BSG Beschluss v. - B 4 AS 229/14 B

Instanzenzug: S 11 AS 839/11

Gründe:

I

1Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.10. bis . Streitig ist insoweit, ob ein von ihm am gestellter Antrag auf den zurückwirkt. Dies lehnte der Beklagte konkludent ab, indem er Alg II ab dem bewilligte. Der Kläger wies darauf hin, dass er sich ab dem 1.10. bis in der Anfangsphase einer Erkrankung befunden habe, sodass er nicht daran gedacht habe, einen Weiterbewilligungsantrag einzureichen. Einen Überprüfungsantrag im Hinblick auf die Leistungsgewährung für diesen Zeitraum lehnte der Beklagte ab. Lediglich für den bewilligt er Leistungen (Bescheid vom idG des Widerspruchsbescheides vom ). Das SG hat die Klage nach der Vernehmung der Mutter des Klägers abgewiesen, weil sich kein Hinweis auf eine Antragstellung vor dem ergeben habe. Auch mit seiner Berufung ist der Kläger erfolglos geblieben. Das LSG folgt den Ausführungen des SG und führt ergänzend aus, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheide aus, denn der Beklagte habe keine Beratungspflichten verletzt. Das LSG hat die Revision nicht zugelassen (Beschluss vom ).

2Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG. Er rügt sinngemäß Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

II

3Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

4Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beweisantrag, dem das LSG nicht gefolgt ist, ist ferner so genau zu bezeichnen, dass er für das BSG ohne Weiteres auffindbar ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5); ist er nicht in dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG gestellt worden, ist ferner darzulegen, dass er bis zur Entscheidung des LSG aufrechterhalten wurde (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 12). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5Der Kläger bezeichnet bereits keinen Verfahrensmangel. Soweit er unterlassene Sachverhaltsaufklärung iS des § 103 SGG durch das LSG rügen sollte, mangelt es an dem erforderlichen Hinweis auf das Übergehen eines Beweisantrags. Das Vorbringen, das LSG habe keine mündliche Verhandlung durchgeführt, sondern durch Beschluss entschieden, könnte zwar als eine Gehörsrüge (Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention, § 62 SGG) gedeutet werden. Dem klägerischen Vorbringen ist zu entnehmen, dass er es für erforderlich gehalten hätte, den Sachverhalt mit dem LSG zu erörtern, "um die gesundheitliche Situation des Berufungsklägers im relevanten Zeitraum abzuklären und die Vorsprachen der Mutter des Klägers" ... "bei der Berufungsbeklagten aufzuklären". Auch eine Gehörsverletzung legt er jedoch nicht in gebotenem Maße dar.

6Zum einen macht er keine Ausführungen dazu, dass die Entscheidung des LSG auf dem Gehörsverstoß beruhen könnte. Er legt bereits nicht dar, was er in der mündlichen Verhandlung hätte vortragen wollen und das LSG wegen der unterbliebenen mündlichen Verhandlung nicht hat wahrnehmen sowie seiner Entscheidung zugrunde legen können. Er wiederholt nur sein Vorbringen aus den Vorinstanzen im Kern und folgert hieraus, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegeben sei. Zudem bringt er auch nicht dar, dass er alles ihm Zumutbare unternommen habe, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Dessen hätte es aber bedurft (vgl zB , RdNr 22; , RdNr 14), auch bei Anwendung des hier einschlägigen § 153 Abs 4 SGG (vgl , SozR 4-1500 § 153 Nr 13, RdNr 6).

7Nach § 153 Abs 4 S 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach S 2 der Vorschrift sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht nach § 153 Abs 4 S 2 SGG ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs. Es darf bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden (vgl zB , SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN; , SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 5). Ist - wie vorliegend - eine korrekte Anhörung gemäß § 153 Abs 4 S 2 SGG erfolgt, ist der Wahrung des rechtlichen Gehörs genüge getan, auch wenn der Beteiligte sich hierzu nicht äußert.

8So liegt der Fall hier. Dem Kläger ist durch Schreiben des zur Beendigung des Verfahrens durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG angehört worden. Hierzu hat er keine Stellungnahme abgegeben. Daher hätte es weiterer Ausführungen dazu bedurft, dass er dem Gericht ansonsten zu verstehen gegeben habe, Wert auf eine mündliche Anhörung oder einen persönlichen Vortrag seiner Position zu legen.

9Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Fundstelle(n):
BAAAE-74786