BGH Beschluss v. - 4 StR 4/14

Betäubungsmitteldelikt: Berechnung der Mindestzahl der Einzeltaten bei einer Tatserie

Gesetze: § 29 BtMG, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Hagen (Westfalen) Az: 49 KLs 200 Js 2555/12 - 24/13

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, „wobei der Angeklagte einen Gegenstand mit sich geführt hat, der zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist" (richtig: bewaffnetes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 82 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 36 Fällen im Fall II.2 Tatkomplex der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil die Feststellung der Anzahl der Einzeltaten nicht nachvollziehbar ist.

3Will der Tatrichter bei einer Tatserie mit im Wesentlichen gleichen Tatverläufen die Mindestzahl der Einzeltaten aufgrund einer Häufigkeitsangabe und eines Zeitraums bestimmen, hat er eine nachvollziehbare Berechnung anzustellen. Dabei sollte insbesondere auch ausgeführt werden, wie zu Beginn und zu Ende des Tatzeitraums gerechnet worden ist (vgl. , BtMG § 29 Serienstraftaten 3). Diesen Anforderungen werden die Darlegungen des Landgerichts nicht gerecht. Die angenommene Mindestzahl von 36 Einzelfällen kann bei einem Tatzeitraum von Anfang August 2011 bis Anfang Februar 2013 (18 Monate) und einer Häufigkeit von monatlich 1 - 2 Einzeltaten nicht ohne weitere Erklärung insbesondere zur Anwendung des in-dubio-Grundsatzes nachvollzogen werden.

42. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung der Schuldsprüche im Fall II.2 Tatkomplex der Urteilsgründe hat die Aufhebung der Gesamtstrafe zur Folge.

5Bei der erneuten Gesamtstrafenbildung wird zu beachten sein, dass die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hagen vom im Zeitpunkt des Ersturteils noch nicht vollständig bezahlt war und deshalb insoweit die Voraussetzungen für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 StGB vorliegen. Diesem noch nicht erledigten Strafbefehl kommt auch dann eine Zäsurwirkung zu, wenn die verhängte Geldstrafe in Anwendung von § 53 Satz 2 StGB gesondert bestehen bleiben soll (, Rn. 5; Beschluss vom - 3 StR 370/11, NStZ-RR 2012, 170; Beschluss vom - 2 StR 294/03, Rn. 6, insoweit in NStZ 2004, 329 nicht abgedruckt; Urteil vom - 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184; Beschluss vom - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 194).

Mutzbauer                           Roggenbuck                             Cierniak

                       Franke                                  Quentin

Fundstelle(n):
SAAAE-61728