Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft; insbesondere in Fällen der Insolvenz
Eine Organschaft liegt vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist.
Die Organschaft endet zu dem Zeitpunkt, zu dem eine der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht mehr erfüllt ist. Das ist z. B. der Fall, wenn
sich die Stimmrechtsverhältnisse durch Aufnahme weiterer Gesellschafter in die Organgesellschaft entscheidend ändern,
der Betrieb des Organträgers oder der Organgesellschaft veräußert oder
die Organgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt wird.
1. Liquidation und Vermögenslosigkeit
Der bloße Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft und die anschließende Abwicklung der Geschäfte der Organgesellschaft hat keinen Einfluss auf die Organschaft. Die Organgesellschaft rechnet vielmehr so lange zum Unternehmen des Organträgers, bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist (). Das gilt selbst dann, wenn im Rahmen der Liquidation nur noch Umsätze aus der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände bewirkt werden ().
Auch durch die Vermögenslosigkeit der Organgesellschaft wird die Organschaft nicht beendet; sie dauert fort, bis alle Rechtsbeziehungen der Organgesellschaft abgewickelt sind (vgl. ; BFH/NV 1992, 346, und ; BFH/NV 1996, 275).
Dagegen führt die Liquidation des Organträgers regelmäßig zur Beendigung der Organschaft, weil mit der Einstellung der aktiven unternehmerischen Tätigkeit des Organträgers die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft entfällt ().
2. Insolvenzverfahren (Abschn. 2.8. Abs. 8 UStAE)
2.1 Insolvenz der Organgesellschaft
Spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft endet das Organschaftsverhältnis, da zu diesem Zeitpunkt das Verwaltungs- und Verfügungsrecht nach § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergeht und somit die organisatorische Eingliederung entfällt. Ab diesem Zeitpunkt ist nicht mehr gewährleistet, dass der Wille des Organträgers in der Organgesellschaft auch tatsächlich ausgeführt wird (vgl. , BStBl 1997 II S. 580).
Sofern ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und der Organgesellschaft ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Organgesellschaft nach § 22 Abs. 1 InsO auf den vorläufigen (sog. starken) Insolvenzverwalter über. Das Organschaftsverhältnis endet insoweit bereits ab diesem Zeitpunkt.
Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, ohne dass dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter), bleibt die Organschaft regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Dies gilt auch wenn das Gericht anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (vgl. , BStBl 2004 II S. 905).
Mit Beendigung der Organschaft ist die ehemalige Organgesellschaft als selbstständiger Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen. Die Unternehmereigenschaft ist auch dann zu bejahen, wenn nach Beendigung des Organschaftsverhältnisses lediglich Verwertungshandlungen im geringen Umfang vorgenommen werden, so dass diese Tätigkeit für sich betrachtet nicht nachhaltig ist. Die Organgesellschaft war jedoch zur Zeit der Organschaft ein Unternehmensteil, der lediglich nicht selbstständig war, so dass auch die Tätigkeit vor Beendigung der Organschaft in die Beurteilung der Unternehmereigenschaft einzubeziehen ist.
Die Unternehmereigenschaft endet nicht vor Abschluss der letzten Liquidationshandlungen (vgl. , BStBl 1994 II S. 483). Auf eine getrennte umsatzsteuerliche Erfassung der ehemaligen Organgesellschaft ist deshalb zu achten. Für die Frage der Besteuerungsform und des Voranmeldungszeitraums der ehemaligen Organgesellschaft sind grundsätzlich die Verhältnisse des Organkreises zu berücksichtigen.
Wird der Antrag der Organgesellschaft auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, so bleibt die vorher bestehende finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung unberührt. Die Organgesellschaft rechnet so lange zum Unternehmen des Organträgers, bis die Liquidation abgeschlossen und das vorhandene Gesellschaftsvermögen veräußert ist (vgl. , BFH/NV 1992, 346).
