OFD Frankfurt/M. - S 2121 A - 14 - St 210

Einkommensteuerliche Behandlung der Geldleistungen für Kinder in Kindertagespflege

Bei der Kindertagespflege nach § 22 SGB VIII soll eine Tagespflegeperson ein einer Kindertagesstätte ähnliches Angebot im familiären Rahmen bieten. Die Kindertagespflege erfolgt im Haushalt der Kindertagespflegeperson, der Personensorgeberechtigten des Kindes oder in anderen geeigneten Räumen.

1. Laufende Geldleistung nach § 23 SGB VIII

Tagespflegepersonen erhalten nach § 23 Abs. 2 SGB VIII in bestimmten Fällen eine laufende Geldleistung aus öffentlichen Mitteln, die neben der Erstattung des Sachaufwands die Förderungsleistung der Tagespflegeperson anerkennen soll. Diese Geldleistung ist bis einschließlich VZ 2008 nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte Pflege handelt und die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird. Hiervon kann bei einer Betreuung von bis zu fünf Kindern ohne nähere Prüfung ausgegangen werden (vgl. ESt-Kartei § 18 Karte 10).

Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder handelt es sich bei den vom örtlichen Träger der Jugendhilfe oder von der Gemeinde an Tagespflegepersonen gezahlten Pflegegeldern auch dann um steuerfreie Zuschüsse im o. g. Sinne, wenn die öffentliche Hand von den Eltern Teilnahmebeiträge (sog. Elternbeiträge) für die Betreuung des Kindes einzieht.

Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG ist auch für in 2009 gezahlte Geldleistungen aus öffentlichen Mitteln noch zu gewähren, soweit diese für Betreuungsleistungen gezahlt werden, die bis zum erbracht wurden. § 11 EStG ist nur für die Zuordnung der Einnahmen maßgebend.

Ab VZ 2009 ist die laufende Geldleistung nach § 23 SGB VIII als steuerpflichtige Einnahme aus freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Herkunft der Mittel. Steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nr. 11 liegen nicht vor, da Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäftes erbracht werden, nicht als Beilhilfe qualifiziert werden können ( BStBl 1999 II S. 133). Lediglich die Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftigen Erstattungen zur Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung (§ 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB VIII) sind steuerfrei nach § 3 Nr. 9 EStG.

Zu den Einzelheiten des Betriebsausgabenabzugs sowie der Möglichkeit einer Pauschalierung vgl. unter Berücksichtigung der Änderungen durch die und (ESt-Kartei § 18 Karte 2).

2. Zahlung des Pflegegeldes von privater Seite

Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG kommt nur für Zahlungen aus öffentlichen Mitteln in Betracht. Wird das Pflegegeld von privater Seite bezahlt, z. B. weil kein Anspruch auf Kindertagespflege besteht, handelt es sich bei den Vergütungen um steuerpflichtige Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit (bis VZ 2008 nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, ab VZ 2009 nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Zu den Einzelheiten des Betriebsausgabenabzugs sowie der Möglichkeit einer Pauschalierung vgl. bis VZ 2008 das (ESt-Kartei § 18 Karte 10) und ab VZ 2009 das unter Berücksichtigung der Änderungen durch die und (ESt-Kartei § 18 Karte 2).

3. Landeszuwendungen im Rahmen des Programms „BAMBINI” (2007) und „BAMBINI-KNIRPS” (ab 2008)

Die Zuwendungen der Hessischen Landesregierung an Tagespflegepersonen im Rahmen des „BAMBINI”-Programms (2007) werden von dem ausdrücklich nicht erfasst, da sie parallel zu den Geldern nach § 23 VIII geleistet werden.

