Urteil bei unbestimmten Tenor wirkungslos; Antrag auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages
Leitsatz
1. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann nicht gewährt werden, wenn eine grundstücksverwaltende GmbH ihr einziges Grundstück veräußert und damit vor Ablauf des Erhebungszeitraums keinen eigenen Grundbesitz mehr nutzt, aber weiterhin werbend tätig ist. Tätigkeiten zur Abwicklung der Grundstücksveräußerung und zur Vorbereitung oder Anbahnung eines erneuten Grundstückserwerbs sind keine Grundstücksnutzung.
2. Sind die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht erfüllt, kommt die pauschale Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG in Betracht.
3. Ein Urteil ist wirkungslos, wenn sich aus ihm keine eindeutige Entscheidung ergibt. Wesentlicher Bestandteil eines jeden Urteils ist die Urteilsformel. Aus ihr muss sich entnehmen lassen - erforderlichenfalls unter Heranziehung des übrigen Urteilsinhalts -, wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist. Einen solchen Mangel hat das Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten.
4. In Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO darf nur noch die rechnerische Ermittlung des Betrags offenblieben. Hat das Finanzgericht die Berechnungsgrundlagen für die abweichende Festsetzung des zutreffenden Messbetrags nicht vollständig mitgeteilt, kann das Finanzamt den Messbetrag nicht "auf Grund der Entscheidung errechnen". Ein Verstoß gegen § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO stellt ebenfalls einen zur Urteilsaufhebung führenden Verfahrensfehler dar, der von Amts wegen zu beachten ist.
Gesetze: FGO § 100 Abs. 2 Satz 2, FGO § 105 Abs. 2 Nr. 3, GewStG § 9 Nr. 1 Satz 1, GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 I. In der Sache ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) im Streitjahr 2008 die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes 2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) —GewStG 2002 n.F.— zustand.
2 Unternehmensgegenstand der in 2006 gegründeten Klägerin, einer GmbH, ist die „Verwaltung eigenen Vermögens”. Sie erwarb im selben Jahr von ihren Geschäftsführern das Grundstück X-Straße und Y-Weg in Z. Das Grundstück war mit zwei Plattenbauten mit 90 Wohnungen bebaut, deren Vermietung die Klägerin weiterführte. Das Grundstück war im Streitjahr nicht von der Grundsteuer befreit; diese wurde gemäß § 42 des Grundsteuergesetzes anhand der Ersatzbemessungsgrundlage festgesetzt. Ein Einheitswert war für das Grundstück nicht festgestellt. Weitere Grundstücke besaß die Klägerin im Streitjahr nicht. Sie war zwar bereits seit dem Jahr 2007 um den Ankauf verschiedener Objekte mit dem Ziel der anschließenden Vermietung bemüht. Ihre Erwerbsbestrebungen waren aber erst im Jahr 2010 erfolgreich.
3 Mit Verträgen vom gewährte die Klägerin unter anderem Darlehen an ihre damalige Alleingesellschafterin, die A-GmbH, in Höhe von 783.278,69 €, an ihre Geschäftsführer B und C in Höhe von jeweils 96.000 € sowie an die B & C GbR in Höhe von 350.000 € und 335.052,51 €, die sie sukzessive im Zeitraum von Juni bis November 2008 ausreichte. Aus den Darlehensverträgen flossen der Klägerin im Streitjahr Zinsen zu.
4 Mit Kaufvertrag vom veräußerte die Klägerin das Grundstück X-Straße und Y-Weg zu einem Kaufpreis von 2.330.000 € an die D-GmbH (Käuferin). Die Vertragsparteien erklärten zugleich die Auflassung. Das Grundstück wurde der Käuferin mit Wirkung zum übergeben. Zu diesem Termin gingen nach dem Kaufvertrag auch Nutzen und Lasten, die Gefahr des zufälligen Untergangs der Sache sowie die Ansprüche auf Zahlung des Mietzinses und der Nebenkosten aus den übernommenen Mietverhältnissen auf die Käuferin über. Der Kaufvertrag sah ferner vor, dass die Klägerin die Betriebs- und Nebenkosten für den Abrechnungszeitraum bis auf eigene Kosten mit den Mietern abrechnet. Etwaige sich daraus zugunsten der Mieter ergebende Guthaben hatte die Klägerin an die Mieter zu erstatten, etwaige Nachforderungen standen im Gegenzug der Klägerin zu.