2.2 Insolvenz des Organträgers
Wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Organträgers eröffnet, hat dies grundsätzlich keine Auswirkungen auf die finanzielle und wirtschaftliche Eingliederung. Für das Fortbestehen der Organschaft ist deshalb darauf abzustellen, ob der Organträger – unter Berücksichtigung des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter – weiterhin auch seine Vorstellungen in der Organgesellschaft durchsetzen kann (vgl. , BStBl 1999 II S. 258). In der Regel wird der Insolvenzverwalter zur Sicherung der Masse, zu der die Anteile an der Organgesellschaft gehören, durch organisatorische Maßnahmen sicherstellen, dass sein Wille in der Organgesellschaft durchgesetzt wird.
2.3 Insolvenz des Organträgers und der Organgesellschaft
Bestellt das Gericht im Falle der Insolvenz des Organträgers und der Organgesellschaft für beide denselben Insolvenzverwalter, so ist dieser in der Lage seinen Willen sowohl in der Organgesellschaft als auch beim Organträger durchzusetzen. Die organisatorische Eingliederung und damit auch die umsatzsteuerliche Organschaft bleibt in diesem Fall deshalb bestehen.
Die umsatzsteuerliche Organschaft endet hingegen, wenn für den Organträger sowie für die Organgesellschaft unterschiedliche Insolvenzverwalter bestellt werden. Der Insolvenzverwalter des Organträgers ist dann nicht mehr in der Lage, seinen Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen, so dass die organisatorische Eingliederung entfällt.
2.4 aktuelle BFH-Rechtsprechung
Mit hat der BFH entschieden, dass die Organschaft bereits bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt endet.
In seinem hält es der BFH auch in Fällen der Eigenverwaltung für ernstlich zweifelhaft, ob durch die Bestellung eines Sachwalters weiterhin von der organisatorischen Eingliederung ausgegangen werden kann.
Das Urteil und der Beschluss wurden noch nicht amtlich veröffentlicht. Die Konsequenzen aus der neueren Rechtsprechung werden derzeit auf Bundesebene erörtert. Falls sich Unternehmen bereits auf die neue Rechtsprechung berufen, ist die Entscheidung vorerst zurückzustellen. Für Fragen in diesem Zusammenhang steht St 110 zur Verfügung.
3. Rechtsfolgen der Beendigung der Organschaft
Ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft handelt es sich beim Organträger und der Organgesellschaft wieder um zwei selbstständige Unternehmer. Die auf Grund der Organschaft geltenden Rechtsfolgen (Zusammenfassung der Umsätze des Organträgers und der Organgesellschaft in einer Erklärung, Behandlung der Umsätze zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft als nicht steuerbare Innenumsätze etc.) sind ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft nicht mehr zu ziehen.
Die in ofix: UStG/18/2 dargestellten Grundsätze gelten grundsätzlich auch im Falle der Insolvenz eines Unternehmensteils des Organkreises. Es sind jedoch folgende Besonderheiten zu beachten:
3.1 Zurechnung von Umsätzen
Entscheidend für die Zurechnung von Umsätzen ist der Zeitpunkt des Umsatzsteuer auslösenden Ereignisses. Erbringt demnach die Organgesellschaft Leistungen vor Beendigung der Organschaft, werden diese dem Organträger zugerechnet. Liegt der Zeitpunkt der Leistungserbringung nach Beendigung der Organschaft, werden sie grundsätzlich der Organgesellschaft als eigenständiger Unternehmerin zugerechnet. Unerheblich hierbei ist der Zeitpunkt der Rechnungserteilung sowie der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer ().
Analog hierzu richten sich Berichtigungsansprüche nach § 17 UStG, die diese Umsätze betreffen, nur dann gegen den Organträger, wenn der Zeitpunkt des den Berichtigungsanspruch auslösenden Ereignisses vor Beendigung der Organschaft liegt. Tritt das auslösende Ereignis jedoch nach Beendigung der Organschaft ein, richten sich die Berichtigungsansprüche auch gegen die Organgesellschaft.
