Ermessensentscheidung bei Umsetzung
Gesetze: § 35 Abs 2 BeamtStG, § 114 S 1 VwGO
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 10 A 10839/13.OVG Urteil
Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass einer der Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO vorliegt.
2Die Beklagte setzte den Kläger, der als Technischer Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) in ihrem Dienst steht, im Januar 2012 auf einen anderen Dienstposten innerhalb des damaligen Bundesamts für ... um. Auf seinem alten Dienstposten hatte der Kläger im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben Kontakte zu Vertretern von Rüstungsunternehmen. Grund für die Umsetzung war, dass der Kläger die Behörde durch unangebrachtes dienstliches Verhalten gegenüber zwei Rüstungsunternehmen und anderen Ämtern in Misskredit gebracht habe. Im Zuge der Auflösung seiner Beschäftigungsbehörde wurde der Kläger im September 2012 auf einen nicht struktursicheren Dienstposten bei der neu geschaffenen Behörde versetzt.
3Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen, der Dienstherr könne Umsetzungen aus jedem dienstlichen Grund nach pflichtgemäßem Ermessen vornehmen. Die Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang und die Lebensführung des Beamten seien in die Ermessenserwägungen einzustellen. Ein dienstlicher Grund für eine Umsetzung liege auch vor, wenn der Dienstherr aufgrund des Verhaltens des Beamten berechtigten Anlass zu der Befürchtung habe, dessen Verbleib auf dem Dienstposten könne die reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen. Auf ein Verschulden des Beamten komme es nicht an. Dies sei hier der Fall: Der Kläger habe durch sein Verhalten im Dienst jedenfalls dazu beigetragen, dass die für die Aufgabenerfüllung notwendige Zusammenarbeit mit den Rüstungsunternehmen erheblich gestört gewesen sei.
41. Der Kläger wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Frage auf, ob die Umsetzung eines Beamten von einem struktursicheren auf einen künftig wegfallenden Dienstposten mit dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung vereinbar ist oder zumindest das Umsetzungsermessen aus Fürsorgegründen erheblich einschränkt.
5Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, wenn der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage aufwirft, die sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Ein solcher Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
6Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die vom Kläger gestellten Rechtsfragen nicht vor. Die Anforderungen einer Umsetzung sind ebenso geklärt wie der Inhalt des Rechts auf amtsangemessene Beschäftigung.
7Die Umsetzung stellt eine innerbehördliche Maßnahme dar, durch die der dienstliche Aufgabenbereich eines Beamten geändert wird. Dessen Ämter im statusrechtlichen und im abstrakt-funktionellen Sinn bleiben unberührt. Dem Beamten wird ein anderer, bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteter Dienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinn) übertragen, der nach seiner Wertigkeit dem Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinn zugeordnet ist.
8Die Berechtigung des Dienstherrn zur Vornahme von Umsetzungen folgt aus seiner Organisationsgewalt. Bei der Umsetzung handelt es sich um eine dienstliche Anordnung, der der betroffene Beamte aufgrund seiner Weisungsgebundenheit Folge zu leisten hat (vgl. nunmehr § 35 Satz 2 BeamtStG). Umsetzungen müssen von einem dienstlichen Grund getragen sein. Davon ausgehend hat der Dienstherr über die Umsetzung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die tatsächlichen Auswirkungen der Umsetzung auf den beruflichen Werdegang des Betroffenen oder dessen private Lebensführung sind aus Fürsorgegründen in die Ermessenserwägungen einzustellen. Der Dienstherr muss sowohl das dienstliche Interesse an der Umsetzung als auch die entgegenstehenden Belange des Betroffenen mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die Abwägung einstellen und gewichten. Grundsätzlich gilt, dass die dienstlichen Belange, die der Umsetzung zugrunde liegen, umso gewichtiger sein müssen, je schwerer die Folgen einer Umsetzung für den Beamten sind. Umsetzungen sind nach § 114 Satz 1 VwGO von den Verwaltungsgerichten daraufhin nachzuprüfen, ob der Dienstherr die das Ermessen einschränkenden Rechtsgrundsätze beachtet hat (stRspr; vgl. - NVwZ 2008, 547 <548 f.>; BVerwG 2 A 8.09 - Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 16 Rn. 19 und BVerwG 2 B 23.12 - NVwZ 2012, 1481 Rn. 7 f.).
