BGH Beschluss v. - VII ZB 49/13

Unzulässigkeit einer erneuten Werklohnklage nach Abweisung einer ersten Klage mangels einer prüfbaren Schlussrechnung

Leitsatz

Ist eine Werklohnklage mangels prüfbarer Schlussrechnung als derzeit unbegründet abgewiesen worden, steht einer erneuten Klage die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils entgegen, wenn mit dieser unter Vorlage eines Gutachtens lediglich geltend gemacht wird, die Entscheidung des Gerichts sei unzutreffend.

Gesetze: § 322 ZPO, § 631 BGB, §§ 631ff BGB, § 641 BGB

Instanzenzug: Az: 3 U 202/13 Beschlussvorgehend Az: 10 O 29/12

Gründe

I.

1Der Kläger verlangt von dem Beklagten restlichen Werklohn in Höhe von 15.951,35 € für die Ausführung von Malerarbeiten in dessen Wohnung, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten und Ersatz von Gutachterkosten.

2Den Werklohnanspruch zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten hatte er mit einem geringfügig höheren Betrag bereits zuvor im Verfahren 10 O 507/09 Landgericht K. unter Vorlage einer Schlussrechnung vom geltend gemacht. Diese Klage hatte das Landgericht im Hinblick auf die mangelnde Prüfbarkeit der Schlussrechnung als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung war erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hatte auch die von dem Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegte Schlussrechnung als nicht prüfbar angesehen, weil nicht ersichtlich sei, dass dem Beklagten die zur Überprüfung der Stundenlohnarbeiten erforderlichen Stundenlohnzettel zugegangen seien.

3Im vorliegenden Verfahren hat sich der Kläger darauf berufen, dass nach dem von ihm eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen G. die von ihm im vorangegangenen Berufungsverfahren vorgelegte Schlussrechnung übersichtlich, nachvollziehbar, korrekt und prüffähig sei und diese Rechnung auch dem anerkannten Stand - und Regelwerk der Technik für Malerarbeiten gemäß VOB/DIN 18363 entspreche.

4Das Landgericht hat die auf Zahlung der Werklohnforderung und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen, da über den Streitgegenstand bereits rechtskräftig entschieden sei. Der Kläger habe keine weiteren Nachweise, wie zum Beispiel Stundenzettel vorgelegt und auch keine sonstigen neuen Tatsachen vorgetragen, die eine nunmehr eingetretene Fälligkeit seiner Werklohnforderung begründen könnten. Der Kläger sei lediglich anderer rechtlicher Auffassung als das Landgericht und das Berufungsgericht in dem vorangegangenen Rechtsstreit. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers, mit der erstmals auch Ersatz der Gutachterkosten verlangt worden ist, hat das Berufungsgericht als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde. Er will nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses seine im Berufungsverfahren gestellten Anträge weiter verfolgen.

II.

5Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

61. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Kläger habe die Berufung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet. Das Berufungsgericht habe in dem vorausgegangenen Rechtsstreit ausgeführt, dass die Schlussrechnung vom nicht in ausreichendem Maße prüffähig sei; es bedürfe insoweit der Vorlage von Stundenzetteln, auf denen die durchgeführten Arbeiten nachvollziehbar und detailliert aufgeführt seien. Der Kläger nehme in seiner Berufung im Wesentlichen auf seinen Sachvortrag im vorausgegangenen Verfahren Bezug, ohne nunmehr die geforderten Stunden-zettel vorzulegen. Er wende sich gegen die aus seiner Sicht fehlerhafte Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts und des Berufungsgerichts in dem vorausgegangenen Verfahren, ohne Gründe aufzuzeigen, aus denen sich eine Fälligkeit des Werklohnanspruchs nunmehr ergeben könnte, die nicht bereits Gegenstand des damaligen Verfahrens gewesen seien.

72. Die nach Maßgabe des § 575 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

8a) Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zu Unrecht als unzulässig verworfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt die Berufungsbegründung des Klägers den gemäß § 520 Abs. 3 ZPO zu stellenden Anforderungen. Diese sind bereits dann gewahrt, wenn die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält und zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit die Umstände mitteilt, die das Urteil aus Sicht des Rechtsmittelführers in Frage stellen. Ob die von ihm erhobenen Rügen schlüssig oder auch nur vertretbar sind, ist ohne Belang (, WuM 2013, 367 Rn. 8 m.w.N.).

