Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten D. H. wegen "34 tatmehrheitlich begangenen Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, wobei er in 31 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel trieb und in vier dieser Fälle als Mitglied einer Bande tätig war, und in den übrigen drei Fällen gewerbsmäßig handelte" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und gegen ihn den Verfall (von Wertersatz) in Höhe von 143.900 € angeordnet. Den Angeklagten X. H. hat es wegen "neun Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, wobei er in acht Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel trieb und in sieben dieser Fälle als Mitglied einer Bande tätig war, sowie wegen zwei Fällen der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Gegen diesen Angeklagten hat das Landgericht den Verfall (von Wertersatz) in Höhe von 37.600 € angeordnet. Bei beiden Angeklagten hat es von der jeweils verhängten Gesamtfreiheitsstrafe drei Monate wegen "überlanger Verfahrensdauer" für vollstreckt erklärt. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen der Angeklagten erzielen mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen des Landgerichts vereinbarten die Angeklagten Anfang des Jahres 2008, gemeinsam über einen längeren Zeitraum gewinnbringend mit Betäubungsmitteln zu handeln. Im Frühjahr 2009 schloss sich der ehemalige Mitangeklagte M. zum selben gemeinsamen Zweck den Angeklagten an. Im Tatzeitraum zwischen Mai 2008 und Mai 2010 kam es zu diversen Amphetamingeschäften in der Größenordnung von 100 bis 2.000 g in wechselnder Beteiligung, wobei stets zumindest einer der Angeklagten als Veräußerer des Rauschgifts in Erscheinung trat. Das Amphetamin wurde auf Kommissionsbasis an Abnehmer abgegeben, die es ihrerseits gewinnbringend verkauften und den Kaufpreis anschließend - oftmals über zwischengeschaltete Personen - beiden Angeklagten oder einem von ihnen zumeist in mehreren Teilbeträgen zukommen ließen.
32. Hinsichtlich des Angeklagten D. H. hält die Annahme zweier selbständiger Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 StGB in den Fällen 13 und 14 sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass der Erwerber der zwei Amphetaminlieferungen über jeweils 1 kg zum Preis von je 6.000 € einen aus diesen Lieferungen noch offenen Betrag von 10.000 € in einem Vorgang an den gesondert verfolgten M. bezahlt hat, der diesen Betrag sodann an D. H. weiterleitete. Damit fällt ein Teilakt des Handeltreibens, nämlich die Entgegennahme des Kaufpreises oder eines Teils davon, für beide Lieferungen in einer Handlung zusammen. Dies führt in der vorliegenden Konstellation zur Annahme von Tateinheit zwischen den beiden so verbundenen Taten des Handeltreibens (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. März 1996 - 2 StR 514/95, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 29, vom 2. Oktober 2002 - 2 StR 294/02, in NStZ-RR 2003, 75 nicht abgedruckt, und vom 17. Oktober 2007 - 2 StR 376/07).
4Die Schuldspruchänderung hat den Wegfall der für Fall 14 verhängten Einzelstrafe zur Folge. Angesichts des äußerst straffen Zusammenzugs der Einzelstrafen im Rahmen der Gesamtstrafenbildung schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne diese Einzelstrafe auf eine noch geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
53. Zu Unrecht hat die Strafkammer in Bezug auf den Angeklagten X. H. im Fall 1 das Vorliegen einer nicht geringen Menge Amphetamins bejaht. Nach den Urteilsfeststellungen veräußerten die Angeklagten in diesem Fall 100 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 8 % Amphetaminbase, so dass der Grenzwert von 10 g Amphetaminbase (, BGHSt 33, 169), den das Landgericht sonst zutreffend zugrunde gelegt hat, nicht überschritten ist.
6Der Senat setzt die Strafe in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf die Mindeststrafe des § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG fest. Aus den Urteilsgründen ergibt sich zweifelsfrei, dass das Landgericht auch bei X. H. von einem gewerbsmäßigen Vorgehen ausgegangen ist und das Vorliegen einer Ausnahme von der Regelwirkung des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG nicht angenommen hätte. Auswirkungen der geringfügigen Herabsetzung dieser Einzelstrafe auf die Gesamtfreiheitsstrafe sind angesichts der Höhe der übrigen Einzelstrafen ebenfalls auszuschließen.
74. Der Verfallsausspruch hat hinsichtlich beider Angeklagter keinen Bestand. Das Landgericht hat es versäumt, die Voraussetzungen eines Härtefalls gemäß § 73c StGB zu prüfen. Hierzu hätte angesichts der Höhe der Verfallsbeträge trotz der vermeintlich "gefestigten finanziellen Situation" der Angeklagten (UA S. 112) Anlass bestanden (zu den Anforderungen an die Darstellung im Urteil vgl. , NStZ-RR 2013, 340 mwN). Zum Verbleib der mit den Taten erwirtschafteten Gelder im Vermögen der Angeklagten hat die Strafkammer keinerlei Feststellungen getroffen. Zudem wäre vor dem Hintergrund, dass beide Angeklagte aufgrund der bevorstehenden erneuten Inhaftierung ihrer Erwerbstätigkeit, mit der sie bislang den Lebensunterhalt ihrer Familien sichergestellt hatten, nicht mehr werden nachgehen können und dass die nach den Urteilsgründen wohl in ihrem Eigentum stehenden, nicht aus Drogengeldern bezahlten Einfamilienhäuser auch ihren Ehefrauen und Kindern als Wohnung dienen, eine ausdrückliche Prüfung des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 73c Satz 1 StGB unumgänglich gewesen.
8Darüber hinaus ist die Höhe des Verfallsbetrages bei X. H. nicht nachvollziehbar. Aus den Taten 1 und 35 bis 41 ergibt sich ein Betrag von 34.600 €. In den Fällen 18, 19 und 42 hat X. H. nach den landgerichtlichen Feststellungen keinen Umsatz erzielt. Im Fall 39 hat das Landgericht lediglich eine Teilzahlung von 1.000 € festgestellt.
9Der Senat weist schließlich darauf hin, dass es bei einer Anordnung von Wertersatzverfall anders als bei einem Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO des Ausspruchs einer gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter oder Teilnehmer bereits im Urteilstenor bedarf, weil aus der Verfallsanordnung gemäß § 459g Abs. 2 StPO wie aus einem zivilgerichtlichen Zahlungstitel nach den §§ 459 ff. StPO vollstreckt werden kann (, NStZ 2013, 401 mwN).
Fundstelle(n):
NAAAE-68600