BSG Beschluss v. - B 5 R 216/14 B

Instanzenzug: S 3 R 67/10

Gründe:

1Mit Urteil vom hat das Schleswig-Holsteinische LSG einen Anspruch des Klägers auf höhere Regelaltersrente unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für seine Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung verneint.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

4Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 42).

7Die Beschwerdebegründung wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Denn der Kläger hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer konkreten revisiblen (Bundes-)Norm (vgl § 162 SGG) gestellt, die der Senat grundsätzlich mit "ja" oder "nein" beantworten könnte (vgl Senatsbeschlüsse vom - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10 und vom - B 5 R 154/10 B - BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181). Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).

8Darüber hinaus geht der Kläger mit keinem Wort auf das - Juris) ein, wonach die Begrenzung des Gesamtleistungswerts für Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung durch § 74 S 4 iVm § 263 Abs 3 SGB VI (jeweils idF des RVNG vom , BGBl I 1791) weder gegen Art 14 Abs 1 noch gegen Art 3 Abs 1 GG und auch nicht gegen das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 iVm Art 28 Abs 1 GG) verstößt. Im Rahmen der Klärungsbedürftigkeit hätte sich der Kläger deshalb vertieft damit auseinandersetzen müssen, warum diese höchstrichterliche Entscheidung und die dort aufgestellten Kriterien auf seine Fallgestaltung nicht übertragbar sein sollen. Dass zu diesem Streitstoff beim BVerfG Verfassungsbeschwerden (1 BvR 2217/11, 1 BvR 2218/11, 1 BvR 2219/11 und 1 BvR 2430/11) anhängig sind, ist dabei unerheblich. Denn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kommt es nicht auf einen Bedarf nach Klärung durch das BVerfG an, sondern entscheidend ist hier die Frage nach einer weiteren Klärungsbedürftigkeit durch das Revisionsgericht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 ff).

9Im Übrigen haben Rechtsfragen nur dann übergreifende Relevanz, wenn sie über den Einzelfall hinaus in weiteren Fällen streitig und maßgeblich für eine Vielzahl bereits anhängiger oder konkret zu erwartender gleich gelagerter Prozesse sind und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (Senatsbeschluss vom - B 5 R 334/11 B - NZS 2012, 428 RdNr 8; BSG SozR 1500 § 160a Nr 39 und § 160 Nr 53 sowie - NJW 2011, 1099). Rechtsfragen zu Übergangsvorschriften (vgl dazu BSG Beschlüsse vom - B 3 P 5/05 B - Juris RdNr 5 und vom - B 11 AL 22/09 BH - Juris RdNr 5) und ausgelaufenem Recht (BSG Beschlüsse vom - B 2 U 256/98 B - Juris RdNr 3 und vom - B 3 KS 1/07 B - Juris RdNr 7) haben nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn noch über eine erhebliche Zahl davon betroffener und gleichartiger Fälle zu befinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 19) oder die Entscheidung aus anderen Gründen für die Zukunft richtungsweisend ist ( IV B 60.74 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr 129). Dass solche Umstände vorliegen, zeigt der Kläger jedoch nicht auf. Hierfür hätte er darlegen müssen, dass den aufgeworfenen Problemen, die sich im Kern auf bereits 2009 ausgelaufenes Übergangsrecht (sog "Abschmelzungsprogramm" gemäß § 263 Abs 3 S 4 SGB VI) beziehen, in der Rechtspraxis über den konkreten Einzelfall hinaus noch Bedeutung für eine Mehrzahl ähnlich gelagerter Vergleichsfälle zukommt. Die Beschwerdebegründung führt indessen aus, dass "die Personengruppe der freiwilligen Beitritte zu der Pflichtversicherung ... vermutlich sehr klein" sei und die finanziellen Auswirkungen der mit der Beschwerde verfolgten Änderungen "somit für die Versichertengemeinschaft keine Belastung" darstellten. Damit ist die erforderliche Breitenwirkung nicht ansatzweise dargelegt.

10Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

11Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Fundstelle(n):
KAAAE-74316