5 Die Tätigkeiten der Klägerin zur Abwicklung des Kaufvertrages und zur Erfüllung der hieraus resultierenden Pflichten erstreckten sich bis in das Jahr 2009; dazu zählten Mitteilungen an Versorger, Entgegennahme von Abrechnungen der Versorger für den Abrechnungszeitraum bis , Zuarbeiten zu laufenden Mietzahlungen gegenüber der Käuferin, Abarbeitung von Nachfragen der Käuferin zu einzelnen Mietverhältnissen, Klärung von Abwicklungsdifferenzen aus dem Kaufvertrag, Klärung von Mietabweichungen, eine Kaufpreisanpassung, Bearbeitung städtischer Gebührenbescheide bis zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung —am —, Bearbeitung der Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen für den Zeitraum bis und Abwicklung der Nebenkostenabrechnungen mit Mietern.
6 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) versagte die der Klägerin für das Streitjahr zunächst antragsgemäß gewährte erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. und setzte den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend fest. Aufgrund der Veräußerung des einzigen Grundstücks sei keine Grundstücksverwaltung mehr betrieben, sondern nur noch eigenes Kapitalvermögen verwaltet worden. Auch eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. ließ das FA nicht zu, da mangels Einheitswertbescheides hierzu keine Angaben gemacht werden könnten.
7 Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Sächsische Finanzgericht (FG) der Klage im Urteil vom 2 K 1014/12, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 371, teilweise statt. Zwar sei § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. nicht einschlägig. Das FA habe aber die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. In der Hauptsache tenorierte das FG unter Klageabweisung im Übrigen: „Der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2008 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ist dahingehend abzuändern, dass bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswertes zum Feststellungszeitpunkt des zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen ist.”
8 Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihrem Antrag auf erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages entsprochen und der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt wird.
9 Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
10 II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das angefochtene Urteil ist unwirksam. Sein Tenor ist unbestimmt und kann auch nicht in einem bestimmten Sinn ausgelegt werden.
11 1. Ein Urteil ist wirkungslos, wenn sich aus ihm keine eindeutige Entscheidung ergibt. Wesentlicher Bestandteil eines jeden Urteils ist die Urteilsformel (§ 105 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Aus ihr muss sich entnehmen lassen —erforderlichenfalls unter Heranziehung des übrigen Urteilsinhalts—, wie über die Anträge der Beteiligten entschieden worden ist (, BFHE 173, 480, BStBl II 1994, 469). Einen solchen Mangel hat das Revisionsgericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten, da es sich um einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens handelt (, BFH/NV 1992, 175).
12 Der Tenor des angefochtenen FG-Urteils bezieht sich auf den zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht festgestellten Einheitswert des zum Grundvermögen der Klägerin gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes auf den Feststellungszeitpunkt . Diesem Urteilstenor lässt sich —auch unter Heranziehung der Urteilsgründe— nicht entnehmen, in welchem Umfang die diesbezügliche gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. vorzunehmen ist und in welcher Höhe der Gewerbesteuermessbetrag nach der Entscheidung festgesetzt sein soll. Der Tenor, die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags „ist dahingehend abzuändern, dass”, ist aber dahin zu verstehen, dass das FG im Rahmen der erhobenen Anfechtungsklage den Gewerbesteuermessbetrag nach § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO selbst bestimmen wollte (sog. Reformation, Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 16). Aus einem derartigen Gestaltungsurteil muss sich ergeben, inwieweit der angefochtene Bescheid abgeändert wird, woran es hier fehlt.
13 Nichts anderes ergibt sich, wenn man den Tenor dahin verstünde, dass das FG im Hinblick auf den nach den Urteilsgründen erst noch festzustellenden Einheitswert —ohne die Vorschrift anzusprechen— nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Ermittlung des (dann) festzusetzenden Messbetrags dem FA übertragen wollte. Denn in Anwendung des § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO darf nur noch die rechnerische Ermittlung des Betrags offenbleiben (, BFH/NV 2001, 757, unter II.). Da das FG die Berechnungsgrundlagen für die abweichende Festsetzung des zutreffenden Messbetrags aber nicht vollständig mitgeteilt hat, konnte das FA den Messbetrag nicht „auf Grund der Entscheidung errechnen”. Ein Verstoß gegen § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO stellt ebenfalls einen zur Urteilsaufhebung führenden Verfahrensfehler dar, der von Amts wegen zu beachten ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 757, unter II.).