Entsprechendes gilt für Zuwendungen aus dem Programm „KNIRPS” (Kleinkindern Nachhaltig Intensiv Rechtzeitig Plätze Schaffen). Dieses Programm beginnt ab 2008 mit dem Ziel, zusätzliche finanzielle Anreize zum zum beschleunigten Ausbau des Betreuungsangebots für Kinder unter drei Jahren zu schaffen. Mit BAMBINI-KNIRPS werden die hierfür zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel von 45 Mio. € (2007) auf 90 Mio. € (2008) verdoppelt. Durch BAMBINI-KNIRPS werden zudem neue Fördersegmente in das Landesprogramm BAMBINI aufgenommen, das bisherige Förderverfahren optimiert und die Förderung von Kindern unter drei Jahren wird in einer Rechtsgrundlage (Verordnung) zusammen geführt.

Bei den an die Tagespflegepersonen gezahlten Gelder aus den Programmen „BAMBINI” und „BAMBINI-KNIRPS” handelt es sich bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2007 bzw. 2008 um steuerpflichtige Einnahmen und nicht um steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nr. 11 EStG. Eine Beihilfe im steuerlichen Sinne ist eine uneigennützig gewährte Unterstützungsleistung (Hermann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 11 Rdnr. 16); entscheidendes Merkmal ist hierbei die Unentgeltlichkeit und Einseitigkeit.

Die Gelder aus den Programmen „BAMBINI” und „BAMBINI-KNIRPS”, die den Ausbau bedarfsgerechter Angebote für Kinder unter drei Jahren fördern sollen und einen finanziellen Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit darstellen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie sind nicht uneigennützig, da sie für eine Erwerbstätigkeit gezahlt und somit im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden. Die Zuwendungen sind als Teil des steuerpflichtigen Gesamtentgelts zu betrachten und wie die Haupteinnahmen zu behandeln (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).

Zu den Einzelheiten des Betriebsausgabenabzugs sowie der Möglichkeit einer Pauschalierung bis VZ 2008 vgl. (ESt-Kartei § 18 Karte 10).

§ 3c Abs. 1 EStG ist zu beachten, wonach der Betriebsausgabenabzug nur insoweit möglich ist, wie die Betriebsausgaben nicht mit steuerfreien Einnahmen (z. B. Geldleistungen aus öffentlichen Kassen nach § 23 SGB VIII) in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Die Betriebsausgabenpauschale (in Höhe von 246 € im VZ 2007 bzw. im VZ 2008 gemäß BStBl 1988 I S. 329) ist folglich entsprechend dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Einnahmen aufzuteilen.

Beispiel:

Eine Tagesmutter betreut im Veranlagungszeitraum 2007 drei Kinder an fünf Tagen pro Woche mehr als acht Stunden täglich und erhält hierfür pro Kind monatlich steuerfreie Geldleistungen nach § 23 SGB VIII in Höhe von 300 € sowie Landeszuwendungen aus dem „BAMBINI”-Programm in Höhe von 200 €.

Die Geldleistungen nach § 23 SGB VIII sind im Veranlagungszeitraum 2007 (noch) steuerfrei. Die Zuwendungen aus dem „BAMBINI”-Programm sind bereits steuerpflichtig. Die gesamten steuerpflichtigen Einnahmen betragen demnach (3 Kinder × 200 € =) 600 € monatlich.

Die Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 246 € ist für jedes Kind gesondert zu berechnen. Sie entfällt in Höhe von (steuerpflichtige Einnahmen 200 €/gesamte Einnahmen 500 € =) 2/5 und somit 98 € auf die steuerpflichtigen Einkünfte. Für drei Kinder können folglich Betriebsausgaben in Höhe von (3 × 98 € =) 294 € geltend gemacht werden.

Zu den Einzelheiten des Betriebsausgabenabzugs sowie der Möglichkeit einer Pauschalierung ab VZ 2009 vgl. unter Berücksichtigung der Änderungen durch die und (ESt-Kartei § 18 Karte 2).

