Instanzenzug:
Gründe
1I. Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Abänderung von Rechnungsabschlüssen sowie auf Gewinnauszahlung geltend. Das Landgericht hat die Beklagten durch Urteil vom weitgehend antragsgemäß verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen.
2Gegen das den Beklagten zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am und dem Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am zugestellte Urteil des Landgerichts haben beide Parteien formund fristgerecht Berufung eingelegt, die Beklagten mit Schriftsatz vom , eingegangen am (Montag), und der Kläger mit Schriftsatz vom , eingegangen - per Telefax vorab - am selben Tag. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wurde die Frist zur Begründung ihrer Berufung bis zum verlängert. Die Frist zur Begründung der Berufung des Klägers wurde auf dessen Antrag bis zum verlängert. Beiden Prozessbevollmächtigten wurden jeweils Abschriften aller Fristverlängerungsverfügungen übersandt.
3Der Kläger hat seine Berufung mit Schriftsatz vom zurückgenommen. Die Beklagten haben ihre Berufung mit Schriftsatz vom , bei Gericht eingegangen am selben Tag, begründet. Nach telefonischem Hinweis der Senatsvorsitzenden vom auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung haben die Beklagten mit Schriftsatz vom , bei Gericht am selben Tage eingegangen, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gestellt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
4Die langjährige Assistentin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten habe sich in dem relevanten Zeitraum in einer dreiwöchigen Reha-Behandlung befunden. Dem Prozessbevollmächtigten sei entsprechend der üblichen Praxis des Kölner Standorts eine für solche Fälle eingestellte Sekretärin zugewiesen worden. Die ursprüngliche Berufungsbegründungsfrist vom sei von der Sekretärin in Absprache mit dem Prozessbevollmächtigten ordnungsgemäß notiert worden. Diese Frist sei sodann ausgetragen worden, nachdem dem Fristverlängerungsgesuch des Prozessbevollmächtigten stattgegeben worden sei. Stattdessen sei für den im Kalender eine Vorfrist für die auf den verlängerte Berufungsbegründungsfrist eingetragen worden. Die Frist "" sei dann auch im Kalender des Prozessbevollmächtigten für diesen Terminstag verzeichnet. Die Nachricht über die dem Kläger gewährte Fristverlängerung bis zum habe der Prozessbevollmächtigte unbearbeitet mit der übrigen Post erhalten und - da es sich offensichtlich lediglich um die informatorische Mitteilung über die Verlängerung einer Frist der Gegenseite gehandelt habe - verfügt, die Mitteilung zu den Akten zu nehmen. Die Aushilfssekretärin habe offensichtlich die der Gegenseite gewährte Fristverlängerung fälschlicherweise als eine solche angesehen, die die Berufungsbegründungsfrist der Beklagten betroffen habe. Eigenmächtig und ohne entsprechende Anweisung durch den Prozessbevollmächtigten habe sie die ordnungsgemäß notierte Berufungsbegründungsfrist entsprechend der vermeintlichen Fristverlängerung sowohl in der Akte als auch im Fristenkalender für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten umgetragen. Mit einem solchen eigenmächtigen Vorgehen der Aushilfssekretärin habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht rechnen müssen. Zur Glaubhaftmachung haben die Beklagten vier Blätter aus einem Fristenkalender sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vorgelegt.
5Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen.
6II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache wirft weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordert sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
71. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
8Die Fristversäumung beruhe auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Zwar dürfe der Anwalt die Berechnung und Notierung von Fristen und die Führung eines Fristenkalenders an ausgebildetes und überwachtes Personal delegieren. Werde das derart beauftragte geeignete Büropersonal durch Krankheit oder Urlaub reduziert, müsse der Anwalt jedoch organisatorisch sicherstellen, dass die an solches Büropersonal delegierte Fristenkontrolle weiter zuverlässig vorgenommen werde. Dem Vorbringen der Beklagten und der eidesstattlichen Versicherung des Bevollmächtigten der Beklagten sei nicht zu entnehmen, dass die zur Vertretung der erkrankten Anwaltssekretärin eingesetzte Aushilfssekretärin über hinreichende Schulung und Fachkenntnisse verfügt habe, um dieser die Notierung und Kontrolle von Fristen zu überlassen. Soweit der Prozessbevollmächtigte in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben habe, "alle sein Dezernat betreffenden Fristen genau überwacht zu haben", sei der dahingehende Vortrag eigener anwaltlicher Überwachung von Fristsachen pauschal und substanzlos.
92. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung zu Recht versagt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 Satz 1 ZPO voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil nicht auszuschließen ist, dass an der Fristversäumung ursächlich ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten der Beklagten mitgewirkt hat; dieses müssen sich die Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Die Beklagten haben nicht dargetan, dass im Büro ihres Prozessbevollmächtigten eine Fristenkontrolle eingerichtet ist, die den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens genügt.
10a) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde stellt sich im Streitfall nicht die Rechtsfrage, ob der Rechtsanwalt im Rahmen der Überwachung des Büropersonals auch mit einem eigenmächtigen Eingriff durch Löschung von Fristen im Fristenkalender ohne vorausgehende Weisung rechnen muss, wenn Fristeintragungen im Übrigen nur nach Weisung vorgenommen werden. Diese Rechtsfrage würde sich nur und erst dann stellen, wenn die Beklagten vorgetragen und glaubhaft gemacht hätten, dass ihr Prozessbevollmächtigter die Führung des Fristenkalenders einschließlich der Notierung der Fristen der Aushilfssekretärin überlassen durfte. Bereits daran fehlt es.
11b) Die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangt zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen. Das bedeutet nicht, dass der Anwalt alle zur Fristwahrung erforderlichen Berechnungen und Eintragungen selbst vornehmen muss. Er kann grundsätzlich die Berechnung und die Notierung von Fristen - einschließlich der Führung des Fristenkalenders - an ausgebildetes und überwachtes Personal delegieren, wenn dieses Personal zuverlässig und geschult ist und daher die zur Fristenerfassung und -überwachung erforderlichen besonderen Qualifikationen besitzt. In diesem Fall genügt es, wenn sich der Anwalt von der Zuverlässigkeit seiner Angestellten durch gelegentliche Stichproben überzeugt (st. Rspr., vgl. nur , VersR 1982, 67 f.; Beschluss vom - II ZB 13/12, WM 2014, 424 Rn. 9).
12Die eigenen Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts sind jedoch erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Büros auftreten, die dazu führen können, dass die zulässig delegierten Pflichten des Anwalts nicht erfüllt werden. Er muss sicherstellen, dass seine Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn die Kraft, die für die Fristenberechnung und -überwachung sowie die Führung des Fristenkalenders zuständig ist, ausfällt. Es besteht dann nämlich eine erhöhte Gefahr von Fristversäumnissen (, VersR 1965, 596 f.; Beschluss vom - VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783). Auf welche Weise er den Ausfall der für die Fristenberechnung und -überwachung zuständigen bewährten Kraft ersetzt, bleibt zwar ihm überlassen. Ist ihm eine Kompensation durch den Einsatz weiterer (gleich) zuverlässiger Kräfte nicht möglich, kann es notwendig werden, dass der Anwalt die delegierten Aufgaben wieder an sich zieht.
13c) So liegt der Fall hier. Die Beklagten haben schon nicht vorgetragen, dass die Aushilfskraft zuverlässig und geschult war und daher über die zur Fristeneintragung und Kontrolle sowie die zur Führung des Fristenkalenders erforderlichen besonderen Qualifikationen verfügte. Unter diesen Umständen ist es dem Bevollmächtigten der Beklagten bereits als eigenes Verschulden vorzuwerfen, dass er in der Zeit des Ausfalls seiner bewährten Bürokraft die Fristberechnung, insbesondere aber auch das Führen des Fristenkalenders nicht wieder an sich gezogen hat.
14d) Die Beklagten müssen sich schon diesen organisatorischen Fehler ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass die Beklagten weiter nicht vorgetragen haben, dass die Fristenkontrolle im Büro ihres Prozessbevollmächtigten auch ansonsten den von der Rechtsprechung insoweit gestellten Anforderungen genügte (vgl. hierzu nur , WM 2014, 424 Rn. 9 f. mwN). Ebenso wenig kommt es noch darauf an, dass auch nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht ist, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch geeignete Anweisungen sichergestellt war, dass einmal notierte Fristen nachträglich nicht eigenmächtig vom Personal geändert oder gestrichen werden (vgl. hierzu Beschluss vom - II ZB 11/12, FamRZ 2014, 295 Rn. 16 f. mwN).
Fundstelle(n):
UAAAE-78737