9Der dienstliche Grund für eine Umsetzung kann sich aus jedem sachlichen Grund ergeben, der sich auf das Interesse des Dienstherrn an einer effektiven Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben zurückführen lässt. Hierzu gehört auch, dass ein Beamter aufgrund seines dienstlichen Verhaltens jedenfalls dazu beigetragen hat, dass der Dienstbetrieb beeinträchtigt ist oder dies bei seinem Verbleib auf dem Dienstposten zu erwarten ist. Welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise vorgegeben werden. Entscheidend ist stets die Würdigung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen Falles (stRspr; vgl. zuletzt BVerwG 2 B 16.12 - juris Rn. 6).
10Auch der Bedeutungsgehalt des durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Rechts des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung ist in der Rechtsprechung von Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgericht geklärt. Danach kann ein Beamter aufgrund seines Amtes im statusrechtlichen Sinne beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt und ein konkret-funktionelles Amt, d.h. ein Dienstposten, übertragen werden, deren Wertigkeit der Bedeutung des statusrechtlichen Amtes entspricht. Dem Beamten darf kein dienstlicher Aufgabenbereich übertragen werden, der in Anbetracht seines Statusamtes „unterwertig" ist. Dagegen folgt aus dem Recht auf amtsangemessene Beschäftigung kein Anspruch auf Übertragung amtsangemessener Aufgaben eines bestimmten Inhalts und demzufolge kein Schutz vor Versetzung oder Umsetzung. Die Funktionsämter des Beamten können aus jedem dienstlichen Grund geändert werden, sofern ihm ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleibt ( - BVerfGE 70, 251 <266>; BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3 <jeweils Rn. 9 ff.>, vom - BVerwG 2 C 30.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 91 = NVwZ-RR 2008, 268 <jeweils Rn. 14> und vom - BVerwG 2 C 8.07 - BVerwGE 132, 31 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 98 <jeweils Rn. 14 f.>).
11Das Oberverwaltungsgericht hat die Rechtsgrundsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer Umsetzung auf den vorliegenden Fall angewandt. Es hat den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger durch sein dienstliches Verhalten berechtigten Anlass für eine Umsetzung gegeben hat. Diese rechtliche Würdigung stellt Rechtsanwendung im Einzelfall dar, aus der sich ein Bedarf an rechtsgrundsätzlicher Klärung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergeben kann.
122. Davon ausgehend kann der Kläger mit der weiteren als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Frage, ob eine Umsetzung auf nicht belegte oder sogar erwiesenermaßen falsche Anschuldigungen Dritter gegen den Beamten gestützt werden kann, die Revisionszulassung schon deshalb nicht erreichen, weil deren Beantwortung für den Ausgang eines Revisionsverfahrens nicht entscheidungserheblich wäre. Das Oberverwaltungsgericht hat gerade nicht festgestellt, dass die Beklagte die Umsetzung auf unwahre oder nicht erwiesene Tatsachenbehauptungen gestützt hat. Vielmehr hat es tatsächliche, nach § 137 Abs. 2 VwGO bindende Feststellungen zu bestimmten Vorfällen bei dienstlichen Kontakten des Klägers mit Unternehmensvertretern getroffen und dem Kläger jedenfalls eine Mitverantwortung für die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen zugewiesen.
133. Mit der Divergenzrüge macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil weiche von dem BVerwG 2 C 26.05 - (BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3) zum Inhalt des Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung ab, weil das Oberverwaltungsgericht die Umsetzung auf einen Dienstposten gebilligt habe, dessen ersatzloser Wegfall bereits festgestanden habe.
