Instanzenzug:
Gründe
I.
1 Der Betroffene ist kasachischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben im Juni 2002 auf dem Luftweg nach Deutschland ein und stellte 2003 einen Asylantrag. Diesen wies das zuständige Bundesamt mit einem seit dem bestandskräftigen Bescheid zurück. Darin forderte es den Betroffenen auf, das Bundesgebiet zu verlassen, und drohte ihm die Abschiebung für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung an. Der Betroffene kam dieser Aufforderung nicht nach und hielt sich bis Mitte 2008 unentdeckt in Düsseldorf auf. Am stellte er einen weiteren Asylantrag, der mit einem seit dem bestandskräftigen Bescheid des zuständigen Bundesamts zurückgewiesen wurde. Die von der beteiligten Behörde erbetene Erklärung, freiwillig auszureisen, gab er nicht ab.
2 Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung vom 11. bis zum angeordnet. Die Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene, der am nach Kasachstan abgeschoben worden ist, die Feststellung erreichen, dass Anordnung und Vollzug der Sicherungshaft ihn in seinen Rechten verletzt haben.
II.
3 Das Beschwerdegericht meint, die Haftanordnung des Amtsgerichts sei nicht zu beanstanden. Ihr habe ein zulässiger Haftantrag zugrunde gelegen. Daran ändere es nichts, dass nach den Haftrichtlinien für das Land Nordrhein-Westfalen gegen Ausreisepflichtige, die - wie der Betroffene - das 65. Lebensjahr vollendet haben, Haft nicht beantragt werden solle. Diese Richtlinien bänden nur die Behörden; ein Verstoß hiergegen mache den Haftantrag nicht unzulässig. Ein Dolmetscher habe wegen der ausreichenden Deutschkenntnisse des Betroffenen nicht hinzugezogen werden müssen. Die sachlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft hätten vorgelegen. Der Betroffene sei schon einmal untergetaucht. Es habe deshalb der begründete Verdacht bestanden, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle. Außerdem sei die Haftanordnung nach § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gerechtfertigt. Sie sei auch unter Berücksichtigung des Alters des Betroffenen verhältnismäßig.
III.
4 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nur teilweise stand.
5 1. Die Haftanordnung des Amtsgerichts war schon deshalb rechtswidrig, weil dem Betroffenen der Haftantrag vor seiner gerichtlichen Anhörung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist (§ 23 Abs. 2 FamFG). Denn diesem muss vor der Anhörung durch den Haftrichter eine Ablichtung des Antrags ausgehändigt und erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt werden; dies muss einer schriftlichen Dokumentation durch das Gericht (Senat, Beschluss vom - V ZB 107/13, z. Veröff. best.) im Vermerk über die Anhörung oder an sonstiger Aktenstelle (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 284/11, InfAuslR 2012, 369 Rn. 9; Beschluss vom - V ZB 142/12, InfAuslR 2013, 157 Rn. 5) zu entnehmen sein. Hieran fehlt es. Nach dem Protokoll über die Anhörung wurde der Haftantrag dem Betroffenen lediglich bekannt gegeben. Das genügt den Anforderungen nicht.
6 2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts über die Fortdauer der Haft ist dagegen nicht zu beanstanden.
7 a) Der Haftanordnung lag ein zulässiger Haftantrag zugrunde. Zwar ist nach Nr. 2.2 der Richtlinien für den Abschiebungsgewahrsam im Land Nordrhein-Westfalen in dem Runderlass des Innenministeriums vom (15-39.21.-01-5-AHaftRL, SMBl. NRW Nr. 26) von einem Antrag auf Abschiebungshaft grundsätzlich abzusehen, wenn der Ausländer - wie der Betroffene - das 65. Lebensjahr vollendet hat. Ein dennoch gestellter Antrag ist aber nicht unzulässig. Das ergibt sich schon daraus, dass diese Anordnung nach ihrem Wortlaut ("grundsätzlich") nur eine Regel formuliert, die Ausnahmen kennt.
8 b) Der in der fehlenden Aushändigung des Haftantrags liegende Mangel der Anhörung ist im Beschwerdeverfahren geheilt worden. Dafür muss nicht entschieden werden, ob die Aushändigung des Haftantrags an den Betroffenen, ähnlich wie bei der Übersendung an einen Verfahrenspfleger (dazu Senat, Beschluss vom - V ZB 212/12, [...] Rn. 11), dadurch nachgeholt werden konnte, dass der vollständige Haftantrag dem Beteiligten zu 2 als Vertrauensperson des Betroffenen zugeleitet wurde. Es reicht zur Nachholung der Aushändigung jedenfalls aus, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen im Beschwerdeverfahren durch Akteneinsicht Kenntnis von dem vollständigen Haftantrag erlangen konnte (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 6/13, [...] Rn. 6). Das Beschwerdegericht hat den Betroffenen, wie zur Heilung des Verfahrensmangels außerdem erforderlich (Senat, Beschluss vom - V ZB 6/13, [...] Rn. 6), auch selbst (unter Beteiligung seiner Verfahrensbevollmächtigten und des Beteiligten zu 2 als seiner Vertrauensperson) persönlich angehört.
9 c) Das Beschwerdegericht hat schließlich jedenfalls den Haftgrund nach § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu Recht angenommen. Der Betroffene war spätestens seit Erteilung der Passersatzpapiere durch die kasachischen Behörden nach § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, weil ihm die Ausreise durch einen bestandskräftigen Bescheid des zuständigen Bundesamts unter Androhung der Abschiebung gemäß § 59 AufenthG aufgegeben worden und die ihm erteilte Duldung mit der Erteilung der Ersatzpapiere ausgelaufen war. Die Ausreisepflicht war gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vollziehbar, und ihre Erfüllung bedurfte der Sicherstellung. Nach Erteilung der erforderlichen Dokumente durch die kasachischen Behörden war schließlich sichergestellt, dass die Abschiebung innerhalb der angeordneten Haftdauer durchgeführt werden konnte. Daran änderte das Alter des Betroffenen nichts. Der Betroffene ist mit etwas über 66 Jahren nicht in einem Alter, in dem ohne Hinzutreten zusätzlicher Umstände typischerweise mit Komplikationen zu rechnen wäre, die Fluggesellschaften veranlassen könnte, einen Lufttransport des Betroffenen abzulehnen. Für das Vorhandensein solcher zusätzlicher Umstände ist nichts ersichtlich. Jedenfalls zeigt die erfolgreiche Durchführung der Abschiebung zum vorgesehenen Zeitpunkt, dass sich das Alter des Betroffenen nicht als Hindernis ausgewirkt hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom - V ZB 226/10, FGPrax 2011, 144 Rn. 19 und vom - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27 Rn. 24).
IV.
10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 84, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Kostenquote trägt dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsbeschwerde nur für sieben der bean-
standeten zwölf Tage Haft Erfolg hat. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
IAAAE-55341