Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Az: 5 A 10538/13 Beschlussvorgehend VG Mainz Az: 5 K 1669/12.MZ Beschluss
Gründe
I.
1Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien)" mitbestimmungspflichtig ist.
2Die Lehrer-Richtlinien enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die Lehrer-Richtlinien sind am 19./ von der Mitgliederversammlung der TdL in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem in Kraft sind. Das Land Rheinland-Pfalz ist Mitglied der TdL. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im Land Rheinland-Pfalz enthalten dynamische Verweisungen auf die Lehrer-Richtlinien.
3Mit E-Mails vom , vom und vom übersandte der Beteiligte zu 2 die Lehrer-Richtlinien sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle in der Oberfinanzdirektion Koblenz mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der TdL der ab geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe.
4Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom , vom und vom an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sowie des Pädagogischen Leistungszentrums (PL) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet.
5Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt.
6Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem geltenden Richtlinien der Tarifgemeinschaft der Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der Lehrer-Richtlinien weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die ADD sowie an das PL enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der Lehrer-Richtlinien. Erlass, Inhalt und Anwendung der Lehrer-Richtlinien gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen Verwaltungszweig desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten.
7Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt.
8Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG.
9Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des Bundesinteresses auf dem Standpunkt, die Anwendung der Lehrer-Richtlinien sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht.
II.
10Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung.
111. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem neugefassten Lehrer-Richtlinien gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften der Förderschulen. Dies war im Tenor klarzustellen.
122. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint.
13a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat.
14Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG: BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 Rn. 11 m.w.N.). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: - AP Nr. 143 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der Lehrer-Richtlinien.
15Dass die Lehrer-Richtlinien dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom a.a.O. Rn. 12).
16Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete Tarifvorrang kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete Gesetzesvorrang kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der TdL - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der TdL keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen Landes, ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des Landes einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom a.a.O. Rn. 26).
17b. Jedoch erfolgt die Anwendung der Lehrer-Richtlinien gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1.
18Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die Lehrer-Richtlinien in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der TdL die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der Landesverwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. Verteilerinstanz eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor der Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom a.a.O. Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail des Beteiligten zu 2 vom am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom (GVBl S. 172) Fragen des Tarifrechts als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der Lehrer-Richtlinien zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des Anordnungsgebers schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des Vergütungswesens ermöglichte. Ungeachtet der vom Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet ( - BVerfGE 93, 37 <69>). Eine Verfassungspflicht, keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht.
193. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu.
20Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG:
"In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen Verwaltungszweig oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten."
21Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die Lehrer-Richtlinien gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sprechen folgende Erwägungen:
22a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des Verwaltungszweigs wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. BVerwG 2 B 89.11 - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche Verwaltungszweige. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen Verwaltungszweigs erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen Verwaltungszweigs auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen Verwaltungszweigs mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen Verwaltungszweig anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden.
23b. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen.
24aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das Partnerschaftsprinzip durchbricht (vgl. hierzu LTDrucks 15/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. Jacobi/Küssner/Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, Stand April 2013, § 53 Rn. 16).
25bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG.
26cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den rheinland-pfälzischen Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen Regelungswillen zugrunde gelegt sehen möchte, der den baden-württembergischen Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat.
27dd. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des Verwaltungszweigs und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von Maßnahmenbefugnis und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden.
28ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der Lehrer-Richtlinien nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf Ebene der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.
Fundstelle(n):
GAAAE-67344