9b) Diesen Anforderungen wird die Berufungsbegründung gerecht. Der Kläger wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Landgerichts. Er vertritt die Auffassung, dieses hätte ohne Bindung an die vorausgegangenen Entscheidungen die Fälligkeit seiner Werklohnforderung unter Berücksichtigung des erstmals in diesem Verfahren vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen G. feststellen können und müssen. Ob diese von dem Kläger zur Begründung seines Rechtsmittels vertretene Auffassung vertretbar ist, ist für die Zulässigkeit der Berufung - wie bereits ausgeführt - ohne Bedeutung.

103. Die Rechtsbeschwerde hat im Ergebnis jedoch trotz der rechtsfehlerhaften Entscheidung über die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Von einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht ist abzusehen, weil Entscheidungsreife im Sinne des § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO gegeben ist.

11a) Im Falle der Abweisung eines Zahlungsanspruchs als (noch) nicht fällig erwächst in materielle Rechtskraft, § 322 Abs. 1 ZPO, dass der Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess gegen den Beklagten keinen zur Zahlung fälligen Anspruch hatte. Das hat präjudizielle Wirkungen in dem Sinne, dass die im Vorprozess entschiedene Rechtsfolge im nachfolgenden Prozess einer erneuten rechtlichen Würdigung nicht zugänglich ist. Soweit ein Klageanspruch rechtskräftig abgewiesen ist, ist es den Parteien versagt, sich in einem zweiten Prozess zu dieser Feststellung in Widerspruch zu setzen. Die Fälligkeit des Anspruchs kann daher im Folgeprozess nur aufgrund von nach dem Erstprozess entstandenen neuen Tatsachen angenommen werden (, BauR 2011, 1846 Rn. 12 = NZBau 2011, 670). Maßgeblicher Stichtag für diese Zäsur ist dabei der Zeitpunkt vor der Entscheidung des Gerichts des Erstprozesses, bis zu dem die Parteien Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen konnten. Das ist im Zivilprozess grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung (, aaO Rn. 13).

12b) Danach hat das Landgericht die Klage zu Recht wegen der entgegenstehenden Entscheidung des Oberlandesgerichts in dem vorangegangenen Berufungsverfahren abgewiesen. Dieses hat rechtskräftig entschieden, dass die Werklohnforderung des Klägers nicht fällig sei, weil auch die zuletzt vorgelegte Schlussrechnung als solche, das heißt ohne die zugehörigen Stundenzettel, nicht prüfbar sei. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren Stundenzettel zu der Schlussrechnung nicht vorgelegt. Er hat sich lediglich auf das "Gutachten" des Sachverständigen G. berufen, in dem dieser ohne nachvollziehbare Begründung bestätigt, dass die Rechnung des Klägers übersichtlich, nachvollziehbar, korrekt und prüffähig sei und sie dem anerkannten "Stand- und Regelwerk" für Malerarbeiten gemäß VOB/DIN 18363 entspreche. Der Gutachter vertritt damit - wie das Landgericht zutreffend ausführt - lediglich eine andere Rechtsauffassung als das Berufungsgericht in dem bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahren. Eine neue, die Prüfbarkeit der Rechnung begründende Tatsache ist darin nicht zu sehen.

13c) Gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach Letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. Das ist hier der Fall.

14aa) Hinsichtlich der Werklohnforderung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten ist der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts lediglich dahin zu ändern, dass die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen wird. Da die Werklohnforderung nicht fällig ist, steht dem Kläger auch der auf Verzug gestützte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht zu. In der Zurückweisung der Berufung als unbegründet statt als unzulässig liegt kein Verstoß gegen das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (vgl. IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332, 337); im Ergebnis bleibt es, was die Werklohnforderung betrifft, bei der Prozessabweisung durch das Landgericht, die durch die Entscheidung des Berufungsgerichts aus formellen Gründen bestätigt werden sollte. Die Wirkungen der Rechtskraft des angefochtenen Urteils werden nicht zum Nachteil des Klägers verändert. Einer erneuten Werklohnklage auf Grundlage einer prüfbaren Schlussrechnung stehen weder das Urteil des Landgerichts noch der dieses bestätigende Beschluss des Berufungsgerichts entgegen.

15bb) Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren die Kosten des Privatgutachtens geltend gemacht hat, ist die Klage abzuweisen. Ein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten könnte dem Kläger insoweit gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB nur zustehen, wenn sich der Beklagte mit der Bezahlung der Werklohnforderung in Verzug befände. Dies ist jedoch mangels Fälligkeit der Werklohnforderung nicht der Fall.

III.

16Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

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Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
NJW 2014 S. 1306 Nr. 18
PAAAE-56127