Die Organschaft zwischen X als Organträger und der Y-GmbH als Organgesellschaft wird am beendet. Die regelversteuernde Y-GmbH hatte noch am Waren im Wert von 10.000 EUR zzgl. USt an den Kunden Z geliefert. Noch am gleichen Tag stellt die Y-GmbH die Rechnung, die Z am zugeht. Z zahlt am und macht von der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Skontos i. H. v. 2 % bei Zahlung innerhalb von 20 Tagen Gebrauch.
Die Umsatzsteuer aus der Lieferung entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 09, also nach Beendigung der Organschaft. Da das Umsatzsteuer auslösende Ereignis, also die Lieferung der Y-GmbH an Z, vor Beendigung der Organschaft erfolgt ist, ist die hierauf entfallende Umsatzsteuer noch beim Organträger X zu erfassen.
Die Berichtigung des Steuerbetrags aufgrund der Änderung der Bemessungsgrundlage hat nach § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG in dem Voranmeldungszeitraum zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Das die Änderung der Bemessungsgrundlage auslösende Ereignis ist die Zahlung von Z innerhalb von 20 Tagen nach Zugang der Rechnung. Die Minderung der Umsatzsteuer ist daher im Voranmeldungszeitraum Februar 09 zu erfassen und steht der Y-GmbH als nun eigenständiger Unternehmerin zu.
Hat jedoch der Organträger An- und Vorauszahlungen auf Umsätze aus Leistungen der Organgesellschaft, die nach Beendigung der Organschaft erbracht wurden, bereits der Umsatzbesteuerung unterworfen, so sind diese bei der Steuerfestsetzung der ehemaligen Organgesellschaft steuermindernd zu berücksichtigen, weil die Regelung über die Entstehung der Steuer für vereinnahmte Anzahlungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG einen selbstständigen und abschließenden Steuerentstehungstatbestand enthält (vgl. , BStBl 2002 II S. 255).
3.2 Zurechnung von Vorsteuerbeträgen
Für die Zurechnung des Vorsteueranspruchs ist ebenfalls der Leistungsbezug als auslösendes Ereignis entscheidend. Vorsteuern aus Leistungen, die die Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaft bezieht stehen demnach dem Organträger zu, unabhängig davon, ob sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind.
Die Organschaft zwischen A als Organträger und der B-GmbH als Organgesellschaft wird am beendet. B hatte noch am Waren im Wert von 10.000 EUR zzgl. USt von C geliefert bekommen. Die nach § 14 UStG ordnungsgemäß erteilte Rechnung des C geht bei B erst am ein.
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG liegen erst im Zeitpunkt des Erhalts der Rechnung am vor. Der Vorsteuerabzug ist demnach erst im Voranmeldungszeitraum Februar 2009 zu erfassen. Der Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung steht jedoch in vollem Umfang A als Organträger zu, da im Zeitpunkt des Leistungsbezugs durch B die Organschaft noch bestanden hat.
Vorsteuern aus Leistungen, die die Organgesellschaft erst nach Beendigung der Organschaft bezieht, können grundsätzlich nur von der Organgesellschaft abgezogen werden. Hat jedoch der Organträger vor Beendigung der Organschaft An- oder Vorauszahlungen auf diese Leistungen entrichtet und hieraus den (vorgezogenen) Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG vorgenommen, so ist die Organgesellschaft lediglich zum Vorsteuerabzug aus dem im Zeitpunkt der Beendigung der Organschaft noch offenen Restpreis berechtigt. Der vorgezogene Vorsteuerabzug aus den An- und Vorauszahlungen steht weiterhin dem Organträger zu (, BStBl 2002 II S. 255).
Vorsteuerberichtigungsansprüche, die Leistungsbezüge der Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaft betreffen und bei denen das den Berichtigungsanspruch auslösende Ereignis vor Beendigung der Organschaft eintritt, richten sich gegen den Organträger (, BFH/NV 2002, 1352).