14Der Kläger hat eine für eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erforderliche prinzipielle Abweichung des Oberverwaltungsgerichts von einem abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht dargelegt. Wie unter 1. ausgeführt, hat dieses in dem angeführten Urteil entschieden, dass der durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung die Übertragung eines Dienstpostens verlangt, dessen Aufgaben der Wertigkeit des statusrechtlichen Amtes des Beamten entsprechen. Daraus folgt, dass dem Beamten ein anderer amtsangemessener Dienstposten übertragen werden muss, wenn sein bisheriger Dienstposten aufgrund organisatorischer Änderungen wegfällt. Darüber hinausgehende Anforderungen an den Inhalt der dienstlichen Aufgaben und an die organisatorische Einbindung des Dienstpostens ergeben sich aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht.
15Von diesem Rechtsgrundsatz ist das Oberverwaltungsgericht offensichtlich nicht abgewichen. Im Übrigen ergibt sich aus den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, dass die Beklagte das Recht des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung durch die Umsetzung im Januar 2012 gewahrt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger den nach Besoldungsgruppe A 11 ausgebrachten Dienstposten eines Sachbearbeiters im Servicebereich ... erhalten hat. Die Amtsangemessenheit dieses dem statusrechtlichen Amt des Klägers entsprechenden Dienstpostens wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass er kurze Zeit später aufgrund der Auflösung der Beschäftigungsbehörde weggefallen ist. Die dadurch notwendig gewordene Versetzung des Klägers im September 2012 ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, sodass darauf bezogene Rechtsfragen mangels Entscheidungserheblichkeit einen Revisionszulassungsgrund nicht begründen können.
164. Mit der Gehörsrüge macht der Kläger zum einen geltend, er habe nicht damit rechnen müssen, dass das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung auf tatsächliche Angaben stützen würde, die eines der Rüstungsunternehmen in einem abgelehnten Beiladungsantrag gemacht hat.
17Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).
18Nach diesen Maßstäben lässt der Beschwerdevortrag nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht durch die Berücksichtigung der Begründung des Beiladungsantrags den Gehörsanspruch des Klägers verletzt hat.
19Da die Beklagte die Umsetzung auf das dienstliche Verhalten des Klägers gegenüber den Unternehmen und dessen Folgen für den Dienstbetrieb gestützt hat, hat der Kläger bei sorgfältiger Prozessführung damit rechnen müssen, dass sämtliche prozessrechtlich verwertbaren Angaben der Rüstungsunternehmen zu diesem Verhalten entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen könnten. Hierzu gehören auch die Ausführungen in dem Beiladungsantrag.
205. Weiterhin sieht der Kläger seinen Gehörsanspruch verletzt, weil er nicht mit den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts habe rechnen können, dass bestimmte von ihm getätigte Äußerungen aus Sicht des betroffenen Unternehmens unstreitig unverständlich gewesen seien und er mit seinen Äußerungen, die sich auf juristische Bewertungen und amtsinterne Prioritäten bezogen hätten, über seine Zuständigkeit hinausgegangen sei.
21Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzulegen. Der Kläger macht weder geltend, er habe sich zu den angesprochenen Gesichtspunkten nicht äußern können, noch, das Oberverwaltungsgericht habe seine Einlassungen bei der Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt. Vielmehr wendet er sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts. Er beanstandet, dass sich das Gericht seiner Beweisführung nicht angeschlossen hat.
22Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts kann vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob die allgemeinen Regeln der Beweiswürdigung eingehalten sind. Das Tatsachengericht darf sich seine Überzeugung nicht aufgrund eines Sachverhaltsirrtums gebildet und nicht gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze sowie gegen die Gebote der Logik (Denkgesetze) und der rationalen Beurteilung verstoßen haben (stRspr; vgl. BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 < 339 f.> = Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 145 S. 36 f. und vom - BVerwG 3 C 16.90 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 68 S. 64; BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 7). Für einen solchen Fehler ergeben sich keine Anhaltspunkte aus dem Beschwerdevortrag des Klägers, auf dessen Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
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BAAAE-71539