4. Leistungen aus der Offensive für Kinderbetreuung

Qualifizierte Tagespflegepersonen, die ausschließlich Kinder ab 3 Jahren betreuen, werden im Rahmen der Offensive für Kinderbetreuung mit einer Pauschale von monatlich bis zu 70 € gefördert. Die Einnahmen sind ab VZ 2008 steuerpflichtig nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Ausführungen zu den Landeszuwendungen im Rahmen des Programms „BAMBINI-KNIRPS” (siehe Nr. 3) gelten entsprechend.

5. Gelder, die auf Grundlage des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes an Tagespflegepersonen geleistet werden

5.1 Investitionsprogramm des Bundes „Kinderbetreuungsfinanzierung” 2008 – 2013

Ziel der Bundesregierung war es, bis zum Jahr 2013 für ein Drittel der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze verfügbar zu machen. Hierfür stellte der Bund nach dem Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau” (Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz) vom ( BGBl. 2007 I S. 3022) im Jahr 2007 ein Sondervermögen in Höhe von 2,15 Milliarden Euro für die erforderlichen Investitionen zur Verfügung.

Ab dem Jahr 2008 standen damit Mittel für Neubau-, Ausbau-, Umbau-, Sanierungs-, Renovierungs-, Modernisierungs- und Ausstattungsmaßnahmen in Einrichtungen und für die Kindertagespflege bereit. Die Investitionsmittel des Bundes wurden unter den Ländern entsprechend der Zahl der Kinder unter drei Jahren aufgeteilt. Die weitere Regelung und die Durchführung des Verfahrens oblag den Ländern in eigener Zuständigkeit.

Nach der hessischen Vergaberichtlinie zur Förderung von Investitionen im Rahmen des Investitionsprogramms „Kinderbetreuungsfinanzierung” 2008 bis 2013 (Staatsanzeiger für das Land Hessen 2008, S. 1085) waren folgende Investitionen von Tagespflegepersonen förderfähig:

  • Maßnahmen zur Renovierung von Räumen zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren in Kindertagespflege einmalig mit einer Pauschale von bis zu 1.500 Euro pro Tagespflegeperson, wenn dadurch neue Plätze für die Betreuung von unter dreijährigen Kindern geschaffen werden,

  • Investitionen für die Ausstattung von neu geschaffenen Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege mit einer Pauschale von 500 Euro pro Betreuungsplatz.

Nach dem Ergebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder handelt es sich bei diesen Investitionszuschüssen, die einer Tagespflegeperson auf der Grundlage des „Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens Kinderbetreuungsausbau und zur Entfristung des Kinderzuschlags” gewährt werden, um steuerfreie Zuschüsse im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG.

Soweit der Tagespflegeperson Aufwendungen entstehen, die mit den steuerfreien Zuschüssen in unmittelbarem Zusammenhang stehen, dürfen diese nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 3c Abs. 1 EStG).

5.2 Investitionsprogramm 2013 bis 2014 zur Schaffung von U3-Plätzen

Durch eine Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und zur Änderung des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes vom wurden seitens des Bundes neue Mittel zur Verfügung gestellt. In Hessen erfolgt die Bewilligung der Mittel im Rahmen des Investitionsprogramms 2013 bis 2014 zur Schaffung von U3-Plätzen auf Basis der gleichnamigen Richtlinie vom (Staatsanzeiger des Landes Hessen Nr. 8 vom , S. 344). Die Fördermodalitäten entsprechen weitgehend denen des Investitionsprogramms „Kinderbetreuungsfinanzierung” 2008 – 2013.

Auch die Investitionszuschüsse, die Tagespflegepersonen auf der Grundlage des Investitionsprogramms 2013 bis 2014 zur Schaffung von U3-Plätzen gewährt werden, sind nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder als steuerfreie Zuschüsse im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln.

Aufwendungen der Tagespflegeperson, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den steuerfreien Zuschüssen stehen, dürfen von dieser nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden (§ 3c Abs. 1 EStG).

Informationen zum Thema „Steuerliche Behandlung von Tagespflegepersonen” enthalten auch die Internetseiten des HMdF sowie das HMdF-Verwaltungsportal.

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Fundstelle(n):
NAAAE-78521