14 Das Urteil des FG lässt sich auch nicht als Grundurteil i.S. des § 99 FGO verstehen. Unabhängig davon, ob ein solches im Streit über einen Gewerbesteuermessbetrag überhaupt zulässig wäre (ablehnend: , juris) und ob dessen Voraussetzungen hier vorlägen, hat das FG weder eine diesbezügliche Ermessensausübung erkennen lassen noch sonst zum Ausdruck gebracht, dass es sich nicht um ein Endurteil handeln sollte. Dies wird nicht zuletzt auch an der Kostenentscheidung deutlich, die nach § 143 Abs. 1 FGO nur bei verfahrensbeendenden Urteilen und damit nicht bei Grundurteilen zu erfolgen hat (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 143 Rz 2).
15 2. Die Streitsache ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurückzuverweisen, da dem Senat eine Entscheidung in der Sache mangels festgestellten Einheitswerts für die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. nicht möglich ist. Hierauf kommt es aber an. Denn das FG ist in der Sache zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. nicht erfüllt, bei ihr aber die pauschale Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. vorzunehmen ist.
16 a) Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. An Stelle der Kürzung nach Satz 1 tritt nach Satz 2 auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
17 b) Wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, liegen diese Voraussetzungen aufgrund der unterjährigen Veräußerung des einzigen Grundstücks der Klägerin nicht vor (vgl. auch , EFG 2013, 1420, und vom 6 K 6111/11, EFG 2013, 1950; , EFG 2014, 153).
18 aa) Soweit das Gesetz die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes fordert, ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass der Begriff der Ausschließlichkeit gleichermaßen qualitativ, quantitativ wie zeitlich zu verstehen ist (vgl. Senatsurteil vom I R 1/10, BFH/NV 2011, 841, m.w.N.; zustimmend Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 76; kritisch Jesse, Finanzrundschau —FR— 2004, 1085, 1093; Schlegel, Neue Wirtschaftsbriefe 2012, 4223, 4225). Zwar ist nicht erforderlich, dass die Grundstücksverwaltung während des gesamten Erhebungszeitraums bestanden hat. Sie kann auch vorzeitig enden. Aber solange das Unternehmen —wie im Streitfall— während des Erhebungszeitraums überhaupt tätig ist, muss seine Haupttätigkeit durchgängig in der schlichten Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bestehen, um begünstigt zu sein (Senatsurteil vom I R 201/78, BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477). Dies folgt aus dem Wesen der Gewerbesteuer als Jahressteuer (Senatsurteil vom I R 199/72, BFHE 109, 138, BStBl II 1973, 563). Die erweiterte Kürzung kann daher nicht gewährt werden, wenn das letzte Grundstück vor Ablauf des Erhebungszeitraums veräußert wird und nicht mehr ausschließlich Grundbesitz verwaltet wird (Senatsurteile in BFH/NV 2011, 841; vom I R 46/07, BFH/NV 2008, 930; in BFHE 135, 327, BStBl II 1982, 477; Senatsbeschlüsse vom I B 104/99, BFH/NV 2000, 1497; vom I B 5/99, BFH/NV 2000, 79); eine nur „technisch” bedingte Ausnahme liegt hier ersichtlich nicht vor (vgl. dazu Senatsurteil vom I R 89/03, BFHE 207, 40, BStBl II 2004, 1080). An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest.
19 bb) Im Streitfall war der Klägerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. zu versagen, weil sie seit dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten an ihrem einzigen Grundstück am —und damit vor Ablauf des Erhebungszeitraums, § 14 Satz 2 GewStG 2002 n.F.— keinen eigenen Grundbesitz mehr genutzt hat, aber weiterhin werbend tätig blieb. Soweit sie noch eigenes Kapitalvermögen in Form der ausgegebenen Darlehen verwaltete, erfolgte dies nicht mehr (unschädlich) zeitlich neben der Grundstücksnutzung, sondern danach.
20 cc) Aus der von der Revision vorgetragenen besonderen Situation der Klägerin ergibt sich nichts anderes.
