungen grundsätzliche Bedeutung, etwa dann, wenn auf der Grundlage diesen Rechts noch eine erhebliche Anzahl von Fällen zu entscheiden sind bzw die Frage auch künftig weiter bedeutsam sein wird (vgl zB Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 14 f mwN). Dafür ist nach dem Akteninhalt und auch sonst nichts ersichtlich. Zudem hat schon das LSG darauf hingewiesen, dass der Kläger in der streitigen Zeit die Möglichkeit hatte, kraft eines Sonderkündigungsrechts zu einer Krankenkasse zu wechseln, die keinen kassenindividuellen Zusatzbeitrag verlangte, dass er also den Zusatzbeitrag selbst abwenden konnte; der Wechsel zu einer kostengünstigen Krankenkasse war - wie das LSG unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien ausgeführt hat - geradezu beabsichtigt. Dann aber ist nicht erkennbar, worin konkret ein Verfassungsverstoß durch die Erhebung des Zusatzbeitrags liegen sollte. Dass der Kläger einen Krankenkassenwechsel als "kompliziert" empfindet, kann jedenfalls für sich genommen eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache offensichtlich nicht begründen.

5Da dem Kläger keine PKH zusteht, kann er auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (vgl § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Fundstelle(n):
ZAAAE-81118