Nichtberücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben in einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG als offenbare Unrichtigkeiten im Sinne des § 129 AO
Mit (Vorinstanz ) – hat der BFH entschieden, dass eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit vorliegt, wenn das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung übersieht, dass der Steuerpflichtige in seiner vorgelegten Gewinnermittlung die bei der Umsatzsteuererklärung für denselben Veranlagungszeitraum erklärten und im Umsatzsteuerbescheid erklärungsgemäß berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgabe erfasst hat (Anschluss an , BFH/NV 2007, 2056).
In dem entschiedenen Fall war die gezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig, da der Steuerpflichtige seine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte. Der BFH nahm deshalb ein mechanisches Übersehen an, weil in den betreffenden Jahren Umsatzsteuerzahlungen bei der Umsatzsteuerfestsetzung berücksichtigt worden seien. Dass die tatsächlich als Betriebsausgabe abzugsfähige Umsatzsteuer dabei noch zu ermitteln gewesen sei, stehe der Änderung nach § 129 AO nicht entgegen. Auch in diesem Fall sei es eine rein hypothetische Annahme, dass die (komplette) fehlerhafte Nichtberücksichtigung auf einer nicht hinreichenden Sachaufklärung beruhen könnte.
Zur Anwendung des § 129 AO stellt der BFH auf den Fehler der Nichtberücksichtigung an sich ab. Eine notwendige Ermittlung zur tatsächlichen Durchführung der Berichtigung (der Höhe nach) schließt er zur Anwendung des § 129 AO nicht aus. Insoweit rückt der BFH ein Stück weit von dem Grundsatz ab, dass eine mangelnde Sachverhaltsermittlung die Anwendung des § 129 AO eigentlich ausschließt. In dem entschiedenen Einzelfall kommt noch hinzu, dass der steuerlich nicht vertretene Kläger die gezahlte Umsatzsteuer in vier aufeinanderfolgende Veranlagungszeiträume nicht als Betriebsausgabe erklärt hat. Ob die Möglichkeit eines Rechtsirrtums seitens des Steuerpflichtigen ausscheidet, hat die Vorinstanz offen gelassen, da die nicht als Betriebsausgabe erklärten Umsatzsteuerzahlungen nach Auffassung des FG jedenfalls keine vom FA als eigene übernommene offenbare Unrichtigkeit darstellen. Der BFH ist auf diesen Umstand nicht näher eingegangen und hat ohne weiteres ein offenbares Versehen des Steuerpflichtigen angenommen.
Eine Abgrenzung zwischen offenbarer Unrichtigkeit und mangelnder Sachverhaltsermittlung als Ausschlusstatbestand ist nach diesem Urteil problematisch. Der BFH hält zwar an dem Grundsatz fest, dass ein auf mangelnde Sachverhaltsaufklärung beruhender Fehler die Anwendung des § 129 AO ausschließt. Er hält diese in dem entschiedenen Einzelfall aber für eine rein hypothetische Annahme, kann aber gleichwohl in der Sache nicht entscheiden, weil noch Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlich abzugsfähigen Höhe erforderlich sind. Der BFH stützt seine Entscheidung hier offensichtlich auf die Offenbarkeit der (vollständigen) Nichtberücksichtigung der gezahlten Umsatzsteuer. Fraglich bleibt nach dieser Entscheidung, ob und wann auch in Fällen § 129 AO zur Anwendung kommen kann, in denen nur teilweise gezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe erklärt wurde.
Das wird in Kürze im Bundessteuerblatt II veröffentlicht und ist bereits jetzt allgemein anzuwenden.
Darüber hinaus ist geplant, im AEAO zu § 129 Nr. 4 demnächst einen Hinweis aufzunehmen, dass eine offenbare Unrichtigkeit auch dann anzunehmen ist, wenn zur Berichtigung des übernommenen offenbaren Fehlers aus der Steuererklärung oder dieser beigefügten Anlagen noch Sachverhaltsermittlungen durch die Finanzbehörde zur Höhe des zu berücksichtigenden Betrags erforderlich sind.
OFD Koblenz v. - S 0295 A-St 35 1
Fundstelle(n):
DStR 2014 S. 1775 Nr. 36
VAAAE-78501