BVerwG Beschluss v. - 9 B 70.13

Gründe

1Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

21. Die Revision ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3a) Die Frage,

"ob es gem. § 44 Abs. 2 FlurbG abwägungsfehlerhaft ist, wenn einem Teilnehmer ein zunächst gemäß Planwunsch (...) im Rahmen des Flurbereinigungsplans zuerkanntes Flurstück für ein Aussiedlungsvorhaben im Rahmen eines Nachtrags wieder aberkannt wird",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie lässt sich wörtlich genommen nicht verallgemeinerungsfähig beantworten. Vielmehr hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob der Spielraum der Flurbereinigungsbehörde bei der Abwägung der gegenläufigen Belange nach § 44 Abs. 2 FlurbG ausnahmsweise so eingeengt ist, dass jede andere Entscheidung als die Aufrechterhaltung der Zuteilung des Abfindungsgrundstücks an den aussiedlungswilligen Teilnehmer abwägungsfehlerhaft wäre.

4Die Grundsatzrüge vermag im Übrigen auch insoweit nicht durchzudringen, als die Beschwerde der Sache nach darauf abstellen sollte, dass der Entzug eines gemäß einem Aussiedlungswunsch zugeteilten Abfindungsgrundstücks stets einer Abwägung nach § 44 Abs. 2 FlurbG bedürfe, weil dann kein Zweifel daran bestehen könne, dass die Flurbereinigungsbehörde Kenntnis von der Aussiedlungsabsicht habe. Das Flurbereinigungsgericht hat eine solche Kenntnis der Behörde bereits im Zeitpunkt des Planwunschtermins unterstellt. Es hat jedoch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angenommen, dass dies nicht ausreiche, sondern nur ein hinreichend konkretisiertes und verfestigtes Aussiedlungsvorhaben abwägungserheblich sei ( BVerwG 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 Rn. 31). Diese Voraussetzung sei hier nicht gegeben. Die Kläger hätten das Aussiedlungsvorhaben auch im Anschluss an den Planwunschtermin nicht weiter dadurch konkretisiert, dass sie den von der Flurbereinigungsbehörde erstellten Entwurf einer Bauvoranfrage samt Lageplan eingereicht hätten. Selbst mit ihrem Widerspruch gegen den Nachtrag I zum Flurbereinigungsplan, mit dem das Abfindungsgrundstück wieder entzogen worden sei, und in der Verhandlung über diesen Widerspruch hätten die Kläger nicht auf Nachteile für ihre Aussiedlungsabsicht hingewiesen. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass die Rechtssache vor dem Hintergrund dieser Ausführungen Anlass zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung zur Anwendung des § 44 Abs. 2 FlurbG in Fällen geben könnte, in denen ein Wunsch auf Zuteilung eines bestimmten Grundstücks zum Zwecke der Aussiedlung erkennbar geworden ist.

5b) Die weitere Frage,

"ob es sich bei der Zuweisung einer Aussiedlungsfläche gemäß Planwunsch durch den Flurbereinigungsplan nicht um eine verbindliche Zusage der Flurbereinigungsbehörde handelt, die gegenüber dem begünstigten Teilnehmer nachträglich nicht mehr geändert werden kann",

ist nicht klärungsbedürftig. Sie kann auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres verneint werden. Danach steht jede Abfindung unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen nach Maßgabe des § 60 FlurbG, es sei denn, alle den Flurbereinigungsplan betreffenden Festsetzungen sind bereits bestandskräftig geworden oder die Zuteilung beruht auf einer - gesonderten - Zusicherung nach § 38 VwVfG (vgl. BVerwG 11 C 7.97 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 78 und vom - BVerwG 1 C 102.58 - NJW 1961, 1882, <1883 f.>; BVerwG 5 B 165.85 - Buchholz 424.01 § 2 FlurbG Nr. 3; vgl. auch Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 60 Rn. 4 m.w.N.). Daher kann der Zuteilung eines Abfindungsgrundstücks gemäß Planwunsch für sich genommen nicht die Bedeutung einer nicht mehr abänderbaren "Zusicherung" auf Behalt dieses Grundstücks zukommen.

62. Die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gehen fehl. Sie nehmen Bezug auf Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Entzug eines auf der Grundlage einer wirksamen Zusicherung nach § 38 VwVfG zugeteilten Abfindungsgrundstücks grundsätzlich ausgeschlossen ist. Hiervon kann das Flurbereinigungsgericht nicht abgewichen sein, weil es das Vorliegen einer Zusicherung mangels Schriftform und Bindungswillen verneint hat. Soweit die Beschwerde diese Annahme angreift, verfehlt sie den Anwendungsbereich der Zulassung der Revision wegen Divergenz.

73. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich die Zurückweisung des Antrags der Kläger auf Vernehmung von Zeugen zum Beweis für eine bereits vor dem Planwunschtermin bestehende Kenntnis der Flurbereinigungsbehörde von ihrem Aussiedlungswunsch als Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO). Das Flurbereinigungsgericht hat diesen Beweisantrag als unerheblich zurückgewiesen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache nichts daran ändere, dass es - aus den oben genannten Gründen - an der für eine Abwägungserheblichkeit nach § 44 Abs. 2 FlurbG notwendigen Konkretisierung und Verfestigung der Aussiedlungsabsicht fehle. Das begegnet unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht keinen Bedenken. Der Sache nach wendet sich die Beschwerde denn auch im Gewande der Aufklärungsrüge gegen die Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts.

8Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Fundstelle(n):
DAAAE-71492