BGH Beschluss v. - 4 StR 365/14

Strafverfahren wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs: Anforderungen an den subjektiven Deliktstatbestand

Gesetze: § 315c Abs 1 Nr 1 StGB

Instanzenzug: LG Detmold Az: 4 KLs 31 Js 474/12

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung, „besonders" gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen Nötigung sowie wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Sperrfrist nach § 69a StGB angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch die Aussprüche über die Einzelstrafen in den Fällen II. 2 (Fall 1), II. 3 (Fall 2) und II. 4 (Fall 3) halten rechtlicher Nachprüfung stand. Jedoch kann der Rechtsfolgenausspruch im Fall II. 5 (Fall 4) nicht bestehen bleiben.

3Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom ausgeführt:

"Das Landgericht hat den Angeklagten wegen der Tat vom der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen. Es hat die Strafe dem Strafrahmen des § 315c Abs. 1 StGB entnommen und dabei übersehen, dass die vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz verlangt. Vorsatz ist deshalb nicht nur für die Kenntnis der Fahrunsicherheit, sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich. Der Täter muss die Umstände kennen, die den Gefahrerfolg im Sinne eines Beinaheunfalls als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen und diese Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen (vgl. Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 315c Rn 48).

Die Revision wendet zu Recht ein, dass das Landgericht von einem fahrlässigen herbeigeführten Unfall mit dem Fahrzeug der Zivilstreife ausgegangen ist. Denn es hat bei der rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts ausgeführt, der Angeklagte hätte bei Anwendung der ihm möglichen und zumutbaren Sorgfalt erkennen können, dass es aufgrund seiner Fahruntüchtigkeit zu einem Zusammenstoß und dadurch verursachten Verletzungen anderer kommen konnte (UA S. 30). Somit liegt die Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination des § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB vor, für die eine erheblich mildere Höchststrafe gilt.

Zudem hat das Landgericht in den Fällen 2 und 4 der Urteilsgründe eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen und hätte daher auch im Fall 4 eine Strafrahmenverschiebung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB prüfen müssen."

4Dem schließt sich der Senat an.

52. Infolge der Aufhebung der im Fall II. 5 (Fall 4) verhängten Einzelstrafe kann auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.

Sost-Scheible                     Cierniak                        Franke

                        Bender                      Quentin

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
XAAAE-74744