BGH Beschluss v. - 3 StR 312/13

Instanzenzug:

Gründe

1 Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 22 Fällen, den Angeklagten S. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen jeweils zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und gegen beide - in unterschiedlicher Höhe - den Verfall von Wertersatz angeordnet. Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen. Der Angeklagte S. erhebt zudem zwei Verfahrensbeanstandungen. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2 1. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt, macht der Angeklagte S. mit der Rüge der Verletzung des § 261 StPO in der Sache das teilweise Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung - der Anklageerhebung bzw. des Eröffnungsbeschlusses - geltend. Dem liegt zugrunde:

3 Mit der durch Eröffnungsbeschluss vom unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover vom ist dem Angeklagten S. vorgeworfen worden, in 19 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben. Entsprechend diesem Vorwurf hat die Strafkammer auch lediglich zu 19 Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Feststellungen getroffen. Abweichend davon führt das Landgericht in der rechtlichen Würdigung aus, der Angeklagte habe sich in 20 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht; so lautet auch der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch des angefochtenen Urteils. Ob das Landgericht gegen den Angeklagten - entsprechend der Urteilsformel und der rechtlichen Würdigung - 20 oder - entsprechend der Anklageschrift und den getroffenen Feststellungen - nur 19 Einzelstrafen verhängt hat, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht.

4 Da die Verfahrensvoraussetzungen nur für eine Verurteilung wegen 19 Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gegeben sind, war der Schuldspruch entsprechend zu ändern. Eine bloße Korrektur ohne jegliche inhaltliche Änderung des Urteils (vgl. dazu , NStZ-RR 2012, 180) liegt darin allerdings nicht, weil der Senat infolge der unklaren Formulierung der Strafzumessungserwägungen wie dargelegt nicht ausschließen kann, dass die Strafkammer ihrer irrtümlichen Annahme von 20 Fällen folgend tatsächlich auch 20 Einzelstrafen verhängt hat. In diesem Fall unterläge auch die 20. Einzelstrafe der Aufhebung. Da das Landgericht nur Feststellungen zu den 19 vom Anklagevorwurf umfassten Taten getroffen hat, ist eine teilweise Einstellung des Verfahrens (§ 206a Abs. 1 StPO) jedoch nicht veranlasst.

5 Der Gesamtstrafenausspruch würde von der Aufhebung einer Einzelstrafe nicht berührt, weil der Senat angesichts der verbleibenden 19 Einzelfreiheitsstrafen (13 mal zwei Jahre und sechs mal ein Jahr und sechs Monate) ausschließen kann, dass das Landgericht auch ohne die eventuelle Berücksichtigung einer 20. Einzelstrafe eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

6 2. Die weitere Verfahrensbeanstandung des Angeklagten S. und die von beiden Angeklagten erhobene Sachrüge zeigen - wie der Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften zutreffend ausgeführt hat -zum Schuldund Strafausspruch keinen weiteren Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Die jeweils zu ihren Lasten getroffenen Verfallsentscheidungen können indes keinen Bestand haben.

7 Das Landgericht hat ausgehend von einem Zwischenhandelspreis von 4 € und abhängig von der Menge des Marihuanas, mit der die Angeklagten Handel trieben, den Verfall von Wertersatz in Höhe von 8.768 € gegen den Angeklagten F. und in Höhe von 66.720 € gegen den Angeklagten S. festgesetzt und dazu ausgeführt, dass dieser "gemäß §§ 73, 73a StGB [anzuordnen] war". Dabei hat es keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Wert des aus den Betäubungsmittelgeschäften Erlangten im jeweiligen Vermögen der Angeklagten noch vorhanden ist, und hat folglich nicht geprüft, ob aufgrund der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB die Anordnung nach ihrem Ermessen ganz oder zum Teil hätte unterbleiben können. Hierzu hätte schon deshalb Veranlassung bestanden, weil der Angeklagte F. während des Tatzeitraums zeitweise arbeitslos war, beide Angeklagten lediglich zwischen 700 und 850 € monatlich verdienen und beide jeweils zwei Kinder haben, gegenüber denen sie unterhaltspflichtig sind (vgl. , [...]). Dieser Rechtsfehler nötigt zur Aufhebung der Verfallsentscheidungen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
UAAAE-56092