Die Frage der Uneinbringlichkeit von Verbindlichkeiten beurteilt sich nach den Verhältnissen bei der Organgesellschaft, da sie und nicht der Organträger Schuldner des Entgelts ist (vgl. , EFG 1990, 543).
Y ist Organträger der Z-GmbH. Am stellen die Geschäftsführer der Z-GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft. Am wird entsprechend dem Beschluss des Amtsgerichts das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z-GmbH eröffnet.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt das FA fest, dass das Entgelt für Lieferungen an Z aus Dezember 07, für die Y bereits den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, von Z nicht vollständig beglichen worden waren.
Maßgebend für die Vorsteuerberichtigung ist die Zahlungsunfähigkeit der Z-GmbH. Die Bestimmung des Zeitpunkts der Zahlungsunfähigkeit ist in der Praxis meist nur schwer möglich. Die die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auslösende Uneinbringlichkeit kann jedoch spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens – unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote – in voller Höhe angenommen werden (Abschn. 17.1. Abs. 15 Satz 1 UStAE). Das die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 UStG auslösende Ereignis, hier die Uneinbringlichkeit des Entgelts aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der Z-GmbH, liegt somit noch in der Zeit der Organschaft. Die Berichtigung ist daher noch beim Organträger Y durchzuführen (vgl. , BFH/NV 1992, 140 und , BFH/NV 1994, 277 sowie , BFH/NV 2002, 1352 und , BStBl 2011 II S. 988).
Vorsteuerrückforderungsansprüche aus Leistungen vor Beendigung der Organschaft, bei denen das den Anspruch auslösende Ereignis erst nach der Beendigung der Organschaft eintritt, können nach Auffassung des BFH nach Beendigung der Organschaft nicht mehr gegen den Organträger geltend gemacht werden. Auch wenn der jetzt zu berichtigende Vorsteueranspruch ursprünglich vom Organträger in Anspruch genommen wurde, ist der Vorsteuerabzug nicht zwangsläufig gegenüber dem bisherigen Organträger, sondern gegenüber dem im Zeitpunkt des Uneinbringlichwerdens bestehenden Unternehmen, also der früheren Organgesellschaft, zu berichtigen.
K ist Organträger der I-GmbH. Die Organschaft endet am , da K seine Anteile an der I-GmbH vollständig an Z überträgt.
I hat im Januar 07 von G Waren bezogen, für die K als Organträger im Januar 07 zutreffend den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat. Aufgrund eines plötzlichen Auftragseinbruchs wird im Dezember 08 über das Vermögen der I-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt das zuständige FA fest, dass die von G bezogenen Waren nicht vollständig bezahlt wurden.
Die die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i. V. mit Abs. 2 Nr. 1 UStG auslösende Uneinbringlichkeit des Entgelts aufgrund der Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH liegt nach Beendigung der Organschaft. Auch wenn der ursprüngliche Vorsteuerabzug zutreffend bei K als Organträger vorgenommen wurde, hat das FA seinen nun entstandenen Vorsteuerrückforderungsanspruch als Insolvenzforderung gegenüber der I-GmbH als nun eigenständiger Unternehmerin geltend zu machen (, BFH/NV 2007, 839).
Wenn über das Vermögen des Organträgers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, bestehen keine Bedenken, als Vorsteuerrückforderungsbetrag nach § 17 UStG vorläufig die in den letzten 12 Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemachten Vorsteuerbeträge zur Insolvenztabelle anzumelden Hierbei ist es unschädlich, dass dieser Betrag auch durch die Organgesellschaft verursachte – nicht rückforderungsbehaftete – Vorsteuerbeträge beinhalten kann, da der Organträger dem Schutz des Vollstreckungsverbots (§ 89 InsO) unterliegt, und eine Richtigstellung nach Bestreitung durch den Insolvenzverwalter oder durch den Schuldner (§ 176 InsO) möglich ist.