21 Die nach dem Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. erforderliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes grenzt die Vermögensverwaltung auf der einen Seite von gewerblichen Tätigkeiten ab. Auf der anderen Seite erfordert der Wortlaut aber ausdrücklich, dass während des gesamten Erhebungszeitraums eine „Nutzung” des Grundstücks —im Sinne einer Fruchtziehung (vgl. Senatsbeschluss vom I B 148/07, BFH/NV 2008, 542)— erfolgt. Eine solche Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitz nahm die Klägerin aber seit dem Verlust des wirtschaftlichen Eigentums an dem Grundstück (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung) nicht mehr vor. Die Tätigkeiten zur Abwicklung der Grundstücksveräußerung und die Erfüllung von Pflichten aus dem Veräußerungsvertrag über das Ende des Erhebungszeitraums hinaus führten —unabhängig von ihrem Umfang und der Komplexität des Grundstücksgeschäfts— nicht zu einer Weiternutzung eigenen Grundbesitzes. Auch die Vorbereitung oder Anbahnung eines (erneuten) Grundstückserwerbs stellten noch keine Grundstücksnutzung in diesem Sinne dar. Hierüber können auch der Gesellschaftszweck und die Absicht, neuen Grundbesitz zur eigenen Nutzung zu erwerben (vgl. bereits , BFHE 89, 215, BStBl III 1967, 616), nicht hinweghelfen. Daher ist für die Frage der durchgängigen Grundstücksnutzung unerheblich, ob sich die Klägerin bis zum Ablauf des streitigen Erhebungszeitraums in Liquidation befand oder nicht.
22 dd) Weder der Verweis auf verfassungsrechtliche Vorgaben noch auf den Sinn und Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. führen zu einem anderen Ergebnis.
23 Die vom Senat vorgenommene Auslegung der „Ausschließlichkeit” und der „Nutzung und Verwaltung eigenen Grundbesitzes” begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; insbesondere nicht im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Die rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der Klägerin gegenüber einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft resultiert bereits aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung, dass § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG 2002 n.F. —wie auch § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002— die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften stets und in vollem Umfang als gewerblich qualifiziert. Diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteil in BFHE 109, 138, BStBl II 1973, 563; , FR 2010, 670). Der Senat hat ferner bereits entschieden, dass die —verfassungsrechtlich nicht unbedingt gebotene— Begünstigung von engen tatbestandlichen Erfordernissen abhängig und der Gesetzgeber grundsätzlich darin frei ist, tatbestandliche Voraussetzungen und Erfordernisse zu normieren, die erfüllt sein müssen, um in den Genuss einer steuerlichen Begünstigung, wie der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages, zu gelangen (vgl. Senatsurteil vom I R 67/09, BFHE 232, 194, BStBl II 2011, 367). Auch wenn es dem ursprünglichen Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 2002 n.F. entspricht, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vergleichbar tätigen Personengesellschaften gleichzustellen, erzwingt dies dennoch keine uneingeschränkte Gleichbehandlung, vielmehr nur eine solche, die spezifisch darauf beruht, dass entsprechende Gewinne bei Personengesellschaften nicht mit Gewerbesteuer belastet sind (Senatsbeschluss in BFH/NV 2000, 1497), was hier nicht der Fall ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat ebenfalls fest. Eine Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs der Kürzungsvorschrift gegen ihren ausdrücklichen Wortlaut kommt daher nicht in Betracht.
24 c) Das FG ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.F. dem Grunde nach erfüllt sind (ebenso Schnitter in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 GewStG Rz 37; Roser in Lenski/ Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 9 Rz 98; Renner in Bergemann/Wingler, GewStG, § 9 Rz 25; , EFG 1999, 246 und wohl auch R 9.2 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien 2009). Soweit gegen die Anwendung des Satzes 1 in der Literatur Einwendungen erhoben werden, wenn ein Antrag nach Satz 2 gestellt ist (Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 50; Güroff in Glanegger/ Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 32), kann sich dies nur auf Fälle beziehen, in denen die Voraussetzungen des Satzes 2 zumindest für Teile des Grundbesitzes erfüllt sind. Liegen aber —wie hier— die Voraussetzungen des Satzes 2 insgesamt nicht vor, tritt dieser auch nicht an die Stelle des Satzes 1 und verdrängt diesen nicht; der Antrag geht dann ins Leere.
25 3. Die Kostenentscheidung wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2014 S. 2466 Nr. 41
BFH/NV 2014 S. 1395 Nr. 9
EStB 2014 S. 296 Nr. 8
HFR 2014 S. 917 Nr. 10
FAAAE-69832