Betriebliche Altersversorgung in der Insolvenz des Arbeitnehmers: Behandlung des Rückkaufswerts einer Direktversicherung
Leitsatz
Ist ein Arbeitnehmer nach Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft Versicherungsnehmer einer Direktversicherung der betrieblichen Altersversorgung geworden, kann in dem Insolvenzverfahren über sein Vermögen der allein aus den Beiträgen seines Arbeitgebers gebildete Rückkaufswert nach Kündigung der Versicherung nicht zur Masse gezogen werden.
Gesetze: § 35 InsO, § 36 Abs 1 InsO, § 2 Abs 2 S 5 BetrAVG, § 169 Abs 1 VVG
Instanzenzug: Az: I-20 U 260/12 Beschlussvorgehend Az: 115 O 113/12
Gründe
1Die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat richtig entschieden. Der Kläger hat nach Kündigung der auf der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung beruhenden Direktversicherung (§ 1b Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, fortan: BetrAVG) keinen Anspruch darauf, dass der beklagte Versicherer den Rückkaufswert an die Masse zahlt. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG darf der Rückkaufswert in Höhe des durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildeten geschäftsplanmäßigen Deckungskapitals oder, soweit die Berechnung des Deckungskapitals nicht zum Geschäftsplan gehört, des nach § 169 Abs. 3 und 4 VVG berechneten Wertes aufgrund einer Kündigung des Versicherungsvertrages nicht in Anspruch genommen werden; im Falle einer Kündigung wird die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt; § 169 Abs. 1 VVG findet insoweit keine Anwendung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Rückkaufswert allein auf Leistungen des Arbeitgebers beruht. Dass vorliegend nicht der ausgeschiedene Arbeitnehmer selbst, sondern nach Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens über sein Vermögen der Treuhänder den Versicherungsvertrag gekündigt hat und die Zahlung des Rückkaufswerts verlangt, ändert angesichts der gesetzlichen Regelung nichts.
2Der Gesetzgeber wollte durch § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5 BetrAVG erreichen, dass die bestehende Anwartschaft im Interesse des Versorgungszwecks aufrecht erhalten wird, und verhindern, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft liquidiert und für andere Zwecke verwendet. Das entspricht der Grundkonzeption der §§ 1b und 2 BetrAVG, die darauf ausgerichtet ist, die Versorgungsanwartschaft beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aufrecht zu erhalten und die Fälligkeit unangetastet zu lassen. Der Versorgungszweck der Anwartschaften soll möglichst lückenlos gesichert werden (, WM 2010, 2366 Rn. 6). Mit diesen Verfügungsbeschränkungen korrespondiert ein Pfändungsverbot, § 851 Abs. 1 ZPO. Die Unpfändbarkeit gilt uneingeschränkt für die vor Verfügungen des Arbeitnehmers umfassend geschützte Versorgungsanwartschaft (BGH, aaO Rn. 7). Was für die Einzelvollstreckung gilt, verlangt über § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO auch Geltung für die Gesamtvollstreckung. Diese Grundsätze ergeben sich hinreichend klar aus dem Gesetz und bedürfen keiner weiteren Bestätigung durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
DB 2014 S. 112 Nr. 3
DB 2014 S. 8 Nr. 1
NJW 2014 S. 8 Nr. 3
NJW-RR 2014 S. 163 Nr. 3
WM 2014 S. 46 Nr. 1
ZIP 2014 S. 1 Nr. 1
ZIP 2014 S. 86 Nr. 2
BAAAE-51830