Wird über das Vermögen der Organgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, sind die Vorsteuerrückforderungsbeträge nach § 17 UStG beim (ehemaligen) Organträger festzusetzen. Da dieser bei Insolvenz der Organgesellschaft jedoch nicht dem Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO unterliegt, können hier nur die tatsächlich ermittelten Vorsteuerrückforderungsbeträge festgesetzt werden.
3.3 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG
Durch Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kann eine Vorsteuerberichtigung ausgelöst werden. Der Berichtigungsanspruch ist als Masseanspruch von der ehemaligen Organgesellschaft zu fordern, auch wenn der erstmalige Vorsteueranspruch nach § 15 UStG dem Organträger zugestanden hatte. Die ehemalige Organgesellschaft führt die für den § 15a UStG maßgebenden Verhältnisse fort (vgl. Abschn. 15a.10. Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStAE).
3.4 Änderung der Bemessungsgrundlage für ab dem eröffnete Verfahren
Für Insolvenzverfahren, die nach dem eröffnet werden, gelten die Grundsätze des Abschn. 17.1. Abs. 11 bis 15 UStAE. Die dort genannten Grundsätze sind auch für einzelne Unternehmensteile des Organkreises anwendbar. Für Organgesellschaften gelten sie mit der Maßgabe, dass das Entgelt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar für den vorinsolvenzrechtlichen Teil der Organgesellschaft uneinbringlich wird, die Berichtigung der entstandenen Umsatzsteuer jedoch beim Organträger vorzunehmen ist. Wird das Entgelt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmt, ist die erneute Berichtigung der Bemessungsgrundlage nunmehr auf Ebene der Organgesellschaft vorzunehmen, da diese mit Verfahrenseröffnung zum eigenständigen Unternehmer wird (vgl. Tz. 3). Die Umsatzsteuer zählt zu den sonstigen Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
4. Haftung nach § 73 AO
Tritt beim Organträger Insolvenz ein, so ist bei der Organgesellschaft die Haftung nach § 73 AO zu prüfen. Ist die Organgesellschaft ebenfalls insolvent, so ist der Haftungsanspruch zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Organgesellschaft anzumelden.
5. Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO
Nach § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, als Masseverbindlichkeit.
Der persönliche Anwendungsbereich des § 55 Abs. 4 InsO erstreckt sich nur auf schwache vorläufige Insolvenzverwalter. Hierbei ist es unbeachtlich, ob diese vom Gericht mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattet wurden oder nicht. Auf starke vorläufige Insolvenzverwalter ist die Vorschrift nicht anwendbar, da insoweit sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO begründet werden.
Die Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem beantragt wird.
5.1 Insolvenz des Organträgers
Sofern über das Vermögen des Organträgers die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt wurde und ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist, so gilt unter den weiteren Voraussetzungen des § 55 Abs. 4 InsO nur die Umsatzsteuer als Masseverbindlichkeit, soweit sie auf eigene Umsätze des Organträgers im Rahmen des vorläufigen Insolvenzverfahrens entfällt. Soweit die Umsatzsteuer auf Umsätze der Organgesellschaft entfällt, wurde sie nicht vom vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. mit dessen Zustimmung begründet.
5.2 Insolvenz der Organgesellschaft
Falls die Organschaft im vorläufigen Insolvenzverfahren fortbesteht, wird die Umsatzsteuer vom Organträger weiterhin als originärem Steuerschuldner geschuldet, so dass für die Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO auf der Ebene der Organgesellschaft kein Raum bleibt.
Bleibt der Organträger diese Steuern hingegen schuldig, ist die Haftung der Organgesellschaft nach § 73 AO zu prüfen. Etwaige Haftungsansprüche gegen die Organgesellschaft begründen dann nach § 55 Abs. 4 InsO Masseverbindlichkeiten, da es sich bei den Haftungsansprüchen ebenfalls um Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 37 AO handelt, deren Begründung mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgte.
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