BGH Urteil v. - 4 StR 483/13

Instanzenzug:

Gründe

1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 5 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es gegen ihn den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 2.000 € angeordnet. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft wendet sich gegen das Urteil mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, wirksam auf den Strafausspruch beschränkten Revision, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet; hingegen hat das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft weitgehend Erfolg.

I.

2 Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

II.

3 Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung der Strafaussprüche in den Fällen II. 1 bis 5 der Urteilsgründe sowie des Gesamtstrafenausspruchs; lediglich die - entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts vom Revisionsangriff mitumfasste - Strafe im Fall II. 6 hat Bestand.

4 1. Im Fall II. 1 der Urteilsgründe hat das Landgericht die Strafuntergrenze des von ihm angewendeten Tatbestands rechtsfehlerhaft unterschritten. Es hat den Angeklagten in diesem Fall wegen (unerlaubten) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu der Einzelfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 29a Abs. 2 BtMG hat es ausdrücklich abgelehnt (UA 21). Die verhängte Einzelstrafe unterschreitet daher die Untergrenze des sich aus § 29a Abs. 1 BtMG ergebenden und von einem Jahr bis zu 15 Jahren reichenden Strafrahmens.

5 2. Im Fall II. 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB verstoßen. Sie hat den Angeklagten in diesem Fall wegen (unerlaubten) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt (Einsatzstrafe). Einen minder schweren Fall hat sie auch insoweit für das Handeltreiben verneint, für die Einfuhr hingegen bejaht. Die Strafe hat sie dem Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG - drei Monate bis fünf Jahre - entnommen.

6 Zwar ist die Annahme eines minder schweren Falles der Einfuhr bei gleichzeitiger Ablehnung eines solchen für das Handeltreiben nicht ausgeschlossen. Jedoch hat das Landgericht gegen § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB verstoßen, indem es der konkreten Strafzumessung den Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG zugrunde gelegt hat. Nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB wird, wenn wie hier mehrere Strafgesetze verletzt sind, die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, dass die schwerste Strafe androht. Hierbei kommt es nicht auf den jeweiligen Regelstrafrahmen der beiden zueinander in Tateinheit stehenden Tatbestände, sondern auf die konkret in Betracht kommenden Strafrahmen unter Berücksichtigung von Ausnahmestrafrahmen wie bei minder oder besonders schweren Fällen an (, NStZ 2004, 109, 110; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 52 Rn. 47; MüKoStGB/ von Heintschel-Heinegg, 2. Aufl., § 52 Rn. 120). Deshalb hätte das Landgericht einen Strafrahmen von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 BtMG seiner Straffindung zu Grunde legen müssen.

7 3. Der Senat hebt auch die in den Fällen II. 3 bis 5 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verhängten Einzelstrafen von einem Jahr und zwei Monaten und zweimal je einem Jahr Freiheitsstrafe auf, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatrichter die Möglichkeit einer in sich ausgewogenen Strafzumessung zu geben. Dieser hat Gelegenheit, auch die weiteren Einwendungen der Revisionsführerin und der Generalstaatsanwaltschaft bei der erneuten Straffestsetzung zu erwägen.

8 4. Hingegen schließt der Senat auch unter Berücksichtigung des weiteren Revisionsvorbringens der Staatsanwaltschaft aus, dass die im Fall II. 6 der Urteilsgründe wegen (unerlaubten) Besitzes von Betäubungsmitteln verhängte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 € von Rechtsfehlern zu Gunsten des Angeklagten beeinflusst worden sein könnte. Dabei geht der Senat davon aus, dass das Landgericht bei der rechtlichen Würdigung auf UA 22 lediglich versehentlich - neben dem unerlaubten Besitz - auch das Sich-Verschaffen von Betäubungsmitteln erwähnt hat. Diese Tatbestandsvariante des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG hat das Landgericht nicht in den Tenor des angefochtenen Urteils aufgenommen; sie ausfüllende Feststellungen hat es nicht getroffen. Einfluss auf die Strafzumessung hat dieser Umstand ersichtlich nicht gehabt.

9 5. Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 1 bis 5 der Urteilsgründe entzieht der verhängten - an sich jedenfalls nicht unvertretbar milden und zu Lasten des Angeklagten aus einem fehlerhaft berechneten Gesamtstrafrahmen entnommenen - Gesamtstrafe die Grundlage.

Fundstelle(n):
TAAAE-61732